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Tokio Vice

Titel: Tokio Vice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jake Adelstein
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kündigen. Der Verband der Anwälte in Nagoya empfiehlt daher Firmen und Vermietern, in jeden Vertrag eine Klausel aufzunehmen, die eine Kündigung erleichtert, wenn die Mietpartei dem organisierten Verbrechen angehört. Nagoya ist der Sitz der Kodo-kai, der führenden Fraktion der Yamaguchi-gumi, mit etwa 4000 Mitgliedern.
    Die Probleme mit dem organisierten Verbrechen sind in Nagoya so groß, dass der Anwaltsverband 2001 ein Handbuch mit dem Titel Die wichtigsten Firmen des organisierten Verbrechens – Wesen und Umgang herausgab. Es gibt einige Rechtsanwälte, die sich auf Verfahren gegen Yakuza spezialisiert haben.
    Die Tokioter Polizei stellte 2006 eine Liste mit den Namen von rund 1000 Tarnfirmen der Yakuza in und um Tokio zusammen.7 Etwa ein Fünftel von ihnen sind Immobilienfirmen. Die neueste Liste zeigt, dass die Yakuza sich jetzt noch häufiger mit Wertpapieren, Wirtschaftsprüfung, Finanzberatung und ähnlichen Tätigkeiten beschäftigen.
    1998 brachte die Nationale Polizeibehörde einen Bericht heraus, der die Tarnfirmen der drei wichtigsten Mafiagruppen in Japan behandelt und belegt, dass die Yakuza sich vor allem für Immobilien, Finanzwesen, Bars, Restaurants und Unternehmensberatung interessiert.
    Manche Polizisten in Tokio benutzen sogar das Wort Makler als Synonym für Yakuza. So eng sind deren Verbindungen mit dem Immobiliengeschäft. Im März 2008 stellte sich heraus, dass die Suruga Corporation im Laufe mehrerer Jahre mehr als 14 Milliarden Yen (146 Millionen Dollar) an Mitglieder der Yamaguchi-gumi und Goto-gumi bezahlt hat, damit diese Mieter aus Häusern verjagten, die sie kaufen wollte. Der darauf folgende Skandal führte dazu, dass die Firma von der Börse ausgeschlossen wurde. Ein erneuter Beweis dafür, wie eng die Beziehungen zwischen Yakuza und der Immobilienbranche sind.
    Interessant an diesem Vorfall ist auch, dass ein ehemaliger Staatsanwalt und ein ehemaliger Beamter der Abteilung Organisiertes Verbrechen der Nationalen Polizeibehörde im Aufsichtsrat von Suruga saßen. Personen, deren eigentliche Aufgabe es sein sollte, gegen die Yakuza zu ermitteln, haben sich also bestenfalls täuschen oder vielleicht sogar kaufen lassen. Ein Fall nach dem anderen zeigt, dass die Behörden unfähig sind, die Yakuza in Schach zu halten, oder sich nicht einmal trauen, es zu versuchen.
    Und die Yakuza wissen ganz genau, was sie tun müssen, um unter dem Schutzmantel des Gesetzes leben und arbeiten zu können, und sind daher nur schwer zu fassen.
    Die wichtigen Bandenchefs sind bekannt, ja berühmt. Die Bosse der Sumiyoshi-kai und der Inagawa-kai gewähren Zeitungs- und Fernsehreportern Interviews, Politiker dinieren mit ihnen. Sie besitzen Talentagenturen – zum Beispiel Burning Productions –, die bekanntermaßen Tarnfirmen der Yakuza sind. Doch das hindert große japanische Medienunternehmen nicht daran, mit ihnen zusammenzuarbeiten. Es gibt Fanzeitschriften, Comics und Filme, welche die Yakuza verherrlichen. Diese Mafia hat Metastasen überall in der Gesellschaft gebildet und tritt so offen auf, wie es in Amerika oder Europa undenkbar wäre.
    Da die Yakuza sich weiterentwickelt haben und heute sehr schwer zu durchschauende, komplexe Straftaten begehen, wird es für die Polizei immer schwieriger. Denn die sogenannten marubo , Polizisten, die das organisierte Verbrechen bekämpfen, beschäftigen sich mit einfachen Einschüchterungs- und Erpressungsfällen, nicht aber mit umfangreichen Aktienmanipulationen oder komplizierten Betrügereien.
    Die Yamaguchi-gumi ist äußerst unkooperativ, seit Shinobu Tsukasa 2005 ihr Anführer wurde. Früher konnte die Polizei verschiedene Organisationen gegeneinander ausspielen, um Informationen zu erhalten – die Yamaguchi-gumi pflegte die Sumiyoshi-kai zu verpfeifen und umgekehrt. Heute ist die Sumiyoshi-kai immer häufiger die einzige Gegenspielerin und hat daher keinen Grund zu kooperieren. Als die Polizei von Aichi 2007 ein Büro der Kodo-kai durchsuchte, stellte sie entsetzt fest, dass Fotos der für das organisierte Verbrechen zuständigen Beamten und ihrer Familien sowie ihre Adressen an den Wänden der Yakuza-Zentrale hingen. Die Namen aller Beamten einer anderen großen Polizeibehörde gelangten voriges Jahr sogar in das Internet. Die Yakuza, vor allem die Yamaguchi-gumi, haben also nicht nur keine Angst mehr vor der Polizei, sondern drohen ganz unverhohlen: »Wir kennen euch, wir wissen, wo ihr wohnt, also nehmt euch in Acht!«
    Ein Beamter der

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