Tolstoi, A. K.
Alten an. „Was hast du mit meinem Erstgeborenen gemacht? Wieso hast du mein Kind getötet? Gib mir meinen Sohn zurück, du Leiche!“
Während er dies sagte, wurde er immer bleicher und seine Augen immer lebhafter.
Der Alte schaute ihn böse an und bewegte sich nicht.
„Oh! Der Pfahl, der Pfahl!!!“, schrie Georges. „Dass derjenige, der ihn versteckt hat, die Verantwortung für das Unglück trage, das uns erwartet!“
In diesem Moment hörten wir fröhliches Kinderlachen und sahen, wie der Jüngste auf einem großen Pfahl dahergeritten kam. Er tänzelte auf seinem Pfahl wie auf einem Pferd und stieß mit seiner kleinen Stimme den Kriegsschrei der Serben aus, wenn diese einen Feind angriffen.
Bei diesem Anblick leuchtete Georges Blick auf. Er entriss dem Kind den Pfahl und stürzte sich auf seinen Vater. Dieser schrie auf und rannte mit einer Geschwindigkeit, die nicht zu einem Greis passte und übernatürlich schien, zum Wald.
Georges verfolgte ihn querfeldein und bald hatten wir beide aus den Augen verloren.
Die Sonne war bereits untergegangen, als Georges leichenblass und mit gesträubten Haaren zum Haus zurückkam. Er setzte sich ans Feuer und ich glaubte, seine Zähne klappern zu hören. Niemand traute sich, ihn zu befragen. Um die Zeit, an der sich die Familie normalerweise trennte, schien er seine ganze Kraft zurückerlangt zu haben. Er nahm mich beiseite und sagte mir auf eine ganz selbstverständliche Art und Weise:
„Mein lieber Gast, ich habe gerade den Fluss gesehen. Er führt kein Eis mehr, der Weg ist frei, nichts steht Ihrer Abreise im Weg. Es ist unnötig“, fügte er mit einem Blick auf Sdenka hinzu, „sich von meiner Familie zu verabschieden. Sie lässt Ihnen von mir alles Glück, das Ihr Euch wünschen könnt, ausrichten, und ich hoffe Ihr werdet uns auch in guter Erinnerung behalten. Morgen, bei Sonnenaufgang, werdet Ihr Euer Pferd gesattelt und Euren Führer bereit Euch zu leiten vorfinden. Lebt wohl, erinnert Euch manchmal an Euren Gastgeber zurück und vergebt ihm, wenn Euer Aufenthalt hier nicht so friedlich war, wie Ihr ihn Euch gewünscht hättet.“
Georges harte Gesichtszüge waren in diesem Moment fast in einen herzlichen Ausdruck umgewandelt. Er führte mich auf mein Zimmer und schüttelte meine Hand ein letztes Mal. Plötzlich zuckte er zusammen und seine Zähne klapperten, als ob er vor Kälte zitterte.
Wieder allein wollte ich, wie Sie es sich denken können, mich schlafen legen. Jedoch beschäftigten mich andere Ideen. Ich hatte mehrmals in meinem Leben geliebt. Ich hatte Anwandlungen von Zärtlichkeit, Anfälle von Ärger und Eifersucht, aber nie, nicht einmal als ich die Herzogin de Gramont verließ, hatte ich eine solche Traurigkeit empfunden, die mir das Herz zerriss. Bevor die Sonne aufgegangen war, hatte ich meine Reisebekleidung angelegt und wollte noch eine letzte Unterhaltung mit Sdenka versuchen. Aber Georges wartete im Flur auf mich. Jegliche Aussicht, mich zu verabschieden, war unmöglich.
Ich stieg auf mein Pferd und spornte es an. Ich versprach mir bei meiner Rückkehr von Jassy wieder durch dieses Dorf zu reisen und diese Hoffnung, so klein sie auch sein mochte, vertrieb langsam meine Sorgen. Ich dachte schon mit Zuneigung an den Moment der Rückkehr und meine Vorstellungskraft zeichnete mir alle Einzelheiten aus, als mich eine heftige Bewegung meines Pferdes fast zu Boden warf. Das Tier hielt plötzlich an, versteifte seine Vorderbeine und blies stark durch seine Nüstern, so, wie man es von diesen Tieren kennt, wenn sie glauben in Gefahr zu sein. Ich schaute aufmerksam um mich und sah, wie etwa hundert Schritte vor mir ein Wolf ein Loch in den Boden buddelte. Vom Lärm, den ich machte, aufgeschreckt, floh er, ich senkte daraufhin die Steigbügel in die Flanken des Pferdes und es gelang mir schließlich, das Tier zu bewegen. Ich sah am Ort, wo der Wolf gerade eben noch war, eine frische Grube. Des Weiteren glaubte ich, in der ausgebuddelten Erde einige Zoll eines Pfahls hervorstehen zu sehen. Ich kann dies jedoch nicht beschwören, da ich sehr schnell an diesem Ort vorbeiritt.
An dieser Stelle schwieg der Marquis und nahm eine Prise Tabak.
„Ist dies nun alles?“, fragten die Damen.
„Leider nein!“, antwortete der Marquis d’Urfé. „Das, was ich noch erzählen muss, fällt mir noch schwerer, und ich würde vieles geben, müsste ich dies nicht machen.“
Die Angelegenheiten, die mich nach Jassy führten, dauerten länger, als ich erwartet
Weitere Kostenlose Bücher