Tokio Killer 06 - Letzte Vergeltung
Luft, während ich hin und her blickte, als würde ich mir den herrlichen Golfplatz und das Gelände drum herum ansehen. In Wirklichkeit hielt ich nach irgendwelchen Leuten Ausschau. Die Kälte war im Augenblick für mich von Vorteil – bei diesem Wetter blieb niemand, der halbwegs bei Trost war, länger als unbedingt nötig auf einem Parkplatz. Und falls jemand aus irgendeinem Grund wartend in einem der Autos säße, würde er mit Sicherheit den Motor laufen lassen, was an den Auspuffschwaden zu erkennen wäre.
Nein, auf dem Parkplatz war außer mir keine Menschenseele. Es war Mittagszeit; auch das war gut für mich. Sobald ich bei Accinellis Wagen war, warf ich einen Blick hinein und auch in die anderen Fahrzeuge ringsherum, für den Fall, dass ich jemanden übersehen hatte. Dann trat ich neben den Vanquish und zog dabei das GPS-Gerät aus dem Hosenbund. Ich war wohl kaum der Erste, der bei diesem tollen Juwel von einem Sportwagen stehen blieb, um ihn sich genauer anzusehen. Dieses Auto war nicht nur zum Fahren gebaut worden, sondern auch, um bestaunt zu werden.
Ich beugte mich vor, die Hände auf den Oberschenkeln, und ging dann in die Hocke. Dann machte ich eine Drehung und hatte in weniger als fünfzehn Sekunden das Hauptgerät und das Akkupack an der Unterseite des Mercedes befestigt, die GPS-Antenne unter der hinteren Stoßstange und das Minimodem daneben angebracht. Ich blickte mich um, noch immer in der Hocke, und als ich niemanden sah, erhob ich mich. Nur für den Fall, dass mich vielleicht doch jemand für einen Moment hatte verschwinden sehen, betrachtete ich den Vanquish noch ein letztes Mal mit einem neidisch bewundernden Kopfschütteln.
Der Form halber steuerte ich weiter auf das Hauptgebäude zu. Sollte ich die Farce bis zum Ende durchziehen oder die Sache lieber abbrechen? Beides hatte Risiken und Vorteile. Je länger ich hier blieb und je mehr Leute mich sahen, desto größer war die Gefahr, dass jemand sich an mich erinnern würde. Andererseits, falls der Excop von Wachmann sich im Hauptgebäude erkundigte, ob ein japanischer Besucher nach einer Broschüre gefragt hatte, würde er vielleicht stutzig werden, falls sich keiner an mich erinnern konnte.
Ich beschloss, das Risiko zu minimieren, indem ich fünf Minuten lang über den Golfplatz spazierte, und dann dem Wachmann zum Dank zuzuwinken, wenn ich wieder fuhr. Ich hatte so weit weg geparkt, dass er mich auf keinen Fall sehen konnte.
Der gefrorene Kies knirschte unter meinen Schritten, als ich, die Hände in den Taschen, den Zugangsweg hinunterschlenderte. Mein Atem hing weiß in der Luft, und meine Ohren waren gefühllos vor Kälte. Eine Gruppe von vier warm eingepackten Golffanatikern verließ gerade mit umgehängten Golftaschen den Platz in meine Richtung. Ich hielt den Kopf gesenkt, als sie an mir vorbeigingen, und hörte ihrer gleichmäßig dahinplätschernden Unterhaltung an, dass sie mir keinerlei Beachtung geschenkt hatten.
Am Rand des Zugangswegs blieb ich stehen, bestaunte drei Minuten lang das Grün und fror mir dabei den Hintern ab. Dann drehte ich mich um und ging zurück zu dem BMW. Ich winkte dem Wachmann, als ich vorbeifuhr, doch er schien es nicht mal zu bemerken. Seine Aufmerksamkeit richtete sich auf ankommende Autos, nicht auf die, die wegfuhren.
Ich brauchte noch eine Reihe von Dingen – Dinge, die ich wahrscheinlich auch hier in der Gegend bekommen hätte, aber ich wollte meine Einkäufe überwiegend in der anonymeren Großstadt tätigen. Also fuhr ich zurück nach Manhattan, wo ich zuerst an einem Militärladen haltmachte – Galaxy, auf der Sixth Avenue zwischen 30th und 31st. Ich ging hinein, und als ich fünfzehn Minuten später wieder herauskam, trug ich lange Thermounterwäsche unter einer neuen Jeans und einen wollenen Rollkragenpullover, Wollsocken und Arbeitsschuhe, eine Wollmütze und eine Marinejacke sowie ein Paar Skihandschuhe. Gott sei Dank. Ich hatte auch eine Sportsonnenbrille auf, so ein Rundummodell, wie es bei Radlern und Marathonläufern beliebt ist, um das grelle Winterlicht zu dämpfen und natürlich auch aus Tarnungszwecken. In meiner Tasche steckte ein Schweizer Messer der Marke Victorinox mit einer zehn Zentimeter langen Klinge. Nicht direkt ein Kampfmesser, aber die Art Werkzeug, die ich bevorzuge, war in New York schwer zu finden, und das Messer war besser als nichts. Die Sachen, die ich angehabt hatte, trug ich in einer Plastiktüte mit dem Laden-Logo, zusammen mit weiteren Paar Socken und
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