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Tom Ripley 01 - Der talentierte Mr Ripley

Tom Ripley 01 - Der talentierte Mr Ripley

Titel: Tom Ripley 01 - Der talentierte Mr Ripley Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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im Hinblick auf Dickie vor allem eine Sorge quälte: was ihm wohl zugestoßen sein mochte.
    Er verließ die erste Party mit drei Adressen von Häusern, die er sich ansehen konnte (eins davon war das, welches er dann genommen hatte), und mit Einladungen zu zwei weiteren Parties. Er ging zu der einen, deren Gastgeberin einen Titel hatte, zur Contessa Roberta (Titi) della Latta-Cacciaguerra. Ihm war nicht im geringsten nach Parties zumute. Es war, als sähe er die Leute durch einen Nebelschleier, und die Verständigung war schleppend und mühsam. Oft bat er darum, ihm eine Bemerkung zu wiederholen. Er langweilte sich entsetzlich. Aber er konnte sie gebrauchen, dachte er, um sich an ihnen zu üben. Die naiven Fragen, die sie ihm stellten (»Hat Dickie viel getrunken?« und »Aber er war doch in Marge verliebt, oder nicht?« und »Nun seien Sie mal ganz ehrlich, wohin, glauben Sie, ist er gegangen?«) waren eine gute Schule für das etwas genauere Verhör, dem Mr. Greenleaf ihn unterziehen würde, wenn sie sich trafen - falls sie sich überhaupt trafen. Langsam wurde es Tom unbehaglich, als nach Marges Brief etwa zehn Tage verstrichen waren und Mr. Greenleaf sich immer noch nicht schriftlich oder telephonisch aus Rom gemeldet hatte. In den gewissen Augenblicken der Angst war Tom davon überzeugt, die Polizei hätte Mr. Greenleaf mitgeteilt, daß sie mit Tom Ripley noch ein Spielchen vorhätte und daß er bitte nicht mit ihm reden sollte.
    Täglich stürzte er zum Briefkasten in der Hoffnung, einen Brief von Marge oder Mr. Greenleaf darin zu finden. Sein Haus war empfangsbereit für alle beide. Die Antworten auf ihre Fragen hatte er im Kopf parat. Es war wie das endlose Warten auf den Beginn einer Vorstellung, auf das Hochgehen eines Vorhangs. Ob Mr. Greenleaf ihm so sehr grollte (ganz zu schweigen davon, daß er ihn vielleicht sogar richtig in Verdacht hatte), daß er ihn gänzlich ignorieren würde? Marge bestärkte ihn vielleicht noch darin. Wie dem auch sei - er konnte nicht auf Reisen gehen, bevor nicht irgend etwas geschehen war. Tom sehnte sich danach, eine Reise zu machen, die berühmte Griechenlandreise. Er hatte bereits einen Reiseführer für Griechenland gekauft, und seine Route über die Inseln stand fest.
    Und dann, am Vormittag des vierten April, kam ein Anruf von Marge. Sie war in Venedig, am Bahnhof.
    »Ich komme und hole Sie ab!« sagte Tom aufgekratzt. »Ist Mr. Greenleaf auch da?«
    »Nein, er ist in Rom. Ich bin allein hier. Sie brauchen mich nicht abzuholen. Ich habe nur ganz kleines Gepäck.«
    »Unsinn!« rief Tom voller Tatendrang. »Allein werden Sie nie herfinden.«
    »O doch, ich finde es schon. Es liegt neben della Salute, nicht wahr? Ich nehme ein Motoscafo bis Sankt Markus, dann mit der Gondel hinüber.«
    Sie kannte sich aus, na gut. »Schön, wenn Sie unbedingt wollen.« Eben hatte er sich überlegt, daß er doch besser noch einen gründlichen Blick durch das Haus warf, ehe sie hier war. »Haben Sie zu Mittag gegessen?«
    »Nein.«
    »Gut! Wir werden zusammen essen. Nehmen Sie sich in acht auf dem Motoscafo!«
    Sie legten auf. Er schritt ruhig und bedächtig durch das Haus, in die beiden großen Zimmer oben, die Treppe hinunter und rund um das Wohnzimmer. Nichts, was Dickie gehörte, nirgends. Er hoffte, daß das Haus nicht allzu protzig wirkte. Er nahm eine silberne Zigarettendose, die er erst vorgestern gekauft und mit seinem Monogramm hatte gravieren lassen, vom Wohnzimmer und schob sie in die unterste Schublade einer Kommode im Eßzimmer.
    Anna war in der Küche und bereitete das Mittagessen.
    Annas Gesicht strahlte auf bei der Aussicht auf einen Gast. »Eine junge amerikanische Dame?«
    »Ja, eine alte Freundin. Wenn das Essen fertig ist, können Sie und Ugo für heute gehen. Wir werden uns selber bedienen.«
    »Va bene«, sagte Anna.
    Anna und Ugo kamen um zehn und blieben gewöhnlich bis zwei. Tom wünschte nicht, daß sie hier waren, wenn er sich mit Marge unterhielt. Sie verstanden etwas Englisch, nicht genug, um einer Unterhaltung wirklich folgen zu können, aber er wußte genau, alle beide würden angestrengt die Ohren spitzen, wenn er mit Marge über Dickie sprach, und das war ihm unangenehm.
    Tom machte eine Portion Martinis und arrangierte die Gläser und eine Platte mit Appetithäppchen auf einem Tablett im Wohnzimmer. Als er den Klopfer hörte, ging er an die Tür und riß sie auf.
    »Marge! Schön, daß Sie da sind! Kommen Sie herein!« Er nahm ihr den Koffer ab.
    »Wie

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