Tokio Vice
Ermittlers. Es stand auf einem leeren Feld, hatte eine kleine Veranda und sah eher wie eine Hütte aus.
Ich ließ den Fahrer außer Sichtweite warten. Als ich mich dem Haus näherte, war ich nervös wie immer bei solchen ersten Treffen. Aber da ich den Mann, mit dem ich mich anfreunden wollte, gar nicht kannte, war es diesmal sogar noch schlimmer.
Als ich klingelte, hörte ich Kinder lachen – perfekt. Dann kam Frau Sekiguchi an die Tür und schaltete das Licht ein. Zwei kleine Mädchen tauchten an ihren Seiten auf, streckten die Köpfe vor und starrten die Erscheinung vor ihnen neugierig an.
»Ich bitte vielmals um Entschuldigung – ich weiß, es ist schon spät. Mein Name ist Jake Adelstein von der Yomiuri Shimbun «, sagte ich in meinem höflichsten Japanisch und überreichte ihr meine Karte.
Sie sah verwirrt aus. »Aber wir haben die Yomiuri bereits abonniert.«
»Danke«, antwortete ich und verbeugte mich, »aber ich bin Journalist und würde gerne mit Ihrem Gatten sprechen.«
»Ach so. Ich frage ihn, ob er mit Ihnen reden möchte.«
Sie ging hinein, und die zwei Mädchen kamen auf die Veranda. »Was bist du denn?«, fragte die Kleinere.
»Müsste es nicht heißen, wer bist du?«, verbesserte ich sie.
Aber sie blieb stur. »Nein, ich meine, was bist du? Ein Mensch bist du auf jeden Fall nicht.«
»Doch, er könnte ein Mensch sein«, meinte ihre Schwester.
Ich wusste nicht so recht, was ich dazu sagen sollte. »Warum glaubst du denn, dass ich kein Mensch bin?«
Die Kleine antwortete sofort. »Du hast spitze Ohren und eine so große Nase, dass du kein Mensch sein kannst.«
»Aber was bin ich denn dann?«, wollte ich wissen.
Sie kam näher und starrte in mein Gesicht. »Du hast eine große, lange Nase, spitze Ohren und große, runde Augen. Und du tust so, als könntest du japanisch sprechen wie ein Mensch. Du musst ein tengu sein – ein Kobold.«
Ihre große Schwester schüttelte den Kopf. »Nein, Chi-chan, er hat nur ein spitzes Ohr. Und seine Haut ist nicht rot, nur rosa. Aber er hat auf jeden Fall eine Tengu -Nase.«
Chi-chan wollte, dass ich mich bückte, damit sie meine Nase berühren konnte. Ich tat es. Ohne zu zögern steckte sie zwei Finger in meine Nasenlöcher und zog heftig daran. Ich wäre fast umgekippt. Dann wischte sie sich die Finger an ihrer Jeans ab, kratzte sich am Kopf und klatschte plötzlich in die Hände. »Jetzt weiß ich es, du bist halb tengu und halb Mensch. Oder was meinst du, Yuki-chan?«
Bevor Yuki-chan ihr Urteil dazu abgeben konnte, kehrte Frau Sekiguchi zurück. »Mein Mann will nicht mit Reportern reden. Tut mir leid«, sagte sie entschuldigend.
»Ich verstehe«, erwiderte ich, »ich schreibe für die Zeitung über das organisierte Verbrechen und weiß, dass viele Polizisten ungern mit der Presse zu tun haben. Aber manchmal kann ich, ob Sie es glauben oder nicht, sogar nützlich für sie sein.«
Frau Sekiguchi lachte. »Nun, vielleicht ein andermal.«
Ich reichte ihr die Tüte mit der Eiscreme. »Das hier würde die Fahrt nach Urawa nicht überleben. Bitte nehmen Sie es, es fängt schon an zu schmelzen. Ich bin sicher, dass Chi-chan und Yuki-chan sich darüber freuen werden.«
Dann verabschiedete ich mich von den Kindern und ging langsam in Richtung Taxi. Als ich das Feld halb überquert hatte, hörte ich eine tiefe Stimme: »Yomi-san (etwa: Herr Yomiuri) , warten Sie!«
Ich drehte mich um und sah eine imposante Gestalt in Jeans und mit T-Shirt auf der Veranda. Es war Sekiguchi. Ich kehrte um.
»Danke für das Eis«, sagte er und schüttelte mir fest die Hand. »Aber das ist viel zu viel für vier Leute. Am besten kommen Sie rein und essen mit.«
Sekiguchi hatte sehr dunkle Augen, hohe Wangenknochen und eine ausgeprägte Nase, die offensichtlich einmal gebrochen gewesen war. Er winkte mich hinein.
Die Kinder und Frau Sekiguchi saßen auf dem Wohnzimmerboden und hatten die Füße unter die Decke eines niedrigen Tisches gestreckt. Meine Visitenkarte lag vor Frau Sekiguchi, und die beiden Mädchen hatten etwas auf dem Tisch verteilt, was nach Hausaufgaben aussah. Sekiguchi brachte fünf Teller mit Eiscreme und stellte sie auf den Tisch. Nun reichte ich ihm das Bier, das ich sicherheitshalber ebenfalls mitgebracht hatte.
»Oh, danke!«, sagte er und brachte es in die Küche, dann setzte er sich und fragte plötzlich: »Ach, Verzeihung – möchten Sie ein Bier trinken?«
»Nein, danke. Aber trinken Sie kein Bier?«
»Nein, nicht zu Hause. Das wäre ein
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