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Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
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erfreut, dieses zu vernehmen; indessen zwang sie doch noch mehr Kälte in ihre Mienen, als sie bis dahin gezeigt hatte und sagte: »Warum, Herr Jones, geben Sie sich die Mühe, sich zu verteidigen, wo Sie noch nicht angeklagt sind? Wenn ich dächte, es käme was dabei heraus, wenn ich Sie anklagte, so hätte ich ganz andre und weit unverzeihlichere Vergehungen gegen Sie vorzubringen.« – »Welche wären das? ich bitte Sie ums Himmelswillen!« antwortete Jones zitternd und bleich, weil er meinte, er würde von seiner Liebschaft mit der Bellaston zu hören bekommen. »O!« sagte sie, »wie ist es möglich? kann alles, was edel ist und alles, was niederträchtig, zugleichin einer und eben derselben Brust bei einander wohnen?« Die liebsüchtige Dame Bellaston und der erniedrigende Umstand, als ein Lohnliebhaber gedient zu haben, drängten sich ihm wieder in die Gedanken und ließen ihm die Antwort im Munde stocken. – »Hätte ich eine solche Begegnung,« fuhr sie fort, »von Ihnen erwarten können? ja nur von irgend einem Manne von Ehre? Meinen Namen allenthalben preiszugeben in Wirtshäusern, sogar unter dem gemeinsten Pöbel! Da sich jeder kleinen Gunstbezeigung, die sich mein verdachtloses Herz etwa zu leicht sich verführen ließ zu bewilligen, ganz öffentlich zu rühmen! Ja sogar hören zu müssen, Sie hätten sich gemüßigt gesehen, [85] vor meiner aufdringlichen Liebe zu fliehen!« Nichts konnte Herrn Jones Erstaunen bei diesen Worten Sophiens gleichkommen. Jedoch, da er sich unschuldig wußte, war er in geringerer Verlegenheit, sich zu verteidigen, als wenn sie die zärtere Seite berührt hätte, worüber sein Gewissen in Unruhe gewesen war. Bei einiger Untersuchung fand er sehr bald, daß ein so schändliches Vergehen gegen seine Liebe und Sophiens guten Namen, als sie ihm hier schuld gab, gänzlich auf Rebhuhns Geträtsch in den Gasthöfen vor Wirten und dem Hausgesinde zurückfiel; denn Sophie gestand ihm, daß sie ihre Nachrichten von solchen Leuten habe. Es ward ihm nicht schwer, sie zu überzeugen, daß er an einem seinem Charakter so widersprechenden Vergehen völlig unschuldig sei; aber sie fand es desto schwerer, ihn zu verhindern, daß er nicht augenblicklich nach Hause ging und Rebhuhn den Hals umdrehte, welches thun zu wollen er mehr als einmal schwur. Nachdem dieser Punkt aufgeklärt worden, fanden sie sich bald wieder so gute Herzensfreunde, daß Jones völlig vergaß, wie er die Unterredung damit angefangen hatte, sie zu beschwören, daß sie alle Gedanken an ihn aufgeben möchte, und sie war in einer Stimmung, ihr Ohr einer Bitte von sehr verschiedner Art und Natur zu leihen. Denn ehe sie sich's noch versahen, waren sie schon so weit gekommen, daß er einige Worte fallen ließ, welche ungefähr wie ein Heiratsvorschlag klangen, worauf sie erwiderte, daß, wenn ihre Pflicht gegen ihren Vater ihr nicht verböte, ihrer eignen Neigung zu folgen, sie lieber mit ihm in Elend und Mangel, als mit jedem andern Manne in Reichtum und Ueberfluß leben möchte. Bei den Worten Elend und Mangel fuhr er zurück, ließ ihre Hand fahren, die er seit einiger Zeit gehalten hatte, schlug mit der seinigen sich auf die Brust und rief aus: »O, Sophie! könnte ich dich also elend machen? Nein, beim Himmel! nein, so niederträchtig werde ich niemals handeln. Teuerste Sophie, laß mich's kosten was es will, ich entsage Ihnen; ich will von Ihnen lassen; ich will alle dergleichen Hoffnungen aus meinem Herzen reißen, weil sie sich mit Ihrem wahren Wohlsein nicht vertragen. Meiner Liebe bleibe ich ewig getreu, aber tief in meinem Herzen soll sie vergraben bleiben; ferne von Ihnen will ich sie hegen, in einem weit entlegnen Lande, aus welchem kein Laut, kein Seufzer meiner Verzweiflung jemals Ihr Ohr beunruhigen soll. Und wenn ich dann nicht mehr bin –« Er wäre noch weiter fortgefahren, allein er ward von einer Thränenflut unterbrochen, die Sophie in seinen Busen fallen ließ, an welchen sie sich gelehnt hatte, ohne im stande zu sein, ein einziges Wort hervorzubringen. Er küßte sie auf diese Thränen, welches sie ihm auf einige Augenblicke, nicht ohne Widerstreben zuließ, sich aber darauf wieder faßte und sich sanft aus seinen Armen loswand und, um das Gespräch von einer zu rührenden Materie abzulenken, die sie, wie sie fand, in zu große Bewegung setzte, verfiel sie darauf, ihm eine Frage vorzulegen, wozu sie bis jetzt noch nicht Zeit gehabt hatte: »Wie er in das Zimmer gekommen sei?« Er begann zu stammeln

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