Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tokio Killer 06 - Letzte Vergeltung

Tokio Killer 06 - Letzte Vergeltung

Titel: Tokio Killer 06 - Letzte Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
Vom Netzwerk:
beeindruckender Aussicht auf die Berge von Palo Alto gesäumt wurde. Ich sah keine Menschenseele, aber ich war froh, den Mercedes zu fahren. Er passte genau hierher.
    Das Haus stand fast am Fuß des Anstiegs. Es war ein älterer, zweigeschossiger Bau, mit weiß gestrichener Holzverkleidung und Sonnenkollektoren auf dem Dach. Keine Autos in der Einfahrt. Vielleicht war niemand zu Hause; vielleicht standen sie in der Garage. Es war ein Wochentag, und ich nahm ohnehin an, dass Jannick im Büro war.
    Ich rollte langsam vorbei, suchte nach einer geeigneten Stelle, um mich auf die Lauer zu legen. Auf der rechten Straßenseite ging ein Kiesweg ab, etwa fünfzig Schritte vom Haus entfernt. Dort könnte ich warten und beobachten, wenn er kam und ging, aber ich würde ihn nur sehen können, nicht zuschlagen. Schlimmer noch, wenn ich dort parkte, würde Jannick direkt an der Fahrerseite meines Wagens vorbeikommen. Selbst wenn er sich genauso wenig um seine persönliche Sicherheit scherte, wie Hilger behauptete, könnte er mein Gesicht sehen, und der Mercedes würde ihm auf alle Fälle auffallen.
    Ich fuhr bis ans Ende der Straße. Die Christopher Lane mündete in die Old Page Mill Road, ein schmales, verschlafenes Sträßchen parallel zu einer asphaltierten, vierspurigen Hauptverkehrsader namens Page Mill Road. Ich vermutete, die »alte« Version hatte für die Anwohner ihren Zweck erfüllt, bis der Ort wuchs und die kleine Straße dem Bedürfnis nach einer breiteren und schnelleren zum Opfer fiel. Ich bog nach links in die OPM, wie ich sie jetzt nannte, und fuhr langsam nach Norden. Nach hundert Metern, knapp unterhalb einer weiteren kleinen Straße namens Gert Lane, ging ein Sandweg ab. Ich wendete und hielt an, mit Blick zur Christopher Lane. Ich sah mich um und war zufrieden mit der Stelle. Ich befand mich nicht vor einem Wohnhaus, so dass mich wahrscheinlich niemand großartig beachten würde. Und ich hatte einen guten Blick auf die Christopher Lane, wo sie auf die OPM stieß. Ich würde Jannick kommen und gehen sehen, und so weit wie ich entfernt war, war es unwahrscheinlich, dass er mich bemerken oder, falls doch, mich sonderlich beachten würde.
    Ein Rudel Radfahrer sauste auf der Page Mill Road an mir vorbei. Sie trugen alle Helme und hautenge knallbunte Rennanzüge, und ihre Räder sahen aus, als kosteten sie mehrere Tausend Dollar das Stück. Sie erinnerten mich an Wandervereine in Japan, deren Mitglieder nicht mal einen sanften Wiesenhang hochspazieren würden ohne Wanderschuhe, Wanderstöcke und so viel Zubehör der Marke North Face, dass ein erfahrener Bergsteiger vor Neid erblassen würde. Tja, ich konnte mir denken, warum Radfahren hier in der Gegend beliebt war. Soweit ich wusste, war das Wetter fast das ganze Jahr über herrlich, obwohl der Himmel gerade bedeckt war, und auch die Berge waren sehr schön.
    Ich war müde, aber ich hatte höchstens noch eine Stunde Tageslicht für weitere Erkundungen und wollte die Zeit nutzen. Ich gab Jannicks Büroadresse ins Navi ein und fuhr hin, um ein Gefühl für seinen wahrscheinlichen Weg zur Arbeit zu bekommen. Der war ziemlich direkt: überwiegend geradeaus nach Norden die Page Mill Road hoch, insgesamt fünf Kilometer. Auf der ganzen Strecke gab es keine einsamen Abschnitte. Im Gegenteil, die Straße war stark befahren. Die Page Mill Road hatte vier Spuren für Autos, etliche Meilen Fahrradwege, Bürgersteige und Bürogebäude, die weiter nördlich von Wohnhäusern abgelöst wurden. Ich würde ihm mühelos im Verkehr folgen können, aber wenn er nicht überraschenderweise irgendwo abbog und an einer einsamen Stelle haltmachte, sah ich keine Örtlichkeit, wo ich zuschlagen könnte.
    Die East Bayshore Road entpuppte sich als Zubringerstraße parallel zur Route 101, einer der Hauptverkehrsadern zwischen Bay Area und Südkalifornien. Ich parkte auf einer abschüssigen Straße namens Embarcadero Road, gegenüber von einem chinesischen Restaurant namens Ming’s. Man mag mich ruhig paranoid nennen – ich würde es ohnehin nur als Kompliment auffassen –, aber ich wollte nicht das kleinste Risiko eingehen, dass der Wagen, den ich fuhr, oder sein Nummernschild in der Nähe von Jannicks Büro gesehen werden könnte, ob von einem Mitarbeiter oder einer Kamera oder beidem.
    Ich zog den Parka an, schlug die Kapuze hoch und stieg aus. Ich nutzte den kurzen Gehweg, um in meine Rolle zu schlüpfen. Auf Japanisch denkend, rief ich mir in Erinnerung, dass ich wieder Yamada war, und

Weitere Kostenlose Bücher