Tolle Maenner
Runden im Fitnessklub würden bald nicht mehr Schritt halten können mit den ganzen Kalorien. Aber sie hatte einen wahren Heißhunger.
Außerdem war sie so besorgt und neugierig, dass sie es kaum noch aushielt. Wo war Beth? Sie stieg auf ihren Stuhl und hielt Ausschau nach ihr, aber vergeblich. Tracie sprang gerade noch rechtzeitig wieder herunter, um Marcus zu entgehen, der aus irgendeinem Grund noch einmal zurückkam. Diesmal duckte sie sich, damit er später nicht allzu sehr auf ihr herumhackte. Es hatte schließlich keinen Sinn, es sich bei der Redaktionssitzung schwerer zu machen als unbedingt nötig.
Nachdem Beth nicht aufzutreiben war, wählte sie Jons Nummer in der Arbeit. Sie erreichte ihn nicht und versuchte es zwischendurch mit Beth’ Durchwahl. Keine Antwort. Sie trank ihren Kaffee und knabberte schuldbewusst am Schokokeks, bis der Kaffee zu kalt zum Trinken und nichts als Krümel übrig waren. Erst dann sah sie zwei Gänge weiter Beth’ Locken auf und ab wippen.
Tracie war in Sekundenschnelle aus ihrem Stuhl hochgeschossen und zu Beth’ Schreibtisch gerannt, bevor diese sich auch nur setzen konnte. »Na? Hast du mir gar nichts zu sagen?«, fragte sie. Sie hatte keine Ahnung, ob Beth wegen des Dates wütend auf sie war oder ob sie auf Beth wütend sein musste, weil diese Jon hatte abblitzen lassen.
»Wusste ich doch, dass du das tun würdest«, sagte Beth. »Genau
so hab ich mir das heute Morgen beim Duschen vorgestellt. Okay, okay«, räumte sie ein, setzte sich und fuhr sich mit einer Bürste durchs Haar.
»Okay was?«, fragte Tracie.
»Okay, okay, du hattest Recht. Mit allem.«
Tracie verstand gar nichts mehr. »Was meinst du mit allem?«, fragte sie.
»Mit allem, was du über Marcus gesagt hast«, erklärte Beth. »Er ist langweilig und fett und viel zu alt. Außerdem ist er im Bett der totale Egoist. Du hattest von Anfang an Recht.«
»Du hast die Nacht mit Marcus verbracht?«, fragte Tracie enttäuscht. »Das kann doch wohl nicht wahr sein.«
»Doch nicht mit Marcus. Mit Jonny «, sagte Beth. Dann holte sie eine Puderdose hervor und schaute in den Spiegel.
»Mit Jonny?«, wiederholte Tracie. »Du hast mit Jon – mit Jonny geschlafen?«
»O mein Gott«, hauchte Beth, »er ist einfach unglaublich gut. Und er sieht fantastisch aus. Das heißt, eigentlich fand ich ihn am Anfang gar nicht so toll, nicht richtig, aber dann dachte ich, das ist bestimmt nicht das Schlechteste, um über Marcus wegzukommen. Jon war einfach süß, weißt du. Aber dann hat er mich geküsst, und dann war es weit mehr als nur Sex zum Ablenken. Wie der mich berührt hat; seine Hände sind echt unglaublich.«
»Redest du von Jonny?«, fragte Tracie. Sie war baff. »Jon Delano? Du hat mit ihm geschlafen?« Tracie wurde ganz schwindelig. Die Vorstellung, dass Beth und Jon… Mehr wollte sie darüber gar nicht wissen. Ihr wurde auf einmal klar, dass sie Jon nie als potenziellen Sexualpartner gesehen hatte. Sie hatte ja nicht einmal mit ihm darüber reden können. Mit Beth, Sara oder Laura sprach sie oft über Sex. Laura hatte einmal en détail beschrieben, wie Peters kleiner Peter deutlich nach links abknickte und welche Vorteile und Probleme sich daraus ergaben. Und als Sara mal mit einem Kerl geschlafen hatte, der nicht beschnitten war, hatte sie am nächsten Morgen nichts Eiligeres zu tun gehabt, als das ganze – ganz in der Tat – Gerät in allen Einzelheiten
zu beschreiben. Sie hatte es mit einem chinesischen Nachthund verglichen. Aber das hier war etwas Anderes. Das war viel zu persönlich.
Beth hängte gerade ihren Mantel auf. »Weißt du, ich glaube, ich war auf dem besten Weg, mich an Marcus zu gewöhnen. Er hat ja wirklich was auf dem Kasten, das kann keiner bestreiten, aber er ist irgendwie« – sie hielt kurz inne, und Tracie merkte, dass sie keine Ahnung hatte, was als Nächstes kommen würde – »irgendwie müde, schätze ich. Oder vielleicht einfach nur so erfahren, dass er sich nicht mehr so anstrengt – verstehst du, was ich meine?«
»Vielleicht suchst du nach dem Wörtchen egoistisch «, schlug Tracie vor. Und für den Bruchteil einer Sekunde dachte sie an Phil.
»Ja«, bestätigte Beth. »Egoistisch ist das richtige Wort.«
Tracie musste nicht erst darüber aufgeklärt werden, dass Jon genau das nicht war. Aus irgendeinem Grund hatte sie sich nie darüber Gedanken gemacht, wie dieser Aspekt seiner Persönlichkeit sich auf seine Sexualität auswirken würde. Eigentlich dumm von ihr;
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