Tolle Maenner
abgehoben. Bist du deprimiert? Wie ist es denn so gelaufen? Ruf mich an.«
Die zweite war ebenfalls von Tracie. »Ich hab’s inzwischen noch mindestens viermal bei dir zu Hause probiert. Ich muss unbedingt wissen, wie es gelaufen ist. Hör mal, sie ist es gar
nicht wert, dass du wegen ihr Trübsal bläst. Du wirst andere haben.«
Jon musste lächeln, obwohl er auch ein schlechtes Gewissen hatte, weil er sich immer noch nicht bei Tracie gemeldet hatte. Der dritte Anruf war von seiner Mutter. »Hallo Jonathan. Ich weiß ja, dass du bestimmt sehr viel um die Ohren hast, aber ich würde gern mal mit dir reden. Sehr dringend ist es nicht, aber wenn du mal ein paar Minuten erübrigen kannst, ruf mich doch bitte an.«
O Gott. Er hatte sich seit Muttertag nicht mehr bei ihr gemeldet. Natürlich glaubte sie jetzt, dass er wie immer voll mit Arbeit eingedeckt war. Er nahm sich vor, sie noch am selben Abend anzurufen.
Der vierte Anruf war wieder von Tracie, aber vom Morgen des heutigen Tages. »Wo steckst du bloß?«, fragte sie. »Komm schon, ruf mich an. Ich bin in der Redaktion. Von Beth hab ich noch nichts gehört. Hoffentlich hast du sie nicht umgebracht.« Der nächste Anruf klang reichlich atemlos, und einen Augenblick lang dachte er, es sei wieder Tracie, die sich einen Spaß erlaubte – bis er merkte, dass es Beth war.
»Hallo«, flüsterte sie. »Die letzte Nacht war... na ja, du weißt ja selber, wie die letzte Nacht war. Wo bist du denn hin? Danke, dass du mir deine Nummer aufgeschrieben hast. Ruf mich doch mal an.« Jon krümmte schuldbewusst die Schultern. Tracie hatte ihm doch gesagt, dass er einer Frau auf keinen Fall verraten durfte, wo er wohnte, oder ihr seine Telefonnummer geben durfte. Aber als er sich aus Beth’ Schlafzimmer davongestohlen hatte, waren seine Gewissensbisse einfach zu groß gewesen, und so hatte er seine Nummer von Micro/Con hinterlassen und anschließend sein Telefon so eingestellt, dass Anrufer nicht erfuhren, wo sie gelandet waren. Er seufzte. Das war alles so viel komplizierter, als er gedacht hatte.
Jon unterdrückte ein Grinsen und hörte sich die übrigen Nachrichten an. Es waren vier weitere von Tracie, von denen jede seine Schuldgefühle noch verstärkte, und noch zwei von Beth. Er
war nicht der Einzige, der bei anderen immer wieder anrief. Offenbar taten das auch Frauen – nur hatten sie es bislang nicht bei ihm getan.
Die anderen Mitteilungen waren von George und einigen Mitgliedern seines Teams, und es waren ausschließlich schlechte Nachrichten. Jon hatte seine Truppe gründlich satt, als sich eine neue Frauenstimme meldete. »Hallo, hier ist Ruth. Wir haben uns im REI kennen gelernt. Erinnern Sie sich noch?«
Mit großen Augen starrte Jon die Maschine an. Wie könnte ich das je vergessen?, dachte er. »Ich hoffe, es geht Ihnen gut«, sagte sie. »Wissen Sie, ich bin beim Klettern auch schon mal in Panik geraten. Aber falls Sie mich mal auf einen Kaffee oder so treffen möchten, würde ich mich freuen. Ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus, wenn ich keine Nummer hinterlasse. Ich rufe Sie einfach später noch mal an.«
Ach du Scheiße! Jon war zu schockiert, um sich die restlichen Nachrichten noch anzuhören. Er konnte es einfach nicht glauben. Tracie war nicht nur verdammt clever; sie war die Göttin der Liebe höchstpersönlich. Er musste sie anrufen, trotz seiner Verlegenheit, und sie fragen, was er nun mit Beth und Ruth anfangen sollte. Vielleicht musste er Beth ja gar nicht wieder sehen und konnte einfach was mit Ruth anfangen. Schließlich hatte sie ihn angerufen, das machte die Sache womöglich einfacher. Natürlich wollte er Beth nicht wehtun, aber er hatte wohl nicht viel gemeinsam mit einem Szenegirl. Nicht dass er mit einer, die im REI kletterte, mehr gemeinsam hätte. Aber wer wusste das schon im Voraus?
Jon wählte Tracies Nummer, aber bei ihr war besetzt, und er wollte keine Nachricht hinterlassen. Was sollte er auch sagen? Mission erfüllt? Am besten wäre es, sie persönlich zu treffen, aber als dann der Piepton kam, geriet er in Panik und plapperte drauflos. »Tracie, ich muss unseren Sonntagsbrunch leider absagen. Ich stecke bis zum Hals in Arbeit, aber ich muss dir unbedingt von meinen Fortschritten berichten. Könnten wir uns vielleicht am Montagabend nach der Arbeit treffen?«
Er legte auf und ging zu seinem Computer hinüber, um sich einen Überblick über den neuesten Stand des Parsifal-Projekts zu verschaffen. Er haute gerade wie wild eine
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