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Tokio Vice

Titel: Tokio Vice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jake Adelstein
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Hintergrundinformationen zu geben. »Viele Yakuza nennen sich selbst nicht gerne so. Vergessen Sie auch das offizielle Wort boryokudan (wörtlich: »gewalttätige Gruppen«). Sie nennen sich lieber gokudo .« Er schrieb die chinesischen Schriftzeichen auf eine Serviette. » Goku bedeutet extrem, und do Weg. Ein gokudo geht also seinen Weg bis zum Ende, er gibt nicht auf, sondern erledigt seinen Job. Die jungen Burschen von heute haben die Bezeichnung gokudo nicht verdient, sie sind nur Schläger, die Männer werden wollen.
    Meine Aufgabe besteht jetzt darin, den Eindruck zu erwecken, als würden wir alles tun, damit Sekine am Leben bleibt. Takadas Jungs sollen glauben, dass das Gesetz sie mit aller Härte verfolgt, wenn sie Sekine etwas antun. Es ist verrückt, aber ich tue das, damit Takada nicht das Gesicht verliert und beschließt, Sekine selbst umzulegen.«
    Sekiguchi wandelte auf einem schmalen Pfad. Aber er hielt auch die Ermittlungen am Laufen. Als Endo vermisst worden war, hatten viele gemutmaßt, dass Sekine ihn umgebracht hatte. Doch Takada wollte das nicht hören, er konnte nicht glauben, dass ein normaler Bürger, wie durchgeknallt er auch sein mochte, einen Yakuza ermorden würde. Das hatte es noch nie gegeben. Aber seit Sekiguchi an dem Fall arbeitete, schien Takada seine Meinung allmählich zu ändern. Und ihm gefiel die ganze Sache überhaupt nicht.
    Gelegentlich rief Takada Sekiguchi an und sagte dann ganz beiläufig: »Ich werde wohl ein paar Löcher in Sekine pusten. Mit diesem Fall vergeuden Sie doch nur Ihre Talente. Ich werde ihn für Sie beenden, dann können Sie bald an besseren Fällen arbeiten.« Sekiguchi bat ihn dann höflich, den Hauptverdächtigen nicht umzubringen. Nach einer Weile wurde aus diesen Gesprächen eine Art Zwei-Mann-Komödie.
    Niemand wusste genau, wie oder wo Endo ermordet worden war. Aber Sekiguchi hatte herausgefunden, was Endo am letzten Abend vor seinem Verschwinden gemacht hatte. Nach ein paar illegalen Glücksspielen hatte er um 21 Uhr Yumi-chan angerufen und ihr mitgeteilt, dass er etwas später kommen werde.
    Und noch etwas Wichtiges hatte Sekiguchi ermittelt: Ein örtlicher Tierarzt hatte Sekine eine Menge Strychninnitrat verkauft – um kranke Tiere einzuschläfern.
    Auch ich hatte versucht, etwas über Endos letzte Stunden herauszufinden, und bald schon tauchte ich jeden zweiten Tag bei Sekiguchi auf, um die Informationen zu überprüfen, die ich erhalten hatte. Wahrscheinlich verstieß ich damit gegen die Gebote der Höflichkeit, aber es schien Sekiguchi seltsamerweise nicht zu stören. Frau Sekiguchi bat mich sogar, auf die Kinder aufzupassen, wenn sie einkaufen ging, und schließlich half ich ihnen auch bei ihren englischen Hausaufgaben.
    Eines Tages spürte Sekiguchi Yumi-chan auf, die in einer Bar arbeitete. Als Yoshihara und ich am nächsten Abend dorthin gingen, begrüßte uns die Mama-san und führte uns zu einem Tisch. Yoshihara verlangte nach Yumi-chan.
    Das Lokal war ein typischer Hostessenclub: Kronleuchter, ein paar Sofas für intimes Geplauder, eine Karakoe-Maschine, ein großer Kerl hinter der Bar. Die Polster bestanden aus purpurrotem Samt, das Licht war so diffus, dass die Kerzen auf den Tischen wie Scheinwerfer wirkten, und der Barmann, der mich nur kurz musterte, hatte keinen Hals, einen Kurzhaarschnitt und einen hässlichen Anzug, der zu eng war – Yakuza-Alarm!
    Yumi hingegen war bezaubernd. Sie hatte ein ovales Gesicht und kesse, schmale Lippen und schien nur etwas kleiner zu sein als ich. Sie setzte sich neben Yoshihara, während ihre Kollegin Kimiko neben mich rutschte.
    Während Yoshihara an seinem Whiskey mit Wasser nippte, den Yumi ihm eingegossen hatte, erklärte er leise, wer wir waren und warum wir gekommen waren. Sie erschrak erst, und eine Sekunde lang fürchtete ich, dass sie den Barkeeper auffordern würde, uns rauszuwerfen. Doch irgendwie schien Yoshiharas direkte Art sie schließlich zu beruhigen.
    Seufzend sagte sie dann: »Na gut, ich erzähle Ihnen, was ich weiß, aber nicht umsonst. Dies ist eine Bar, und ich arbeite hier. Als Kunde dürfen Sie mich fragen, was Sie wollen. Aber ich erwarte, dass Sie sich wie ein guter Kunde benehmen, der einer Frau eine Flasche Champagner kauft.«
    Yoshihara und ich sahen uns an. Konnten wir uns das leisten? Und abgesehen davon, dass wir die Kosten nicht als Spesen verbuchen durften, war es auch streng verboten, Informationen zu kaufen. Und dies hier kam dem schon sehr nahe.
    Schließlich

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