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Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
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gezwungen, ihm Einhalt zu thun, und dasjenige zu erzählen, was zwischen ihm und Sophie vorgefallen war, worüber er seine höchste Verwunderung bezeigte.
    Der Junker dachte einen Augenblick stillschweigend nach und sah ganz wild aus und erstaunt über diese Nachricht; endlich schrie er aus: »Was in aller Welt soll'n das heißen, Nachbar Alwerth? Liebhalten that sie 'n, drauf will 'ch wohl 'n körperlichen Eid thun – alle Hagel! ha! ich bin derhinter! Ich hab's auf 'n Korn, so gut als ich nur immer 'nen Fuchs drauf gehabt habe! Da hat d' Schwester schon wieder d' Finger im Brei! Sollst sehen, da hat das Mensch ein Gelüster nach dem Bastard von Grafen gekriegt! Ich fund sie zusammen in meiner Kousine Haus, der Frau von Bellaston. Ja, ja, der hat 'r 'n Kopp verdreht, ganz richtig! aber Gott straf mich, wenn 'r sie haben soll! Ich will ken'n Grafen und solch Hofpack in mein'r Familie haben!«
    Alwerth hielt ihm nun eine lange Rede, in welcher er ihm seinen Entschluß, alle gewaltthätigen Maßregeln zu vermeiden, von neuem vorhielt, und Herrn Western sehr ernstlich ein gelindes Verfahren anriet; womit er versichert sein könnte, seine Tochter am besten nach seinem Willen zu lenken. Er nahm hierauf Abschied, und kehrte zurück nach Madame Miller, war aber genötigt, auf das dringendste Ersuchen des Junkers zu versprechen, Herrn Jones noch den Nachmittag zu einem Besuche mitzubringen, »damit er,« wie er sagte, »mit dem jungen Herrn wieder alles ins Feine bringen möchte.« Bei Herrn Alwerths Weggehen versprach ihm Western, seinen Rat, in Ansehung des Benehmens gegen Sophie, zu befolgen. »Ich weiß nicht, wie's kommt,« sagt er; »aber hol's der Teufel! Alwerth, wenn Sie nicht all'mal machen, daß 'ch thun muß, just was 'e hab'n woll'n! Und mein Güter tragen doch wohl ebensoviel ein, als Ihre? und bin doch ebensowohl 'n Gerichtsherr wie Sie!«

Zehntes Kapitel.
    Worin die Geschichte anfängt sich allmählich zum Schlusse zu neigen.
     
    Als Herr Alwerth wieder in seiner Behausung ankam, vernahm er, daß Herr Jones kurz vor ihm angelangt sei. Er begab sich deswegen eiligst in ein leeres Zimmer und befahl, daß Jones allein dahin zu ihm geführt werden sollte.
    [289] Es ist unmöglich, sich eine zärtlichere und rührendere Szene zu denken, als dieses Wiedersehen zwischen dem Onkel und dem Neffen; denn Madame Waters hatte, wie der Leser leicht denken kann, bei ihrem letzten Besuche ihm das Geheimnis seiner Geburt entdeckt. Die ersten Beklemmungen der Freude, welche man auf beiden Seiten fühlte, bin ich wirklich unvermögend zu beschreiben. Ich will es demnach auch nicht einmal versuchen. – Nachdem Alwerth den guten Jones, der sich zu seinen Füßen geworfen, aufgehoben, und ihn in seine Arme geschlungen hatte, rief er aus: »O, mein Sohn; wie sehr bin ich zu tadeln gewesen! Welches Unrecht hab' ich dir nicht zugefügt. Was kann ich thun, um dich den lieblosen, ungerechten Verdacht vergessen zu machen, den ich auf dich gefaßt hatte? Womit soll ich dir alle die Leiden vergüten, die ich dir verursacht habe?« – »Ist mir durch diesen Augenblick nicht alles so reichlich ersetzt?« rief Jones. »Wären mir nicht meine Leiden, und wären sie auch zehnmal größer gewesen, jetzt nicht vollauf belohnt? O, mein teuerster Onkel! diese Ihre Güte, diese Ihre Zärtlichkeit überwältigt, erdrückt, vernichtet mich. Ich unterliege dem Entzücken, welches mich so gewaltig überströmt. Wieder Ihre Gegenwart genießen, Ihre Gunst besitzen, von neuem so höchst gütig von meinem großen, meinem edlen, meinem großmütigen Wohlthäter wieder aufgenommen werden!« – »In der That, Kind,« rief Alwerth, »ich bin sehr grausam gegen dich gewesen!« Er erklärte ihm hiernächst alle die Verrätereien des Blifil, und wiederholte von neuem die Bezeigungen des herzlichsten Kummers darüber, daß er sich durch solche Bubenstücke hätte verleiten lassen, ihn zu mißhandeln. »O teuerster, bester Onkel, sagen Sie nicht so!« antwortete Jones. »In Wahrheit, mein Vater, mein alles, Sie haben mich edel behandelt. Der weiseste Mann mußte an Ihrer Stelle hintergangen werden, und der beste mußte in dieser Täuschung geradeso handeln, als Sie thaten. Ihre wohlthätige Liebe zeigte sich selbst mitten in Ihrem Zorne, wie es gerade damals schien. Alles verdanke ich dieser edlen Güte, der ich höchst unwürdig gewesen bin. Treiben Sie mich nicht dahin, mich selbst anklagen zu müssen, wenn Sie Ihre großmütigen Gesinnungen zu weit

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