Tolle Maenner
Gelang es einem aber, einen Luchs oder einen Puma zu zähmen, war das eine echte Leistung. Jon war ein junger Dalmatiner oder Labrador, der ein Zuhause suchte. Phil aber war ein Wolf, und ihn dazu zu bringen, dass er ihr aus der Hand fraß, ohne sie zu beißen, war eine unendlich faszinierende Aufgabe.
Wieder musste sie an die Wette denken, die sie mit ihm abgeschlossen hatte. Gewann sie, zog er bei ihr ein. Sie fragte sich allerdings, ob sie das wirklich wollte; mit ihm zu schlafen war herrlich, aber mit ihm zusammen zu wohnen konnte große Probleme aufwerfen. Seine Sehnsucht nach Freiheit faszinierte sie, auch wenn sie sich manchmal fragte, warum er nicht wenigstens ein klein wenig reifer werden, sich einen Job suchen und sich ein bisschen... nun ja, ein bisschen bürgerlicher benehmen konnte. Tracie träumte wirklich nicht von einem Verlobungsring mit einem Solitär und wollte nicht als reiche Ehefrau in Encino enden, aber nicht alles im bürgerlichen Leben schreckte sie ab. Ehe und Familie und eine nette Wohnung und gutes Essen – das gehörte für sie alles zu den »guten Dingen des Lebens«. Deshalb hielt er sich ja auch die meiste Zeit bei ihr auf.
Auf dem Weg zu seiner Tür trat sie auf den Deckel einer Pizzaschachtel.
»Bist du das, Tracie?«, fragte Phil, ohne aufzuschauen.
»Ja«, antwortete sie, seine Stimme nachahmend. »Ich bin leider erst spät aus der Probe gekommen.«
Phil wandte sich vom Computermonitor ab und rieb sich die Augen, als würde er schon seit längerer Zeit tippen. »Hey, du hast doch gar keine Proben.«
»Volltreffer«, bestätigte sie und stellte sich hinter ihn, um ihm die Hände auf die Schultern zu legen. Sie waren ja so breit. »Du, ich brauche Hilfe.«
»Juckt dich was? Soll ich dich irgendwo kratzen?«, fragte er und reckte sich.
»Jetzt nicht. Ich rede von meinem Projekt mit Jonny.«
»Jonny? Meinst du etwa Jon? Den so genannten geschlechtslosen Wissenschaftler, das asexuelle Computer-Ass?«
Er hatte ihre Notizen für den Artikel gelesen! Tracie errötete und ging auf das Bett zu, fort von ihm. Sie hatte immer versucht, seine Privatsphäre zu respektieren, während er ganz offensichtlich ihre Zettel las. Sie musste zwar zugeben, dass sie überall klebten, aber trotzdem ärgerte es sie, dass er ihr nachgeschnüffelt
hatte. Das sollte ihm noch Leid tun. Sie hob eine halb volle Flasche Evian hoch. »Genau der. Er sieht gar nicht mehr wie ein Computerfreak aus. Er macht sich echt gut. Willst du ihn dir mal ansehen?«
Phil wandte sich wieder zum Bildschirm. »Nein.«
Sie hatte gewusst, dass das nicht ziehen würde. »Ich hab für ihn für Freitag ein Date arrangiert«, erklärte sie.
»Ist Chelsea Clinton so verzweifelt auf der Suche nach einem Mann?«, fragte Phil. »Und wie wird Mr. Computerfreak mit der Tatsache fertig, dass all die Agenten vom Geheimdienst jede seiner Bewegungen verfolgen? Auch wenn sich bei ihm ja eher nichts bewegt«, fügte Phil hinzu.
»Und ob sich bei ihm was bewegt; ich hab’s ihm beigebracht«, verteidigte sie Jon. Sie hoffte, dass er auch ohne ihre Erotiklektion genügend eigene Erfahrung besaß. Sie überlegte. Sie musste Phil das, was sie von ihm wollte, ganz behutsam beibringen. »Stell dir vor, ich hab ihn mit Beth aus der Arbeit verkuppelt.« Vielleicht klappte es ja, wenn sie ganz beiläufig und fröhlich klang. »Für Freitag.« Sie legte erneut eine Pause ein. »Ist das nicht witzig? Da müssen wir dabei sein. Das wäre fast wie ein Pärchen-Date.«
»Wie ein Pärchen-Date? Ich glaube, ich träume. Oder ist das eher ein Albtraum?«, fragte Phil, und seine Stimme triefte vor Sarkasmus. »Tracie, bei mir gibt’s keine Dates, und schon gar keine Pärchen-Dates. Und wenn, dann bestimmt nicht mit diesem Technikfreak. Oder mit deiner kleinen Freundin Beth.«
Schön, dann blieb ihr also keine andere Wahl, als zu betteln. »Ach komm, Phil. Wir müssen ja nicht unbedingt bei ihnen sitzen. Ich muss ihn einfach beobachten. Wie eine Trainerin. Ich muss in der Lage sein, ihm zu helfen, wenn was schief geht. Das ist schließlich das erste Mal.« Sie ließ ihm ein paar Sekunden Zeit. »Und um eine Reportage zu schreiben, muss ich vor Ort sein.«
»Das heißt ja noch lange nicht, dass ich mir das auch antun muss.«
Manchmal war er so egoistisch und vorhersehbar in seinen Reaktionen, dass sie ihn am liebsten umgebracht hätte. »Phil, ich schwöre bei Gott, wenn du mir nicht einmal diesen Gefallen tun kannst …«
»Ich will nicht, dass du
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