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Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
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Quadrat, Sie wollten sich enthalten, die Gemüter meiner Untergebenen mit solchem antichristlichen Wischiwaschi anzufüllen; denn es kann nichts andres daraus entstehen, so lange sie unter meiner Aufsicht sind, als daß ich's wieder herausprügeln muß. Da ist Ihr Zögling, Tom, der ist fast schon völlig verderbt. Ich hört' ihn vor einigen Tagen mit meinem Blifil disputieren: beim Glauben ohne Werke wäre kein Verdienst. Ich weiß, das ist so einer von Ihren Glaubensartikeln, und ich denke, er hatte das von Ihnen und von niemand sonst.«
    »Klagen Sie nur nicht, daß ich ihn verderbe,« sagte Quadrat. »Wer lehrte ihn über alles zu lachen, was tugendhaft ist und wohlanständig und schicklich und recht, nach der Harmonie der Natur der Dinge? Ihr Schüler ist er, nicht der meine! Nein; das verbitt' ich mir, nein, nein! Blifil, das ist mein Herzblatt. So jung er ist, so fordre ich Sie heraus, des Jünglings Begriffe von moralischer Rechtschaffenheit wieder auszurotten.« Schwöger antwortete hierauf mit einem verächtlichen Naserümpfen und sagte: »Nu, nu! Den will ich Ihnen wohl anvertrauen. Er ist zu wohl gegründet, als daß ihm all Ihr philosophisches Geschwätz etwas schaden könnte. Nein, nein! Dafür hab' ich gesorgt, und hab' ihm solche Grundsätze beigebracht, daß« –
    »Und auch ich habe ihm Grundsätze beigebracht,« schrie Quadrat. »Was, außer der erhabenen Idee von Tugend, könnte einem menschlichen Gemüt den großmütigen Gedanken einflößen, Freiheit zu erteilen? Und, ich sag's Ihnen noch einmal, wenn es schicklich wäre, stolz zu sein, so könnte ich auf die Ehre Anspruch machen, ihm diese Idee beigebracht zu haben.« –
    »Und wenn nicht geschrieben stände: Niemand rühme sich selbst,« sagte Schwöger, »so dürfte ich von mir sagen, daß ich ihn die Pflicht gelehrt habe, welche er selbst als seinen Bewegungsgrund anführt.«
    »So! Zankt Euch wohl noch drum!« sagte der Junker. »Von [133] allen beiden, seh' ich, lernen die Knab'n meiner Tochter ihren Vogel zu stehlen. Ich sehe wohl, 'ch muß uf mein Geheg' weidlich Achtung geb'n! Es kömmt m'r sonst noch ein oder der andere Kerl und setzt mir aus purer Tugend oder christlicher Andacht meine Hasen und Rebhühner in Freiheit.«
    Hierauf klopfte er einem neben ihm sitzenden Rechtsgelehrten auf die Schulter und schrie: »Was sagen Sie dazu, Herr Lizentiat? Ist das nicht gegen die Gesetze?«
    Der Jurist gab mit großer Ernsthaftigkeit folgendes
Decisum
von sich:
    »Falls der Fall ein Rebhuhn beträfe, so ist es zweifelsohne, daß eine standhafte Aktion stattfinden müßte. Denn, alldieweilen zwar sothanes Rebhuhn
ferae naturae
ist: so kann es doch als ein durch Lehn oder Kauf acquiriertes Eigentum zu Recht reklamieret werden; wenn aber andernfallsigenteils das
Objectum litis
ein Singvogel ist: so muß es, obgleich rechtsbeständig reklamiert, dennoch als ein seiner Natur und Wesen nach wenig bedeutendes Ding billig als
nullius in bonis
konsiderieret werden. In diesem Falle wäre, nach meinem unmaßgeblichen Dafürhalten,
actor
mit seiner Klage ab- und zurückzuweisen; und, falls ein solcher Kläger mich als seinen Rechtsbeistand konsultieren wollte, so würde mein zu Recht gegründetes Bedenken dahin gehen: einen solchen Prozeß sogleich in seiner Entstehung fallen zu lassen.«
    »Wohlan,« sagte der Junker, »wenn's denn
nullus bonus
ist, so lassen Sie uns 'nmal trinken und 'n bißchen vom Zustand der Nation sprechen; oder von sonst so was, das wir all' verstehn. Nein, mein Seel! Ich versteh kein Wort von euerm ganzen Tischkurse. Gelehrt und sehr klug mag's wohl sein; 'ch hab nichts dagegen; aber, mich sollt ihr's niemals weißmachen! der Hagel! seht! Da hat keiner von euch des armen Jungen mit einem einzigen Worte gedacht, der so brav ist und so viel Lob verdient. Der's wagte, sein'n Hals zu brechen, mein'm Fiekchen zu Gefallen. Das war mir 'ne großmutsherzige That! So gelehrt bin ich, daß ich das einsehen kann. Sapperment! Hier, uf Toms Gesundheit! Ich werde den Jungen lieb haben, und wenn ich auch noch hundert Jahre leben sollte.«
    Auf diese Art ward die gelehrte Debatte unterbrochen. Sie würde aber wahrscheinlicherweise sehr bald wieder angeknüpft worden sein, hätte nicht gleich darauf Herr Alwerth seine Kutsche vorrufen lassen und die beiden gelehrten Fechter mit sich genommen. So war der Ausgang des Abenteuers mit dem Vogel und der dadurch veranlaßte Dialog beschaffen, welchen wir unsern Lesern erzählen mußten; ob solcher

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