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Tolstoi, A. K.

Tolstoi, A. K.

Titel: Tolstoi, A. K. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Familie des Wurdalak
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Vorabend verschwunden. Dank unserer intensiven Pflege erlangte das Kind wieder das Bewusstsein, aber es war sehr schwach und atmete schwer. Der arme Kleine kannte die Ursache seines Bewusstseinsverlustes nicht. Seine Mutter und Sdenka glaubten, er sei durch den Schrecken verursacht worden, den der Kleine hatte, als er mit seinem Großvater überrascht wurde. Ich sagte nichts. Währenddessen hatte sich das Kind beruhigt. Alle außer Georges gingen zurück ins Bett.
    Gegen Morgengrauen hörte ich ihn seine Frau wecken, sie redeten mit leisen Stimmen. Sdenka gesellte sich zu ihnen und ich hörte sie, wie auch ihre Schwägerin, schluchzen.
    Das Kind war tot.
    Ich habe keine Worte für die Verzweiflung der Familie. Niemand schien zu glauben, dass der alte Gorcha die Ursache war. Wenigstens sprach man nicht offen darüber.
    Georges schwieg, aber sein stets trübsinniger Ausdruck hatte jetzt etwas Schreckliches an sich. Während der nächsten zwei Tage ließ sich der Alte nicht mehr blicken. In der Nacht des dritten Tages (an welchem die Beerdigung des Kindes stattgefunden hatte) glaubte ich Schritte um das Haus und die Stimme eines Greises, die den kleinen Bruder des Verstorbenen rief, zu hören. Ich glaubte auch für einen kurzen Moment, das Gesicht Gorchas, das gegen mein Fenster gepresst war, zu sehen, aber ich konnte nicht feststellen, ob dies real war oder meiner Fantasie entsprang, denn in dieser Nacht war der Mond bedeckt. Ich glaubte auf jeden Fall, dass es meine Aufgabe sei, Georges davon zu erzählen. Er befragte das Kind, welches antwortete, dass es tatsächlich gehört hatte, wie sein Großvater es gerufen habe, und es habe ihn gesehen, wie er durch das Fenster geschaut hatte. Georges gebot seinem Sohn scharf, ihn zu wecken, sollte der Alte wiederkommen.
    All diese Umstände verhinderten nicht, dass meine Gefühle für Sdenka tiefer wurden.
    Ich konnte mich den ganzen Tag lang nicht ohne Zeugen mit ihr unterhalten. Als die Nacht kam und somit die Gedanken an meine Abreise, bedauerte ich es zutiefst. Sdenkas Zimmer war nur durch eine Art Korridor, der auf der einen Seite zur Straße gerichtet war und zur anderen zum Hof, von meinem getrennt.

    Die Familie meiner Gastgeber hatte sich schon schlafen gelegt, als mir die Idee kam, einen Spaziergang zu machen, um mich abzulenken. Als ich im Korridor stand, sah ich, dass die Zimmertüre von Sdenka einen Spalt weit geöffnet war.

    Ich hielt unfreiwillig an. Das bekannte Rauschen von Kleidern ließ mein Herz schneller schlagen. Dann hörte ich Worte, mit leiser Stimme gesungen. Es war der Abschied, den ein serbischer König, in den Krieg ziehend, an seine Schöne richtete.

    „ ... Oh, meine junge Pappel“, sagte der alte König, „ich ziehe in den Krieg und du wirst mich vergessen!
    Die Bäume, die am Fuße des Berges wachsen, sind schlank und beweglich, aber dein Körper ist es noch mehr!
    Die Früchte der Eberesche, die der Wind verweht, sind rot, aber deine Lippen sind röter als die Früchte der Eberesche!
    Und ich bin wie eine alte, blätterlose Eiche und mein Bart ist weißer als die Gischt der Donau!
    Und du wirst mich vergessen, o meine Seele, und ich werde vor Kummer sterben, denn der Feind wird es nicht wagen, den alten König zu töten!“
    Und die Schöne antwortete: „Ich schwöre dir, dass ich dir treu bleibe und dich nicht vergessen werde. Falls ich meinen Eid brechen sollte, mögest du nach deinem Tod das ganze Blut meines Herzens aussaugen kommen!“
    Und der alte König sagte: „So soll es sein!“
    und er zog in den Krieg.
    Und schon bald hatte die Schöne ihn vergessen! …

    An dieser Stelle hielt Sdenka inne, als ob sie Angst davor habe, die Ballade zu beenden. Ich konnte mich nicht mehr zurückhalten. Diese süße Stimme, so ausdrucksvoll, war die Stimme der Herzogin de Gramont … Ohne darüber nachzudenken, öffnete ich die Türe und betrat das Zimmer. Sdenka hatte soeben etwas, das einem Casaquin glich und die Frauen ihres Landes trugen, ausgezogen. Ihre Kleidung bestand aus einem mit goldener und roter Seide bestickten Hemd und einem einfachen, karierten Rock. Ihre blonden Zöpfe waren entflochten und ein Negligé unterstrich ihre Reize. Sie ließ sich nicht von meinem brüsken Eintritt irritieren, schien aber verwirrt zu sein und errötete leicht.
    „Oh“, sagte sie zu mir, „wieso seid Ihr gekommen, und was würde man von uns denken, wenn man uns so überraschte?“
    „Sdenka, meine Seele“, sagte ich ihr, „seid beruhigt, alle

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