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Tolle Maenner

Tolle Maenner

Titel: Tolle Maenner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olivia Goldsmith
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Liebesleben?«, fragte Tracie. Sie hatte die äußerst beunruhigende Angewohnheit, auf Dinge zu antworten, die er lediglich gedacht, aber nie ausgesprochen hatte. In der Regel gefiel ihm das auch, denn dann fühlte er sich verstanden. Jetzt aber fühlte er sich eher bloßgestellt. »Es ist noch keiner mit dem Wunsch gestorben, dass er doch nur mehr Zeit im Büro verbracht hätte«, erinnerte sie ihn.
    Ja ja, dachte er. Bis jetzt ist auch noch keiner mit einem Privatleben stellvertretender Leiter der Entwicklungsabteilung geworden. Er seufzte. »Also gut. Und wo treffe ich sie?«
    »Gegenüber der Seattle Times . Vor Starbucks. Oder auch drinnen, falls es regnet.«
    »Und wo gehe ich mit ihr hin?«, fragte er. Er spürte jetzt schon, wie er nervös wurde.
    »Geh mit ihr in ein gutes Restaurant. Aber nicht zu gut. Und vergiss nicht die Regeln beim Bestellen.«
    »Schon klar«, sagte er düster. »Keinen Maissalat.«

21.   Kapitel
    Tracie stieg die schmutzige Treppe zu Phils Wohnung im ersten Stock hinauf. Die Tür stand offen. Er ließ die Tür immer offen, und das machte Tracie nervös. Sie war sich zwar bewusst, dass sie da eher konservativ war und am liebsten alles unter Verschluss und hinter Schloss und Riegel hielt, aber das hier war wirklich gefährlich. Das Viertel, in dem Phil wohnte, galt nicht gerade als die sicherste Wohngegend von Seattle. Sie fühlte sich schon unwohl, wenn sie hier nur ihren Wagen parkte. Einmal war ihr linker Kotflügel schlimm verkratzt worden, ein anderes Mal hatte man die Antenne abgebrochen. Deshalb zog sie es im Grunde vor, wenn Phil zu ihr kam, aber immer wollte sie das auch nicht haben. Er wohnte ja schon fast bei ihr. Daher die Wette. Hier war sie also wieder, hatte den Wagen an einem gefährlichen Platz abgestellt, stieg die schmutzige Treppe hinauf und machte sich auf noch schmutzigere Bettwäsche gefasst – und das alles nur, um mit ihm zusammen zu sein, ihrem Standpunkt Nachdruck zu verleihen und eine gewisse Balance zu wahren. Sie schüttelte den Kopf. Männer waren ja so schwierig. Sie wusste genau, dass er lieber bei ihr gewohnt hätte als hier, aber er wollte es einfach nicht zugeben. Sie musste also unbedingt ihre Wette gewinnen.
    Als sie eintrat, fand sie den großen Raum – Phil lehnte den Begriff »Wohnzimmer« als zu bürgerlich ab – im chaotischen Normalzustand vor. Behutsam umkurvte sie die einzelnen »Objekte«. Von der Tür seines Zimmers her hörte sie klickende Geräusche, denen sie entnahm, dass Phil gerade am Schreiben war.
    Sie fand es einfach großartig – er schrieb ohne Termindruck und ohne zu wissen, ob das, was er schrieb, je gedruckt würde.
Sie hätte das nie gekonnt. Sie störte ihn nur äußerst ungern, wenn er schrieb; ihn ausgerechnet jetzt um einen Gefallen zu bitten, konnte zu einem echten Problem werden. Sie überlegte, wie sie ihm das, was sie von ihm wollte, am besten präsentierte, um ihr Ziel zu erreichen. Nach Jons Versagen am Flughafen und dem dokumentierten Scheitern im REI musste nun endlich ein Erfolgserlebnis her, wenn dabei ein Artikel herausspringen sollte. Sie musste ihm unbedingt ein Date verschaffen. Vielleicht sollte sie einfach mitgehen und ihm irgendwie die nötigen Anweisungen zukommen lassen. Und wenn sie den Erfolg fotografisch dokumentierte, konnte das auch nicht schaden. Sie schrieb eine entsprechende Notiz, damit sie später die Kamera nicht vergaß. Aber Phil ging normalerweise nicht gern aus, wenn er nicht gerade einen bestimmten Film sehen wollte oder einen Auftritt mit der Band bestritt. Bestimmt hätte er keine Lust, ihr zuliebe den Anstandswauwau zu spielen. Tracie seufzte. Sie machte echte Fortschritte mit Jon. Ruth – oder wie auch immer sie hieß – hatte ihn wirklich sympathisch gefunden, bis er sich an der Kletterwand blamiert hatte.
    Aber Phil war das natürlich ebenso egal wie ihr Artikel. Er würde ihr ohnehin nur raten, nicht solchen bürgerlichen Mist zu schreiben. Und sie nahm an, dass er damit sogar Recht hatte, auch wenn sie es irgendwie unfair fand. Schließlich zahlte sie für das, was er aß, mit dem bürgerlichen Geld, das sie verdiente. Aber sei nicht verbittert, sagte sie sich. Du respektierst ihn, weil er ein Künstler, ein Freigeist ist. Und er hatte etwas an sich... sein Freiheitsdrang und sein anarchisches Wesen machten ihn ungeheuer anziehend. Es war nicht schwer, einen Hund zu finden und zu zähmen, vor allem dann nicht, wenn der Hund schon halb verhungert und geschwächt war.

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