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Tokio Killer 06 - Letzte Vergeltung

Tokio Killer 06 - Letzte Vergeltung

Titel: Tokio Killer 06 - Letzte Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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hätte. Es wäre nicht das erste Mal gewesen. Das verwunderte Gesicht hatte er gemacht, weil ihm klargeworden war, dass er sein Verhalten erklären musste, dass er nicht einfach alles stehen- und liegenlassen konnte.
    Er antwortete nicht, und sie merkte, dass er los wollte, sich kaum noch zurückhalten konnte. »Wo willst du hin?«, fragte sie.
    »Mich mit Hilger treffen.«
    »Bist du verrückt? Er könnte …«
    »Ja, das hab ich alles bereits bedacht. Ich treffe Vorsichtsmaßnahmen.«
    »Er zwingt dich zu reagieren. Du darfst jetzt nichts überstürzen.«
    »Ich weiß, was ich tue.«
    »John, tu das nicht.«
    »Sag mir nicht, was ich tun soll. Du gehst ständig Risiken ein, und du hast auch nicht auf mich gehört, als ich dich gebeten habe auszusteigen.«
    »Das ist was anderes. Mein Land …«
    »Hör mir auf mit deinem Land. Hier geht’s um meinen Freund.«
    Er stand auf. Plötzlich hatte sie Angst, und sie wusste nicht mal wovor. »Sag mir wenigstens, wo du jetzt hinwillst«, bat sie.
    Er schüttelte den Kopf. »Das kann ich nicht.«
    Auch sie stand auf. »Lass mich dir helfen.«
    Er schüttelte wieder den Kopf. »Du hast mir schon viel zu oft geholfen. Das hier ist nicht dein Problem.«
    »Ich sag das nicht aus reiner Nächstenliebe, verdammt. Dox ist auch mein Freund. Und meine Organisation hat noch eine Rechnung mit Hilger offen, schon vergessen? Weil er Gil getötet hat. Ich könnte Boaz anrufen. Er würde dir helfen.«
    Boaz war ein Kollege und auch ein Verbündeter, ein erfahrener, gefährlicher Agent und Bombenspezialist mit einem trügerisch unbeschwerten Lachen. Boaz und Gil hatten Rain für den Manila-Einsatz engagiert, der anfänglich so katastrophal verlaufen war, dass Delilahs Organisation versucht hatte, Rain deshalb zu töten.
    »Ich traue Boaz nicht«, sagte er.
    »Ich aber.«
    »Ich will nicht, dass er oder sonst wer aus seinem Umfeld mitmacht. Denen würde es nicht darum gehen, Dox zu retten. Nur darum, Hilger zu töten.«
    »Da täuschst du dich«, sagte sie, aber ohne Überzeugung.
    Sie wollte ihn überzeugen, wusste aber, dass es keinen Sinn hatte. Er verhielt sich dumm und kindisch, und sie wusste nicht, wie sie zu ihm durchdringen sollte.
    Sie suchte nach etwas, das sie sagen könnte, um ihn zur Vernunft zu bringen. Doch ehe sie dazu kam, drehte er sich um und ging. Sie blickte ihm fassungslos hinterher. Es war, als hätte er sie bereits vergessen.

8
    ICH HATTE GEHOFFT, auf dem Dreizehn-Stunden-Flug ab Frankfurt schlafen zu können, doch lange Zeit gelang es mir einfach nicht. Ich machte mir zu viele Gedanken um Dox, um das, was auf mich zukam. Und um Delilah. Vielleicht war ich ihr gegenüber zu … schroff gewesen. Sie hatte nur helfen wollen. Ich hätte dankbar sein sollen, ihr irgendwie zeigen sollen, dass ich ihr Angebot zu schätzen wusste. Aber ihre Absichten, so gut sie auch waren, würden an den Prioritäten ihrer Organisation nichts ändern. Als Gil in Hongkong getötet wurde, war er hinter mir her gewesen. Das Gleiche könnte ohne weiteres jetzt wieder passieren. Und auch wenn die Gründe des Mossad, mich aus dem Weg zu räumen – wegen eines Auftrags, der in Manila schiefgelaufen war, ehe ich ihn in Hongkong erledigte –, nicht mehr galten, war ich doch nicht scharf darauf, wieder auf dem Radarschirm des Mossad aufzutauchen.
    Ja, aber Delilah selbst konnte helfen. Diskret. Sie hat dir früher schon geholfen. Dox ist auch ihr Freund, wie sie gesagt hat.
    Blödsinn. Sie hat andere Loyalitäten. Sieh dir doch bloß an, wie treu sie dem Mossad ergeben ist. Wie oft hast du nicht schon versucht, sie zu überreden, endlich auszusteigen?
    Aber ich vertraue ihr. Wenn ich glauben würde, dass sie irgendwas über uns beide ausplaudern würde, müsste ich Paris aus Sicherheitsgründen verlassen. Sie verlassen.
    Das ist was anderes. Sie ist nicht verpflichtet, ihren Leuten von euch beiden zu erzählen. Aber Hilger hat einen von ihnen auf dem Gewissen. Alles, was du ihr über Hilger erzählst, wird sie an ihre Leute weiterleiten.
    Ich legte die Fäuste an die Schläfen und presste die Augen zu. Gott, ich hatte das Gefühl, als würden zwei verschiedene Ichs in meinem Kopf miteinander kämpfen. Vertrauen und Misstrauen. Hoffnung und Furcht. Der Rationalist und der Eismann.
    Irgendwann schlief ich ein. Als ich wach wurde, landeten wir in Saigon, Ho-Chi-Minh-Stadt nur dem Namen nach. Ich glaube, erst als ich aus der Maschine stieg, wurde mir so richtig klar, wo ich war, wohin ich

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