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Tokio Vampire

Tokio Vampire

Titel: Tokio Vampire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florine Roth
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gesessen, seinen Körper gespürt. All das, die Erinnerungen, die Gefühle, überschwemmten mich mit einer Macht, die mich fast von den Füßen holte. Scheiße, ich war kurz vorm Heulen!
    Das war eine Nummer zu heftig.
    „Boah, scheiße, hör auf – du blamierst mich ja!“
    Ich – was?!
    „Jetzt fall hier bloß nicht in Ohnmacht! Du wirst ja nicht mal gequetscht!“, fauchte meine Schwester empört.
    Ich öffnete den Mund, schloss ihn aber gleich wieder. War eh zu laut, um sich zu unterhalten. Ich hatte überhaupt nicht vorgehabt, in Ohnmacht zu fallen! Leo hielt mich wohl für das totale Weichei!
    Ich starrte auf die Bühne, auf Are, der direkt vor mir war – und plötzlich war er verschwunden! Ich kniff die Augen zusammen, aber dieses Mal konnte ich meiner Wahrnehmung vertrauen. Are hatte sich irgendwie in Luft aufgelöst. Und dann kam er grinsend hinter dem Schlagzeug hervor. Wie zum Teufel hatte er das nun wieder gemacht? Ich schüttelte ungläubig den Kopf.
    Die Leute kreischten.
    Are legte den Arm um Marc, und der trommelte ein kleines Solo.
    Wieder fiel mir auf, dass Are Marc so merkwürdig tätschelte. Wie einen Hund! Und wieder drängte sich mir der Verdacht auf, dass zwischen den beiden was lief. Aber der Gedanke war sofort verflogen, weil der Auftritt mich erneut gefangen nahm. Mich ebenso wie alle anderen. Warum konnte dieses Konzert nicht ewig dauern? Warum konnte die Zeit nicht stehen bleiben, während ich Are ansah?
    Aber es war viel zu schnell vorbei. Wenn ich genauso schnell alt wurde, dann prost Mahlzeit. Musste ich mich wohl umgehend um einen Platz im Altenheim bemühen.
    Einen kleinen Aufschub gab es aber noch: eine Zugabe.
    „Hey, du! Du da vorn!“
    Ich drehte mich um. Hinter mir standen zwei Mädels, die mir wild winkten. Ich beugte mich zu ihnen. „Hey, wer bist du? Kennst du die Band?“
    Ich nickte vorsichtig.
    „Geil! Kannst du uns mit backstage nehmen! BITTE!“
    „Nein, das geht echt nicht.“
    „Bitte, bitte! Das ist total wichtig!“
    Ich schüttelte noch einmal den Kopf.
    Die Größere der beiden zog einen Flunsch, aber die andere hielt mich am Ärmel fest. „Da vorn, die Setlist – kannst du mir die gleich geben?“
    Ich zuckte mit den Schultern. „Kann ich ja mal versuchen.“
    Dann setzte zum Glück das Gitarrenintro der ersten Zugabe ein. Ich entzog mich dem festen Griff.
    Leo starrte mich an. „Was wollten die denn?“
    „Privilegierte Behandlung“, sagte ich.
    „Häh?“
    „Na, Sex natürlich!“ Ich grinste.
    Als hätte ich ein Stichwort gegeben, leuchtete in den Augen meiner Schwester ein Gedanke auf. Ich sah wirklich, was sie dachte. Aber dieses Mal würde ich ihr einen Strich durch die Rechnung machen. Diesen Abend wollte ich nicht ungenutzt verstreichen lassen, und wenn ich Arsch wackelnd vor Are herspazieren musste. Gut, das war jetzt vielleicht nicht meine Stärke. Aber ich war bereit.

10
    Doch soviel Einsatz war gar nicht notwendig. Bereits während der After-Show-Party wurde mir klar, dass zwischen Are und mir vielleicht etwas gehen könnte. Und auch wenn er mal mit anderen Fans redete oder den Arm um Leo legte – mich ließ er nicht aus den Augen. Da war etwas zwischen uns, eine Art Verbindung. Und je später es wurde, umso aufgeregter wurde ich.
    Plötzlich stand er ganz dicht hinter mir. „Ich möchte ins Hotel. Wie sieht’s bei dir aus?“
    „Ich komme natürlich mit“, sagte ich leise und war ein wenig erstaunt, dass er mich überhaupt verstanden hatte.
    Leider entschlossen sich auch Leo und Lilyana, mit Are mitzufahren, obwohl sie im Tourbus hätten mitfahren können. Ich seufzte unhörbar – da musste ich am Ende doch noch auf meine nicht vorhandenen Verführungskünste zurückgreifen. Wie sollte ich mich bloß gegen so viel geballte Weiblichkeit durchsetzen?
    Doch Are überraschte mich mal wieder.
    Er brachte Leo und Lilyana zu ihrem Hotelzimmer. Und ich zermarterte mir das Hirn, wie die ganze Geschichte in dieser Nacht ausgehen würde. Lilyana würde im Hotelzimmer verschwinden, meine Schwester Are schöne Augen machen. Dann würde Are Leo mit auf sein Zimmer nehmen, und ich schlief natürlich allein.
    Aber dann ...
    Are gab Leo einen fast brüderlich wirkenden Kuss. Meiner Schwester entgleiste kurz das Gesicht.
    „Ich bring Liam jetzt noch zu seinem Zimmer. Bis morgen, schlaft schön.“
    Lilyana hob die Hand, um ihm zu winken, und Leo sagte verdattert. „Dann gute Nacht.“
    Mit einem Triumphgefühl, das mir bis in die Fingerspitzen

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