Tolle Maenner
mir«, grollte Sara.
»Hey, hey!«, versuchte Tracie sie zu beruhigen. »Keine Aufregung. Wahrscheinlich gefällt er dir nicht mal.«
Genau in diesem Augenblick sah Tracie, wie er sein Fahrrad an einem Geländer um die Ecke ankettete. Mein Gott! Sie hoffte nur, dass die beiden anderen ihn noch nicht entdeckt hatten. Wie ein Vollidiot hatte er seinen Motorradhelm am Lenker festgeschnallt. Sie musste ihm wirklich alles haarklein auseinander setzen – sogar, dass er nicht mit dem Rad zu einem Date kommen durfte. Ein Wunder, dass er wegen seiner Begriffsstutzigkeit noch nicht verhaftet worden war. Tracie sah zu, wie er den Helm nahm, die Straße entlangrannte und erst an der Ecke langsamer wurde. Im Schaufenster des Drugstore betrachtete er sich. Zum Glück hatten Sara und Laura ihn noch nicht gesehen. Als er um die Ecke bog und über die Straße stolzierte, konnte ihn nichts mehr mit dem Fahrrad in Verbindung bringen.
»Da ist er ja«, sagte Laura. Unter ihnen überquerte Jonny die Straße und ging auf Beth zu. Jetzt hatten sie offenbar Kontakt zueinander aufgenommen und stellten sich einander vor. Tracie trat einen Schritt zurück, um die Reaktion der anderen zu beobachten.
»Mein Gott, sieht der gut aus!«, sagte Sara. Sie drückte die Nase ans Fenster und legte die Hände seitlich vom Kopf an die Scheibe, um die Spiegelungen zu reduzieren und noch besser sehen zu können.
»Toller Sweater«, kommentierte Laura.
»Klasse Jacke. So eine hab ich letztes Jahr mal bei Ralph Lauren
gesehen«, fuhr Sara fort. »Scheint ganz schön Kohle zu haben. Von seinen Muskeln ganz zu schweigen.«
»Er trägt einen Helm! Fährt er etwa Motorrad?«, fragte Laura. Tracie fiel wieder ein, dass Peter ein Motorrad hatte.
»Und wo ist sein Bike?«, fragte Sara.
»Wahrscheinlich um den Block geparkt«, sagte Tracie wahrheitsgetreu und fügte hinzu, um von dem Thema abzulenken: »Wisst ihr, er hat gerade mit einer Schluss gemacht.«
Aus dem Fenster beobachteten sie, wie Jonny und Beth sich unterhielten. Jon steckte die Hand in die Tasche und zog etwas heraus, das er Beth vor die Nase hielt.
»Ist das ein Feuerzeug?«, fragte Sara. »Aber Beth raucht doch gar nicht!«
Tracie verdrehte die Augen, als Jon den Pez-Spender wieder in die Tasche steckte. Dafür würde sie ihn später umbringen müssen. Dann streckte er die Hand aus und berührte Beth’ Haarspitzen, und die beiden lachten über etwas. Und in der Stille vor dem Aufzug hüllte Einsamkeit die drei Frauen ein. Tracie musste daran denken, wie aufgeregt sie gewesen war, als sie Phil kennen gelernt hatte; wie sie oft eine geschlagene Stunde lang alles durchprobierte, was bei ihr im Schrank hing. Wie glücklich sie sich gefühlt hatte, wenn sie ihn nur sah. Das erinnerte sie an etwas. »Komm schon, Laura, wir müssen jetzt gehen«, sagte Tracie. »Ich hab nur zwanzig Minuten Zeit, weil ich mich dann mit Phil treffe.«
»Ja, und ich muss noch eine Story schreiben«, seufzte Sara.
»Ich denke, ich schreibe heute Abend meinen Lebenslauf«, meinte Laura. »Und dann lese ich die Stellenangebote.«
Die drei Frauen seufzten wie aus einem Mund, bevor eine jede dem Fenster den Rücken kehrte.
22. Kapitel
Eine Kellnerin stand am Tisch und schaute Jon und Beth erwartungsvoll an. Sie musste mindestens hundertzehn Jahre alt sein; jedenfalls sah sie aus wie eine jener Frauen, die arbeiten, bis sie tot umfallen.
Die beiden waren im Merchants Café, dem ältesten Restaurant von Seattle, und die Kellnerin war vermutlich noch um einiges älter. Jon war nervös, aber bislang hatte er es wenigstens noch nicht vermasselt. Bevor er seinen Arbeitsplatz verließ, hatte er schnell noch einmal Tracie angerufen, um mit ihr ein letztes Mal alles durchzugehen. Sie wollte alles aus sicherer Entfernung mit ansehen, um notfalls helfend eingreifen zu können. Er war fest entschlossen, alles perfekt zu machen; er wollte die richtigen Worte sagen, das passende Kompliment machen und jede Anspielung auf seine Essgewohnheiten vermeiden. Er wollte kein Gepäck mit sich herumschleppen und nicht an Felswänden herumhängen.
Doch als er dann in Beth’ hübsches Gesicht schaute, vermengten sich alle die guten Ratschläge in seinem Kopf zu einer chaotischen Mixtur. Einen Moment lang war er traurig und fragte sich, was das ganze Versteckspiel eigentlich sollte. Das alles vergrößerte doch nur die Kluft zwischen ihnen. Aber er musste zugeben, dass Beth wirklich süß war, und sie sah ihn so interessiert an wie
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