Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
Vom Netzwerk:
Aufführung wird mich rechtfertigen! So viel weiß ich, alles was ich gekonnt habe, hab' ich gesagt; aber alles umsonst! Sie bleibt unbeweglich. Sie sagt, sie hätte Ihnen manche Fehler vergeben, in betracht Ihrer Jugend; aber sie bezeigt einen solchen Abscheu am Charakter eines Libertiners, daß sie mir damit den Mund stopfte. Ich versuchte oft, Sie zu entschuldigen; aber ich konnt' ihr bei ihrer gerechten Klage auf tausend nicht eins antworten. Auf meine Ehre, sie ist ein liebenswürdiges Fräulein, und eins der süßesten und verständigsten Geschöpfe, die ich noch gesehen habe. Einmal hätte ich für etwas, das sie sagte, sie fast küssen mögen. Es war ein Gedanke, der eines Seneka, oder eines Bischofs würdig gewesen wäre. Ehemals meinte ich, Madame, sagte sie, ich hätte eine große Güte des Herzens an Herrn Jones entdeckt; und deswegen, ich gestehe es, hatte ich eine große Hochachtung für ihn: aber eine gänzliche Zügellosigkeit der Sitten verdirbt endlich das beste Herz von der Welt; und alles, was ein gutherziger liederlicher Mensch erwarten kann, ist, daß wir ein paar Körnchen Mitleid in unsre Verachtung, unsern Abscheu mischen. – Es ist ein wahrer Engel von Mädchen, das muß ich mit Wahrheit sagen.« – »O Madame Miller,« antwortete Jones, »kann ich wohl den Gedanken ertragen, einen solchen Engel verloren zu haben?« – »Verloren! Nein,« erwiderte Madame Miller. »Ich hoffe, noch sollen Sie sie nicht verloren haben. Entschließen Sie sich nur ernstlich, [293] solche Versündigungen nicht mehr zu begehn, so können Sie noch hoffen. Nun, und sollte sie denn ja unerbittlich bleiben wollen, so kenn' ich ein ander junges Frauenzimmer, eine süße, recht hübsche Person, mit einem recht tüchtigen Vermögen, die wirklich bis zum Sterben in Sie verliebt ist. Ich habe es erst diesen Morgen erfahren, und habe es dem Fräulein von Western gesagt. Ja, ich ging abermals ein wenig über die Wahrheit hinaus; denn ich sagte ihr, Sie hätten diese Person ausgeschlagen; aber ich glaub' auch gewiß, Sie würden sie ausschlagen. – Und hier muß ich Ihnen ein wenig zu Ihrem Troste sagen: als ich ihr den Namen des Frauenzimmers nannte, – und ich kann Ihnen ja auch wohl sagen, wer es ist: die hübsche junge Witwe, Madame Hunt – da kam mir's vor, als ob sie blaß würde. Als ich aber nachher sagte, Sie hätten sie ausgeschlagen, so will ich wohl einen Eid drauf thun, daß ihr Gesicht in einem Augenblick über und über rot ward, wie Scharlach; und dies waren ihre eigentlichen Worte: Ich will nicht leugnen, daß ich glaube, sein Herz sei mir ein wenig geneigt!«
    Hier ward die Unterredung durch die Ankunft des Junker Western unterbrochen, der sich selbst durch das Ansehen des Herrn Alwerth nicht länger abhalten lassen wollte; ob dieses gleich, wie wir oft gesehen haben, eine außerordentliche Macht über ihn hatte.
    Western ging geradesweges auf Jones zu und rief aus: »Ha! mein alter Freund Thoms, freu' mich, dich zu sehn, von ganzem Herzen. Was vorbei ist, ist vorbei, und vergess'n und vergeben! Ich konnt 's ja nicht so meinen, daß ich dir 'n Schimpf anthun wollt'; denn, wie's Alwerth hier weiß, und du weißt 's ja auch selbst, 'ch hielt dir für 'ne andre Person; und wenn's 'n Mensch nicht arg meint, was thut denn 'n hastig Wort, oder so was? Ein Christ muß dem andern vergeben und vergessen.« – »Ich hoffe, Herr Western,« sagte Jones, »ich werde niemals die Verbindlichkeiten vergessen, die Sie mir erwiesen haben. Was aber Beleidigungen betrifft, die Sie mir zugefügt hätten, so bezeuge ich, daß mir solche völlig unbekannt sind.« – »Sind's?« sagte Western. »Gib mir's Patschhand! Bist doch ein so ehrlich wacker Gesell, als nur einer die Erd' betritt. Komm, geh' gleich mit mir; 'ch will d'ch den Augenblick zu dein'r Braut hinbring'n.«
    Hier legte sich Alwerth drein; und der Junker, der weder bei dem Onkel noch bei dem Neffen seinen Zweck erreichen konnte, war, nach einigem Haberechten genötigt, seinen Vorsatz, Jones bei Sophie einzuführen, bis auf den Nachmittag zu verschieben; gegen welche Zeit Alwerth, sowohl aus Mitleid mit Jones, als aus Nachgiebigkeit gegen Westerns begieriges Verlangen, sich zu dem Versprechen bewegen ließ, Thee bei ihm zu trinken.
    Die Unterredung, welche hierauf erfolgte, war angenehm genug, und, wäre sie früher in unsrer Geschichte vorgefallen, würden wir unsre Leser damit unterhalten haben; so aber, da wir jetzt nur eben Muße genug haben, uns um das

Weitere Kostenlose Bücher