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Tokio Vice

Titel: Tokio Vice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jake Adelstein
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wilde Tiere. Die Kerle mögen diese Biester, weil sie ihr Image als harte Jungs stärken. Einer Gruppe verkaufte er sogar einen Löwen. Der lebt noch. Aber dieser Typ mag eigentlich gar keine Tiere, er bewundert sie in gewisser Weise und benutzt sie.
    Vor ein paar Monaten zum Beispiel stritten sich Sekine und ein Kunde über den Preis für einen Hund. Die Verhandlungen waren festgefahren. Stellen Sie sich die Situation einmal vor: Der Kunde steht in Sekines Laden und zu seinen Füßen sitzt ein reinrassiger Alaska-Malamut. Der Kunde besteht darauf, dass er auf keinen Fall die anderthalb Millionen Yen zahlen wird, die der Züchter verlangt, und fordert eine halbe Million Nachlass.
    ›Du willst 500 000 Yen Rabatt?‹, murmelt Sekine und streichelt lächelnd den Hund. Dann nimmt er eine Schere vom Tisch, schneidet dem Hund ein Ohr ab und wirft es dem Kunden vor die Füße. ›Okay‹, sagt er, ›du hast gewonnen. Hier hast du den Rabatt.‹ Der Mann zahlt den Preis, nimmt den Hund und geht, weil er fürchtet, dass das nächste abgetrennte Ohr womöglich nicht dem Hund gehören wird.
    Würde ein normaler Mensch so handeln? Sekine bewundert die Tiere, weil sie kein Gewissen haben und nur instinktiv reagieren. So würde er auch gerne sein.«
    Der Abend war für mich sehr interessant gewesen. Als Sekiguchi mich zur Tür brachte, legte er mir seine kräftige Hand auf die Schulter und hielt mich auf. Ich drehte mich um. Hatte ich womöglich einen schlimmen Fauxpas begangen?
    Er schaute mir in die Augen und zeigte dann auf meine Füße. »Ihre Socken passen nicht zusammen. Wussten Sie das?«
    Gegen Mitternacht war ich wieder in Saitama. Yamamoto wartete auf mich.
    »Und, wie ist es gelaufen?«, fragte er.
    »Sehr gut«, antwortete ich. »Aber er war echt zugeknöpft, hat nur gesagt, dass er an dem Fall arbeitet. Immerhin bin ich ins Haus gekommen.«
    »Ausgezeichnet«, meinte Yamamoto.
    Ich hatte ihm nicht die Wahrheit gesagt, weil ich zwar ihm, nicht aber Kobra traute. Da ich Sekiguchis Warnung ernst nahm, wollte ich verhindern, dass meine Notizen zu schnell nach oben wanderten und Sekiguchi dafür bezahlen musste. Zum ersten Mal wurde mir bewusst, dass ich sogar vor meinen Kollegen manchmal etwas verheimlichen musste, um meine Kontaktleute zu schützen. Später musste ich lernen, dass man bisweilen auch vor Menschen, die man liebt, etwas verheimlichen muss.

Teil 2:
Außerhalb des Betts sind Yakuza
nur wertlose Blutsauger
    Nach vielen Monaten Arbeit an diesem Fall dachte ich immer öfter an meinen ersten Tag bei der Yomiuri zurück, als ein Vorgesetzter gesagt hatte, dass es ein Jahr dauern könne, bis eine Story reif sei. Damals hatte mir das gefallen, aber jetzt brauchte ich unbedingt eine Pause, denn ich war am Ende meiner Kräfte.
    Ich informierte Sekiguchi darüber, dass ich mir eine Woche frei nehmen wollte.
    Er lachte. »Daraus wird sicher nichts werden.«
    Und er hatte recht, denn nach nur vier Tagen war ich wieder an der Arbeit. Ein Mitglied der Takada-gumi, ein chinpira namens Shimizu, hatte Sekine in seinem Geschäft attackiert, und Sekiguchi verhörte jetzt den Verdächtigen.
    Ich aß gerade Eis mit den Mädchen, als der Ermittler nach Hause kam, die Schuhe auszog und sich zu uns an den Tisch setzte. Anscheinend fand er es ganz natürlich, dass ich dort saß.
    »Glaubt Shimizu, dass Sekine der Mörder von Endo ist?«, platzte ich heraus, obwohl die Kinder da waren, aber die achteten nicht auf uns.
    »Ja, das glaubt er. Er hat zugegeben, Sekines Gesicht, aber nur das, mit einem Teppichmesser bearbeitet zu haben. Wir haben sein Geständnis zu Protokoll genommen, dann hat er es unterschrieben. Danach habe ich ihn beiseitegenommen und ihn gebeten, mir ehrlich zu sagen, ob er das auf Anordnung von Takada getan habe.
Aber Shimizu hat es vehement bestritten.«
    Sekiguchi fuhr fort: »Ich wollte das auch von Takada selbst hören, also habe ich ihn besucht – das mache ich oft, um die Dinge im Griff zu behalten. Als ich ihn direkt darauf ansprach, ob er diesen Idioten beauftragt habe, zuckte Takada nicht mit der Wimper und meinte nur: ›Wenn ich dem Kerl befohlen hätte, Sekine zu erledigen, und er wäre zurückgekommen, ohne diesen Dreckskerl ernsthaft verletzt zu haben, dann hätte ich ihn aufgeknüpft. Shimizu ist eine totale Niete, er ist kein Yakuza. Wenn er nicht so blöd wäre, hätte er dem Hundemann das Messer in den Bauch gerammt.‹«
    An diesem Punkt beschloss Sekiguchi, mir ein paar

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