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Tom Ripley 01 - Der talentierte Mr Ripley

Tom Ripley 01 - Der talentierte Mr Ripley

Titel: Tom Ripley 01 - Der talentierte Mr Ripley Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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keinen Wert mehr darauf, mich wiederzusehen. Grüße bitte Giorgio und Frau, Fausto, wenn er noch da ist, und Pietro unten am Hafen . . .«
    Der Brief klang zerstreut und leicht bekümmert, wie alle Briefe von Dickie, es war ein Brief, den man weder herzlich noch kühl nennen konnte, der im Grunde völlig nichtssagend war.
    In Wirklichkeit hatte Tom bereits eine Wohnung gefunden, in einem großen Mietshaus in der Via Imperiale, und er hatte einen Mietvertrag für ein Jahr abgeschlossen, obwohl er nicht die Absicht hatte, sehr viel in Rom zu sein, erst recht nicht im Winter. Er wünschte sich ganz einfach ein Zuhause, eigene vier Wände irgendwo, all die Jahre hatte er so etwas nicht gekannt. Und Rom war schick. Rom war Bestandteil seines neuen Lebens. Er wollte in Mallorca oder Athen oder Kairo, oder wo immer er auch war, sagen können: »Ja, ich lebe in Rom. Ich halte mir dort ein Appartement.« Im Sprachgebrauch der Kosmopoliten »hielt« man sich ein Appartement. In Europa hielt man sich ein Appartement, so wie man sich in Amerika eine Garage hielt. Tom wünschte auch, daß sein Appartement elegant war, obwohl er sich vorgenommen hatte, so wenige Leute wie nur möglich zu sich einzuladen, und die Vorstellung, dort Telephon zu haben, schreckte ihn, selbst wenn es nicht ins Telephonbuch eingetragen wurde, aber am Ende entschied er doch, daß ein Telephon mehr Sicherheitsvorkehrung als Gefahr bedeutete, also ließ er sich eins legen. Die Wohnung bestand aus einem großen Wohnzimmer, einem Schlafzimmer, einer Art Klubzimmer, Küche und Bad. Sie war etwas prunkvoll eingerichtet, aber das paßte zu der respektablen Nachbarschaft und zu dem respektablen Leben, das er zu führen gedachte. Die Miete betrug den Gegenwert von monatlich hundertfünfundsiebzig Dollar im Winter, Heizung inbegriffen, und im Sommer hundertfünfundzwanzig Dollar.
    Marge schickte eine überschwengliche Antwort, gerade habe sie die herrliche seidene Bluse aus Paris bekommen, die sie überhaupt nicht erwartet hätte, und sie passe wie angegossen. Sie schrieb, daß Fausto und die Cecchis zum Weihnachtdiner bei ihr gewesen seien und daß der Puter himmlisch war, mit Maronen und Soße und Plumpudding und bla-bla-bla und allem bis auf ihn. Und was er denn so machte und dachte? Und ob er nun glücklicher sei? Und daß Fausto ihn besuchen würde auf seinem Wege nach Mailand hinauf, falls er in den nächsten Tagen seine Adresse mitteilte, wenn nicht, sollte er doch für Fausto eine Nachricht beim American Expreß hinterlassen, wo Fausto ihn finden könnte.
    Tom vermutete, ihre Fröhlichkeit hinge wohl damit zusammen, daß sie Tom jetzt auf der Reise von Paris nach Amerika wähnte. Zusammen mit dem Brief von Marge kam einer von Signor Pucci an, er schrieb, er hätte bereits drei Möbelstücke für zusammen hundertfünfzigtausend Lire nach Neapel verkauft, und auch für das Boot habe er einen Interessenten, einen gewissen Anastasio Martine aus Mongibello, der zugesagt hätte, die erste Rate innerhalb einer Woche zu zahlen, das Haus allerdings sei nicht so schnell an den Mann zu bringen, sondern wohl erst im Sommer, wenn sich nach und nach die Amerikaner wieder einstellten. Abzüglich der fünfzehn Prozent für Signor Pucci betrug der Erlös aus dem Möbelverkauf zweihundertzehn Dollar, und Tom feierte diesen Tag, indem er in einen römischen Nachtclub ging und ein lukullisches Mahl bestellte, das er bei Kerzenlicht an einem Zweiertischchen in einsamer Eleganz verspeiste. Es machte ihm nicht das geringste aus, allein zu essen, allein ins Theater zu gehen. Es bot ihm Gelegenheit, sich darauf zu konzentrieren, daß er Dickie Greenleaf war. Er brach sein Brot wie Dickie, schob mit der Linken seine Gabel in den Mund wie Dickie, blickte in so tiefer, gütiger Entrückung über die Tische und die tanzenden Paare hinweg, daß der Ober ihn mehrmals ansprechen mußte, ehe es ihm gelang, Toms Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Von einem Tisch her winkten Leute ihm zu, und Tom erkannte eins der amerikanischen Ehepaare, die er auf der Weihnachtsgesellschaft in Paris kennengelernt hatte. Er winkte einen Gruß hinüber. Er wußte sogar noch, wie sie hießen, Souders. Während des ganzen Abends schenkte er ihnen keinen Blick mehr, aber sie gingen früher als er und blieben an seinem Tisch stehen, um guten Abend zu sagen.
    »Ganz allein?« fragte der Mann. Er sah aus, als wäre er ein bißchen beschwipst.
    »Ja. Ich habe hier eine jährliche Verabredung mit mir selber«,

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