Tokio Killer 06 - Letzte Vergeltung
Information, die sich dahinter verbarg. Aber wieso erwähnte er die Marines?
Ich hörte Rauschen, dann wieder Hilgers Stimme. »Also, Sie haben ihn gehört. Ihm geht’s gut.«
Das war das zweite Mal, dass er das Telefon hastig wieder an sich gerissen hatte. Die Marines … hatte Dox auch beim letzten Mal was darüber sagen wollen, als Hilger ihm das Telefon entriss? Und was meinte er jetzt damit? Hilger war in der Army gewesen. Aber was war mit den Leuten, die bei ihm waren? Kannte Dox einen von denen aus seiner Zeit bei den Marines? Oder hatte er irgendwie anders herausgefunden, dass einer von ihnen ein Exmarine war?
Wieso ließ Hilger mich immer nur so kurz mit ihm reden? Ich hatte plötzlich einen unangenehmen Gedanken. Weit hergeholt vielleicht, aber …
»Geben Sie ihn mir noch mal«, sagte ich.
»Nein.«
»Geben Sie ihn mir. Sie können doch mithören, ich will nur sichergehen, dass er es wirklich ist und keiner von Ihren Leuten seine Stimme imitiert.«
Eine Pause trat ein, dann hörte ich Dox’ Stimme. »Ja.«
»Welches ist dein Lieblingshotel in Bangkok?«
»Was?«
»Dein Lieblingshotel in Bangkok.«
»Was soll das? Du glaubst, ich bin nicht ich?«
»Sie lassen mich immer nur ganz kurz mit dir sprechen, und dein Akzent ist leicht zu imitieren.«
»Was für ein Akzent?«
»Sag schon.«
»Wenn sie meine Antwort hören, kann ich da nie wieder hin, wenn die Sache hier vorbei ist. Und das wäre eine Tragödie.«
Es konnte nur Dox sein. Niemand sonst konnte so querköpfig sein. Aber dennoch.
»Den Namen, verdammt.«
»Hör mal, mir gefällt der Laden wegen der Spiegel in den Badezimmern. Ich wollte dir doch mal von einem flotten Dreier erzählen, den ich in einem von den Bädern hatte, nicht? Mit zwei wunderhübschen Thai-Ladys. Und du bist mir ins Wort gefallen, weil du das nicht hören wolltest.«
Ich atmete lange aus. Er war es, kein Zweifel. Das Hotel war das Sukothai, und ja, ich war ihm ins Wort gefallen, als er mir die Geschichte erzählen wollte.
Ich hörte, wie das Telefon bewegt wurde, dann Hilgers Stimme. »Zufrieden?«, fragte er.
»Also gut«, sagte ich. »Ich habe meinen Part erledigt. Jetzt lassen Sie ihn gehen.«
»Sie sind noch nicht fertig. Es warten noch zwei Jobs auf Sie.«
Na ja, einen Versuch war es wert gewesen.
»Dann nennen Sie mir die Einzelheiten«, sagte ich.
»Noch nicht. Sie sind dem Zeitplan ein wenig voraus.«
»Wir haben einen Zeitplan?«
»Der Betreffende ist noch nicht in Position. Sobald er es ist, stelle ich die Informationen, die Sie brauchen, ins Bulletin Board.«
Einerseits war mir die zusätzliche Zeit ganz lieb. Andererseits behagte mir auch diesmal die Vorstellung nicht, dass Hilger dank meiner Bemühungen, seine Zielperson ausfindig zu machen, in der Lage wäre, mich zu verfolgen. Ich hoffte, dass Kanezaki irgendetwas finden würde, was mir helfen könnte, die ganze Sache zu torpedieren.
»Von wie lange reden wir?«, fragte ich.
»Achtundvierzig Stunden. Sehen Sie dann im Bulletin Board nach.«
Er legte auf.
Ich rief Kanezaki von einem Münztelefon an. »Hat’s geklappt?«, fragte ich.
»Hat es. Er ist in Jakarta. Jedenfalls zumindest während der Zeit, die Sie ihn am Telefon hatten.«
Ich umschloss den Hörer mit festem Griff. »Wo in Jakarta?«
»Pluit, wie es scheint. Der Yachthafen.«
»Genauer haben Sie’s nicht?«
»Was wollen Sie denn noch, eine Adresse? Ich kann Ihnen lediglich sagen, dass er in der Nähe eines Handymasts in Pluit war. Ohne einen förmlichen Antrag bei der Nationalen Sicherheitsbehörde, der jede Menge Fragen nach sich ziehen und ohnehin einen Monat lang bearbeitet würde, kann ich nicht triangulieren. Ich kann Ihnen nur einen Radius um einen bestimmten Handymast nennen. Soviel ich sehen kann, war er in Pluit oder ein Stück draußen auf der Javasee.«
Ich schwieg einen Moment. Er hatte recht, ich verhielt mich nicht vernünftig. Aber verflucht, es fehlte nicht viel, und ich hätte ihn im Visier …
»Er hält Dox auf einem Boot fest«, sagte ich. »Sie haben vermutlich in Jakarta angelegt, um auf meinen Anruf zu warten, oder um in ein Internetcafé zu gehen, was weiß ich. Aber mit dem Boot könnten sie überallhin, ständig ihre Position wechseln. Allein in Jakarta leben zehn Millionen Menschen. Von Jakarta aus hast du siebzehntausend Inseln zur Auswahl, von denen nur sechstausend bewohnt sind – das sind an die zwanzigtausend Meilen Küste. Und das alles, wenn sie bloß irgendwo in Indonesien bleiben
Weitere Kostenlose Bücher