Tolle Maenner
eigentlich als Kind auch dieses kleine Spielzeug gehabt?«, fragte er. »Diese Plastikkugel mit dem Gesicht von so einem Glatzkopf und einer Hand voll Eisenspäne darin? Mit einem Magneten konnte man ihm dann entweder eine Frisur oder einen Bart machen.«
Tracie wandte den Blick vom Bildschirm ab und starrte in den Hörer. »Jonny, stell bitte heute Abend keine solchen Fragen, ja?«, drängte sie ihn. »Keine Kindereien, keine deiner Imitationen von Cartman aus South Park , verstanden? Und sing bloß nicht den gesamten Titelsong von Gilligans Insel . Im Zweifelsfall hältst du einfach den Mund.«
»Also gut, Mund halten«, versprach er am anderen Ende der Leitung. »Aber musst du mich unbedingt Jonny nennen? Das ist so... komisch.«
Sie hatte den Eindruck, dass er ein klein wenig verletzt klang, sagte sich dann aber, dass ja alles nur zu seinem Besten war. »Da gewöhnst du dich schon dran.« Sie überlegte, womit er Beth’ Interesse wecken könnte. Der beste Trick bestand wohl darin, so zu tun, als wäre er nicht zu haben. Aber wie sollte er das anstellen? Dann erinnerte sie sich an einen Streit mit Phil und lächelte. Ja, das war es! »Jonny, es gibt da noch etwas, was du unbedingt tun musst«, erklärte sie. »Einige Zeit, nachdem du mit der Kellnerin geflirtet hast, möchte ich, dass du dich entschuldigst, an die Bar gehst und irgendeine Frau anquatscht.«
»Eine andere Frau? Aber ich...«
Das Licht für Leitung zwei auf Tracies Telefon leuchtete auf. »Jonny, bleib doch bitte mal kurz dran, ja?« Als sie den Knopf für Leitung zwei drückte, fiel ihr auf, dass ihr sein neuer Name gefiel. »Hallo, hier Tracie Higgins. Kann ich Ihnen helfen?«
»Ich brauche etwas mehr als nur Hilfe von dir«, sagte Phil.
»Bleib doch mal kurz dran, ja? Ich hab noch ein Gespräch auf der anderen Leitung.« Tracy drückte Leitung eins und setzte das Gespräch mit Jon – nein, Jonny – fort. »Wo waren wir stehen geblieben? Ach ja. Du stehst also an die Bar und machst eine Frau an …«
»Tracie, ich hab doch für heute Abend schon eine Verabredung. Außerdem hab ich noch nicht mal ein Mädchen erobert; wie soll ich da gleichzeitig zwei abschleppen?«
»Darum geht’s doch gar nicht«, sagte sie. »Stell dir einfach vor, das ist eine Art Zaubertrick, und du bist ein Illusionist.« Dann fiel ihr Phil auf der anderen Leitung wieder ein. »Augenblick mal«, sagte sie und drückte den anderen Knopf. »Phil, gleich hab ich Zeit für dich.« Sie kehrte zurück zu Leitung eins. »Also, Jonny. Frag sie einfach, wie spät es ist. Oder wie man am besten nach Olympia kommt. Und dann möchte ich, dass du mit Kugelschreiber eine Telefonnummer auf deine Handfläche schreibst.«
»Wessen Telefonnummer?«, fragte Jon.
»Irgendeine Telefonnummer«, erklärte sie, am Ende ihrer
Geduld. »Dann gehst du wieder an deinen Tisch und verlierst kein Wort darüber. Sorg einfach nur dafür, dass Beth deine Hand sieht.«
»Ich soll es sie auch noch sehen lassen?«, winselte er. »Tracie, du treibst mich noch zum Wahnsinn. Das ist eine ungewöhnlich grausame Strafe. Vielleicht sollten wir die Sache besser abblasen. Ich bin mit meiner Arbeit sowieso furchtbar im Rückstand, und außerdem fühl ich mich auf einmal gar nicht wohl...«
»Lass dir bloß nicht einfallen, jetzt krank zu machen«, warnte sie ihn. »Sonst kannst du dein Glück wieder auf dem Flughafen versuchen. Außerdem wird sie nach dieser Geschichte ganz wild nach dir sein. Du wirst ihr wie ein großer Eroberer vorkommen. Du könntest jede haben, hast dich aber für sie entschieden.«
»Aber ich könnte genauso gut eine andere abschleppen«, wimmerte er. Er hatte immer noch nichts begriffen.
Tracie verdrehte die Augen. »Jonny, genau darum geht’s doch bei einem Date im neuen Millennium: um eine ungewöhnlich grausame Strafe. Hast du’s jetzt endlich kapiert?«
»Ja, ja. Dann treffe ich mich mit ihr also um halb sechs vor deiner Firma.«
»Komm auf keinen Fall vor Viertel vor sechs«, riet sie.
»Aber... ah. Okay.«
»Bis später«, verabschiedete sich Tracie. Erst als sie aufgelegt und wieder angefangen hatte zu arbeiten, merkte sie, dass das Licht für Leitung zwei erloschen war. Phil! Sie zuckte mit den Achseln. Sie wusste nicht, wo sie Phil erreichen konnte, aber er rief garantiert wieder an.
Beth machte sich fein, während Tracie, Laura und Sara ihr dabei zusahen. »Du solltest deine Haare bürsten«, schlug Sara vor. Tracie reichte ihr einen Rougestift und richtete
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