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Tolstois Albtraum - Roman

Tolstois Albtraum - Roman

Titel: Tolstois Albtraum - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Pelewin
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fürchten wir uns!«, verkündete Knopfs Gehilfe. »Werfen Sie sie alle auf die Straße! Aber keine Tricks!«
    Nur Augenblicke später flog die Weste mit den restlichen Wurfinstrumenten hinter dem Leichnam des Pferdes hervor und landete mit einem schweren Klirren auf der Straße.
    »Und die Stilette? Sie haben doch sicher noch Stilette?«
    »Stimmt, meine Herren«, antwortete T., während er sich das staubige, schmutzige Hemd mit Mühe und Not über den bloßen Körper streifte. »Sie sind erstaunlich gut informiert. Aber dann werfen Sie bitte auch Ihre Revolver auf die Straße. Und vergessen Sie nicht, Knopf den Revolver wegzunehmen.«
    Im Gebüsch kam es zu einem hastigen, von Klagen und Schluchzen untermalten Kampf.
    »Verräter! Dummköpfe!«, murrte Knopf. »Ihr werdet alle sterben! Ihr kennt diesen Mann nicht. Meint ihr, der würde jemanden lebendig davonkommen lassen?«
    Einer der Gehilfen schrie:
    »Ich werfe jetzt die Revolver raus, Graf!«
    Einer nach dem anderen polterten drei Smith-&-Wesson-Polizeirevolver auf die Straße.
    »Darf ich Sie daran erinnern, meine Herren, dass Sie noch Gewehre haben!«, rief T.
    Zwei Gewehre fielen neben den Revolvern in den Staub.
    »Ob sie es wirklich ernst meinen?«, überlegte T. »Schwer zu glauben … Aber ich muss mein Wort halten.«
    T. hakte den Beutel mit den Stiletten von der Hose los und warf ihn auf die Straße.
    »Kommen Sie jetzt heraus!«, rief er. »Ich tue Ihnen nichts, Ehrenwort!«
    Die beiden Kompagnons von Knopf wanden sich aus dem Gebüsch hervor. Sie hatten die Hände vor der Brust ausgestreckt, um zu zeigen, dass sie unbewaffnet waren. Aber diese Pose, die T.s Argwohn hätte zerstreuen sollen, ließ ihn die Stirn runzeln – allzu sehr wirkten die auf ihn zukommenden Detektive wie zum Angriff bereite Boxer.
    »Woher sind die bloß?«, dachte er. »So viele von denen habe ich schon gesehen – und alle sehen sie gleich aus, als hätte man sie in einer zwielichtigen Zuchtfarm aus grauem Lehm modelliert … Man müsste mal mit ihnen reden, vielleicht haben sie doch einen Funken von Bewusstsein …«
    Die Detektive waren beide kräftige, schnauzbärtige Männer, zwischen dreißig und vierzig Jahre alt, mit den fleischigen, teigigen Gesichtern von Wurst- und Bierliebhabern, aber der eine hatte abstehende Ohren und der andere Koteletten. Beide trugen sie – eine Anspielung auf gefährliche Abenteuer und eine sportliche Lebensweise – karierte Anzüge, ähnlich wie die liberalen Petersburger Advokaten, wenn sie sonntags mit dem Auto eine Spazierfahrt auf die Inseln unternahmen.
    »Kommen Sie auch hervor, Graf!«, sagte der Detektiv mit den Koteletten.
    »Die hecken offensichtlich etwas aus«, überlegte T. »Aber man sollte den Menschen auch dann glauben, wenn sie beinahe mit Sicherheit lügen. Ich muss ihnen eine Chance geben …«
    T. erhob sich hinter dem toten Pferd und zeigte den Detektiven seine leeren Hände. Sofort zogen beide eine kleine Derringer aus dem karierten Jackett und zielten mit der Waffe auf T.
    »Hände hoch, Graf!«
    »Meine Herren«, seufzte er und hob die Hände, »ich komme Ihrer Forderung natürlich nach. Aber wie können Sie mir noch in die Augen sehen?«
    »Dazu gibt es keinerlei Veranlassung«, sagte Knopf, während er aus dem Gebüsch hervorkletterte. »Sie sind Meister im Zweikampf und müssten wissen, dass man einem tödlichen Feind beim Kampf nicht in die Augen sehen darf. Man muss vielmehr das Zentrum des Dreiecks zwischen Kinn und Schlüsselbeinen fixieren.«
    Knopf trug einen ebensolchen karierten Anzug wie seine Kompagnons, nur war seiner besser genäht. T. kam plötzlich ein seltsamer Gedanke: Vielleicht vermehrte Knopf sich ähnlich wie die Meeresmollusken, indem er mit den Muschelklappen winzige Stückchen von seinem Fleisch abrupfte, die dann ihre eigene karierte Hülle ansetzten und von ihrem Erzeuger beinahe nicht mehr zu unterscheiden waren.
    »Nur hat bisher keiner von ihnen lange genug gelebt«, dachte T., »um herauszufinden, ob sie am Ende genauso werden wie Knopf oder nicht. Auch die hier werden das kaum erleben …«
    Offenbar zeigte sein Gesicht einen feindseligen Ausdruck. Der Detektiv mit den abstehenden Ohren wurde nervös, fuchtelte mit der Mündung seiner kurzen Pistole in der Luft herum und sagte:
    »Ich warne Sie – keine verdächtige Bewegung!«
    Ohne die Hände sinken zu lassen, machte T. von dem toten Pferd aus ein paar Schritte zurück.
    »Gestatten Sie, meine Herren«, sagte er, »woher soll

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