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Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
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und Verwünschungen herabzudonnern. Hierauf wackelte er hastig nach dem Gemach, wo er die Verliebten anzutreffen meinte, und murmelte oder vielmehr brauste Vorsätze von Rache bei jedwedem Schritt, den er that.
    So wie zwei Tauben oder zwei Turteltauben, oder so wie wenn Strephon und Phyllis (denn das letztere liegt näher zum Ziele) sich in einem angenehmen einsamen Wäldchen verborgen halten, um der ergötzlichen Unterhaltung des Gottes Amor zu genießen, dieses blöden Götterknabens, welcher sich schämt, in Gesellschaft zu sprechen, und niemals bei mehr als zweien zugleich ein guter Gesellschafter ist; sollte hier, wenn alles umher heiter erscheint, plötzlich ein lauter Donner durch die zerrissenen Wolken hervorkrachen und sein fürchterliches Gebrüll über ihren Häuptern dahinrollen, so rafft sich das erschrockene Mädchen auf vom moosigen Ufer, oder vom grünenden Rasen; die bleiche Livree des Todes folgt auf die rote Regimentsfarbe, womit Amor vorher ihre Wangen bekleidet hatte; Angst und Furcht erschüttern ihr ganzes Gebein, und kaum kann ihr Geliebter ihre zitternden, schwankenden Glieder unterstützen. – Oder als wenn zwei durstige Herren, unbekannt mit dem erfindungsreichen Witze des Orts, in einem Gasthofe oder Weinhause zu Salisbury sitzen und ihre Flasche leeren. Wenn der große Löhley, der seine Rolle als Tollhäusler ebensogut spielt, als einige seiner Ansteller die Rolle des Narren, mit seinen Ketten zu rasseln beginnt und sein Lied zwischen den Zähnen brummend auf der Galerie daherkommt, der erschrockene Fremde Maul und Augen aufreißt, die von dem fürchterlichen Getöse gellenden Ohren zuhält – einen Ort sucht, der ihn vor der annahenden Gefahr schützen könne, und, wenn die wohlvergitterten Fenster ihm einen Ausgang erlaubten, seinen Hals daran wagen würde, der drohenden Wut zu entwischen, welche jetzt sich ihm zu nahen scheint: – So zitterte die arme Sophie, so erblaßte sie vor dem Getöse ihres Vaters, der mit einer Stimme, erschrecklich zu hören, fluchend herbeikam und ihrem Jones den Untergang drohte und schwur. Die Wahrheit zu sagen, glaube ich, würde der Jüngling selbst aus einigen klugen Bedenklichkeiten in diesem [268] Augenblicke einen andern Ort des Aufenthalts vorgezogen haben, hätte sein Schrecken und seine ängstliche Besorgnis für Sophie ihm Freiheit gelassen, über etwas nachzudenken, das ihn selbst auf keine andre Weise betraf, als insofern seine Liebe ihn an allem teilnehmen hieß, was seine Sophie anging.
    Und nun erblickte der Junker, nachdem er die Thüre aufgesprengt hatte, einen Gegenstand, der augenblicklich aller seiner Wut gegen Jones Einhalt that; dies war Sophiens totenbleiche Gestalt, die ohne Leben in ihres Geliebten Arm hingesunken war. Western ward dieses dramatischen Anblicks nicht sobald gewahr, als ihn seine ganze Raserei verließ. Er schrie mit der heftigsten Gewalt um Hilfe, rannte erst auf seine Tochter zu, dann wieder zurück nach der Thüre, rief: Wasser, Wasser! und dann abermal zurück nach Sophie, ohne darauf zu achten, in wessen Armen sie sich befände, oder auch vielleicht ohne sich einmal zu erinnern, daß ein solcher Mensch wie Jones in der Welt sei; denn wirklich, glaube ich, war jetzt der gegenwärtige Zustand seiner Tochter der einzige Punkt, welcher seine Gedanken beschäftigte.
    Es währte gar nicht lange, so kam die gnädige Tante Western und eine große Anzahl von Bedienten mit Wasser, Herzstärkungen und allen übrigen Erfordernissen bei solchen Gelegenheiten herbei, um Sophien Hilfe zu leisten. Diese Dinge wurden mit so gutem Erfolg angewendet, daß Sophie nach einigen wenigen Minuten sich zu erholen begann und wieder alle Merkmale des Lebens blicken ließ.
    Hierauf ward sie alsobald von ihrer eignen Jungfer und ihrer Tante hinweggeführt; auch trat diese gute Dame nicht eher vom Schauplatze ab, als bis sie ihrem Bruder einige heilsame Erinnerungen hinterlassen, betreffend die schrecklichen Wirkungen seines Zorns, oder, wie sie es zu nennen geruhte, seiner Tollheit.
    Der Junker verstand vielleicht diesen guten Rat nicht, weil er mit dunkeln Anspielungen, Achselzucken und Verwunderungszeichen gegeben ward. Zum wenigsten, wenn er ihn auch verstand, machte er davon eben keinen Gebrauch, denn seine unmittelbare Besorgnis um seine Tochter war nicht so bald vorüber, als er in seine vorige Raserei verfiel, welche auf der Stelle eine Schlägerei mit Jones hätte hervorbringen müssen, wenn nicht Herr Pastor Schickelmann, ein

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