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Tokyo Love

Tokyo Love

Titel: Tokyo Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hitomi Kanehara
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bei der Hostessenagentur wieder aufnahm. Es war bereits Mittag vorbei, als das Klingeln des Telefons mich weckte. Der Manager der Firma rief an und bat mich, für eine plötzlich ausgefallene Kollegin einzuspringen. Als ich zögerlich reagierte, bot er mir gleich großzügig ein Honorar von dreißigtausend Yen an. Seitdem ich Ama kannte, lebten wir eigentlich nur von seinem Geld, so daß ich schon am Überlegen war, ob ich den Job endgültig schmeißen sollte. Doch von dem netten Nebenverdienst könnten wir uns schön vollaufen lassen, überlegte ich und erhob meine schweren Glieder.
    Den Hostessenjob hatte ich vor einem halben Jahr be gonnen. Die Arbeit war leicht: Man brauchte sich lediglich bei der Agentur zu melden und wurde noch am selben Tag ausgezahlt. Entweder mußte man auf Hotelveranstaltungen Drinks servieren oder zwei Stunden auf exklusiven Partys zubringen. Dafür gab es dann jeweils zehntausend Yen. Was für ein Segen, daß ich mit einem hübschen Gesicht auf die Welt gekommen war.
    Ich war ein bißchen spät dran, als ich mich in der Lobby des Hotels einfand, wo ich die anderen Mädchen und den Manager traf. Sein Gesicht hellte sich auf, als er mich erblickte.
    »Da bin ich aber froh«, rief er und lachte.
    Im Umkleideraum wurden dann die Kimonos verteilt. Ich half zunächst denjenigen Mädchen beim Ankleiden, die nicht wußten, wie man damit umging. Anfangs hatte ich auch keinen blassen Schimmer davon gehabt, aber mit der Zeit hatte ich mir das von den anderen abgeguckt und beherrschte es inzwischen aus dem Effeff. Ich bekam einen knallroten Kimono, den ich mir nun selbst anlegte, und setzte dazu die mitgebrachte brünette Glatthaarperücke auf. Man konnte auf solchen exklusiven Veranstaltungen schlecht als Blondine aufkreuzen, und da ich keinen Bock hatte, mir jedesmal die Haare zu tönen, hatte ich mir diese Perücke angeschafft. Ich war gerade mit dem Frisieren fertig, als der Manager nach mir rief:
    »Nakagawa-san!«
    Es hatte mich so lange niemand mehr bei meinem Nachnamen genannt, daß ich mich förmlich darauf besinnen mußte, daß es meiner war.
    »Ahm, Ihre Piercings«, sagte er kleinlaut, als wollte er sich dafür entschuldigen.
    Ach ja, murmelte ich und betastete den Schmuck. Gegen ganz normale Ohrringe war nichts einzuwenden, aber solche 0g-Geschosse wie meine paßten nicht so recht zu einem Kimono, und ich war gezwungen, sie zu derartigen Anlässen rauszunehmen. Nachdem ich sämtliche fünf Ringe entfernt hatte, verstaute ich sie in der Schminktasche. Dabei fiel mein Blick auf die beiden Zähne. Sollte Ama wirklich in den Fall verwickelt sein, würde die Polizei doch sicher bemerkt haben, daß dem Opfer zwei Zähne fehlten.
    »Nakagawa-san?«
    Es war schon wieder der Manager, der nach mir rief.
    »Was ist denn?« Etwas gereizt wandte ich mich um.
    Ich blickte in seine verwunderte Miene.
    »Nakagawa-san, haben Sie da etwa auch ein Piercing?«
    Ich wußte sofort, daß er meine Zunge meinte.
    »Ja, hab ich.«
    Der Manager guckte ganz betreten und bat mich:
    »Können Sie das nicht rausnehmen?«
    »Geht leider nicht. Ich hab es gerade erst einsetzen lassen.«
    Während der Manager sich offenbar darüber den Kopf zerbrach, was er nun sagen sollte, becircte ich ihn mit einem süßen Lächeln.
    »Keine Sorge, ich werde schon nicht den Mund aufreißen.«
    Seine Züge entspannten sich. »Na gut«, gab er sich geschlagen.
    Der Manager schien auf mich zu, fliegen, denn meistens reichte ein bloßes Lächeln, um ihn um den kleinen Finger zu wickeln. Ein Großteil der anderen Mädchen konnte mich deshalb nicht ausstehen.
    Als wir die Halle betraten, setzten wir fröhliche Mienen auf und schenkten, das Tablett in einer Hand schwenkend, Wein und Bier aus. Es war stets das gleiche Spiel: die übliche öde Stehparty. Nach geraumer Zeit zog ich mich mit Yuri, eine von den wenigen Kolleginnen, mit denen ich mich gut verstand, in den Umkleideraum zurück. Wir gaben vor, leere Flaschen zu entsorgen, während wir tatsächlich Bier tranken und uns angeregt über Zungenpiercing unterhielten.
    »Wow, kaum zu glauben, daß du dir deine Zunge durchlöchern läßt.«
    Yuris Reaktion ähnelte der von Maki.
    »Das hat dir doch bestimmt ein Typ eingeredet, oder?«
    Yuri grinste und reckte den Daumen, so als wisse sie Bescheid.
    »Ja schon, aber eigentlich bin ich viel versessener auf die Schlangenzunge als er selbst.«
    Unser Gespräch wechselte bald von Zungen zu tieferen Körperregionen, und so schwatzten wir munter

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