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Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
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großes Glück war's, daß Sie erfuhren, daß das Fräulein Western in meinem Hause sei, denn sie ist hier nur wenig bekannt.«
    Jones hatte endlich seine ganze Besonnenheit wie der gesammelt, und da er meinte, er habe jetzt eine gute Gelegenheit, Sophien über die Frage zu befriedigen, die sie ihm eben vorhin that, als die Bellaston dazukam, so that er's auf folgende Weise: »Nun freilich, Ihro Gnaden,« antwortete er, »geschah's durch den glücklichsten Zufall von der Welt, daß ich diese Entdeckung machte. Auf der letzten Maskerade sagte ich einer Dame, was ich gefunden, und den Namen der Eignerin, welche mir zu verstehen gab, sie glaube, sie wisse, wo ich Fräulein von Western finden könnte, und wenn ich des folgenden Morgens nach ihrem Hause kommen wollte, so wollte sie mir's sagen. Ich ging also zu ihr, sie war aber nicht zu Hause, und ich konnte sie nicht eher wieder antreffen als heute morgen, da sie mich dann nach Ihro Gnaden Hause wies. Dieser Anweisung zufolge kam ich hierher und gab mir die Ehre, mich bei Ihnen anmelden zu lassen, und da ich sagte, daß ich eine besondere Angelegenheit hätte, führte mich ein Bedienter in dies Zimmer, wo ich nicht lange gewesen war, als diese junge Dame aus der Komödie zurückkam.«
    Indem er der Maskerade erwähnte, gab Jones der Bellaston einen sehr schlauen Blick, ohne zu fürchten, daß Sophie es merken möchte, denn sie war sichtbarlich in zu großer Verwirrung, um zu bemerken, was vorging. Dieser Wink machte die ältere Dame ein wenig behutsam, und sie schwieg, worauf Jones, welcher die Unruhe sah, worin Sophiens Gemüt schwebte, beschloß, den einzigen Weg [88] einzuschlagen, um sie davon zu befreien, und der war, sich zu beurlauben. Ehe er das aber that, sagte er noch: »Ich glaube, meine Damen, man pflegt bei solchen Gelegenheiten gewöhnlich einen Rekompens zu erhalten. – Ich muß um etwas Wichtiges für meine Ehrlichkeit bitten: – um nichts Geringeres, meine Gnädigsten, als um die Ehre der Erlaubnis, Ihnen künftig wieder meine schuldige Aufwartung machen zu dürfen.«
    »Mein Herr,« versetzte die Dame vom Hause, »Sie sind unstreitig ein Kavalier, und Personen von Stande finden meine Thüre beständig offen.«
    Jones ging darauf nach den gewöhnlichen Komplimenten von den Damen, zur großen Zufriedenheit seiner selbst und zur nicht geringen Sophiens, welcher unaussprechlich angst war, Tante Bellaston möchte entdecken, was sie bereits mehr als zu gut wußte.
    Auf den Treppen begegnete Jones seiner alten Bekannten, der Jungfer Honoria, die ungeachtet alles dessen, was sie von ihm gesagt hatte, so viel gute Lebensart hatte, ihm sehr höflich zu begegnen. Dieser Zufall ward sehr glücklich dadurch, daß er ihr das Haus sagen konnte, wo er seine Zimmer hatte, wovon Sophie nichts wußte.

Zwölftes Kapitel.
    Schließt das dreizehnte Buch.
     
    Der elegante Lord Shaftesbury legt irgendwo seine Mißbilligung gegen das Sagen zu vieler Wahrheiten an den Tag, woraus man die Folge ziehen kann, daß in gewissen Fällen Lügen nicht nur zu entschuldigen, sondern sogar löblich sind.
    Und unstreitig hat niemand einen wohlbefugteren Anspruch auf diese löbliche Abweichung von der Wahrheit, als Frauenzimmer, wenn von Liebessachen die Rede ist. Und sie können sich dabei auf die Belehrung, die Erziehung, und besonders auf die Sanktion, oder vielmehr auf den Zwang der eingeführten Gewohnheit berufen, wodurch sie abgehalten werden, nicht sowohl den ehrlichen Trieben der Natur nachzugeben (das wäre ein zu thörichtes Verbot), sondern dies Nachgeben zu gestehen.
    Wir schämen uns sonach keineswegs, es zu sagen, daß unsre Heldin jetzt den Vorschriften des obengenannten hochgeborenen vizegräflichen Philosophen folgte. Da sie völlig überzeugt war, daß ihre gnädige Tante über Jones' Person in Unwissenheit sei, so entschloß sie sich, diese Unwissenheit zu unterhalten, wenn es ihr auch ein wenig Flunkern kosten sollte.
    Jones war noch nicht lange zur Thüre hinaus, als die ehrsame Tante anfing: »Auf mein Wort, ein artiger, hübscher, junger Mensch, ich möchte wissen, wer er sein mag, denn ich erinnere mich nicht, sein Gesicht vorher gesehen zu haben.«
    »Ich auch nicht, gnäd'ge Tante,« sagte Sophie. »Das muß ich sagen, in Ansehung meiner Banknote hat er sich sehr artig betragen.«
    [89] »Allerdings, und es ist ein sehr hübscher Mann,« sagte die ältere Dame, »meinen Sie nicht auch?«
    »Ich habe eben nicht viel Achtung auf ihn gegeben,« antwortete Sophie,

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