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Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
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erwähnen, welche dem Herrn Alwerth von Zeit zu Zeit gegen ihn waren vorgebracht worden, denn er war mit keiner davon irgend selbst bekannt. Ebensowohl hatte er, wie wir angemerkt haben, manches wesentliche Faktum in seiner gegenwärtigen Geschichtserzählung ausgelassen. Im ganzen genommen, erschien jetzt alles und jedes für unsern Jones in so vorteilhaften Farben, daß die Bosheit in Person es nicht leicht gefunden haben würde, den geringsten Tadel auf ihn zu bringen.
    Nicht als ob Jones hätte vorsätzlicherweise die Wahrheit verbergen oder verkleistern wollen; nein, es würde ihm viel eher weh gethan haben zu sehen, daß auf Herrn Alwerth der Tadel gefallen wäre, weil er ihn gestraft, als auf seine eigene Handlungen, durch welche er diese Strafe verdient hatte; aber so ging es in der That zu und so wird es allemal zugehen. Denn laß einen Mann noch so ehrlich und aufrichtig sein, seine Erzählung von seiner eigenen Aufführung wird, ohne daß er's weiß oder will, so äußerst günstig für ihn ausfallen, daß seine Laster schneeweiß über seine Lippen gehen und gleich trüben Weinen, wenn sie über Hausenblasen abgezogen wurden, alle ihre Hefen zurücklassen werden. Denn obgleich die Thatsachen selbst angeführt werden, so werden doch die Beweggründe, die Umstände und die Folgen so von einander verschieden sein, wenn ein Mann selbst seine eigene Geschichte oder wenn sein Feind sie erzählt, daß man kaum wird erkennen können, ob es eine und dieselbe Thatsache sei.
    [80] Obgleich der Barbier die Geschichte mit gierigem Ohre verschluckt hatte, so war's ihm doch noch nicht genügend. Es fehlte noch ein Umstand, nach welchem seine Neugier, so kalt solche war, sehr sehnlich verlangte. Jones hatte den Umstand seiner Liebe erwähnt und daß er Blifils Nebenbuhler gewesen, hatte aber ganz behutsam den Namen des jungen Frauenzimmers verschwiegen. Der Barbier bat also nach einigem Zaudern und Hms! und Ha's! um Erlaubnis, sich den Namen der Dame ausbitten zu dürfen, welche ihm die Ursache alles vorgegangenen Unheils zu sein schien. Jones stand einen Augenblick bei sich an und sagte darauf: »Weil ich Ihnen einmal soviel anvertraut habe und weil, wie ich fürchte, ihr Name bei dieser Gelegenheit bereits zu öffentlich bekannt geworden ist, so will ich solchen Ihnen nicht verbergen. Ihr Name ist Sophie Western.«
    »
Proh Deum atque hominum fidem!
Herr Junker von Western hat schon eine mannbare Tochter?« – »Ja und zwar eine solche Tochter,« rief Jones, »daß die Welt ihresgleichen nicht aufzuweisen hat. Kein Auge hat jemals etwas so Schönes gesehen, doch das ist die geringste von ihren vortrefflichen Eigenschaften. Solch ein Verstand, solche außerordentliche Güte der Seele! O ich könnte sie unaufhörlich preisen, und doch nur die Hälfte ihrer Tugenden erzählen.« – »Herr von Western eine Tochter, die schon mannbar ist!« rief der Barbier. »Ich habe den Vater noch als einen Knaben gekannt, aber freilich
tempus edax rerum.
«
    Der Wein ging bald auf die Neige und der Barbier drang sehr ernstlich darauf, auch seine Bouteille zum besten zu geben. Aber Jones schlug es platterdings aus und sagte: »Er habe schon mehr getrunken als er sollte und er müsse sich nunmehr auf sein Zimmer begeben, wo er wünschte das eine oder das andre Buch bekommen zu können.« – »Ein Buch?« rief Benjamin. – »Was für ein Buch möchten Sie haben? Ein lateinisches, oder in der Muttersprache? Ich habe einige kuriose Bücher in beiden Sprachen. Ich habe da des
Erasmi Colloquia, Ovid de Tristibus, Gradus ad Parnassum,
und in unserer Sprache habe ich einige der besten Bücher, obgleich einige ein wenig verschlissen sind. Aber ich habe noch einen großen Ueberrest von Stowe's Chronika, den sechsten Band von Popes Homer, den dritten Band vom Zuschauer, den zweiten Band von Eckards römischer Geschichte, den Robinson Crusoe, den Thomas a Kempis und zwei Bände von Thomas Browns Werken.«
    »Diese letzten,« sagte Jones, »sind mir noch nie vorgekommen. Seien Sie also so gütig und leihen Sie mir einen von diesen Bänden.« Der Barbier versicherte ihm, sie würden ihm viel Vergnügen machen, denn er hielte den Verfasser für einen der größten witzigen [81] Köpfe, welche die Nation jemals gehabt habe. Er ging also nach seinem Hause, welches nahgelegen war und kam augenblicklich wieder, worauf, nachdem Jones dem Barbier die strengste Verschwiegenheit anempfohlen und dieser geschworen hatte solche unverbrüchlich zu bewahren,

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