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Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns

Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns

Titel: Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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sie klatschte. Der Conférencier trat wieder auf die Bühne, um den nächsten Künstler anzukündigen. Er sagte, anschließend gebe es eine Pause. Sie fragte sich, ob sie am Ende der Veranstaltung zum Essen gehen würden; es gab eine Menge guter Restaurants, die zu Fuß leicht zu erreichen waren. Anschließend würden sie noch eine Weile in seinem Wagen sitzen können, bevor er sie nach Hause fuhr.
    Als Nächstes trat eine Frau auf. Sie war zurückhaltender und gab zum Auftakt ein wirklich lustiges Lied zum Besten – über Männer, die im Bett ziemlich beschissen waren.
    Rachel nahm einen Schluck von ihrem großen Bier und lächelte zu ihm hinüber. Ihr war leicht schwindlig. Er lächelte zurück und drückte ihre Hand. Als er sie wieder losließ, schob sie ihren Arm zwischen seinen Rücken und die Stuhllehne.
    Sie konnte sich nicht erinnern, jemals so glücklich gewesen zu sein.
    Sie legte ihre Hand auf seine Taille … das Publikum lachte … er hatte ein wirklich hübsches Leinenhemd an, das er über der Hose trug … das Publikum stöhnte bei einer kitschigen Zeile … er trug immer tolle Kleidung … die Frau auf der Bühne begann mit einem neuen Lied … Rachel wollte seine Haut berühren … ein Betrunkener auf der anderen Seite des Zuschauerraums begann zu johlen und zu klatschen … sie bewegte ihre Hand unter seinem Hemd, und ihre Finger wanderten nach vorne, um seinen Bauch zu streicheln …
    Dann schrie er auf.
    In diesem Bruchteil einer Sekunde, in der alles umfiel, während er aufsprang, ihr Bier auf ihrem Schoß landete und die Frau auf der Bühne auf sie zeigte, schien es Rachel, als hätte er geschrien. Mein Gott, das hatte er tatsächlich. Er hatte gebrüllt. Als hätte er sich verbrüht.
    Sein Gesicht war zu einer Maske erstarrt. Sie wollte ihn am Arm packen, doch er nannte sie eine dumme kleine Nutte und griff nach seinem Mantel. Dann war er weg, schob sich zwischen den Tischen hindurch und warf leere Stühle um.
    Die Frau auf der Bühne lachte und sagte etwas zu ihm, während er hinausging. Er drehte sich um und rief, sie solle ihn am Arsch lecken. Das Publikum buhte, und er sah die Leute an, als wollte er ihnen etwas antun.
    Er raste zur Tür hinaus. Rachel spürte, wie das Bier durch ihren dünnen Rock sickerte. Die Blicke des Publikums brannten sich in sie hinein. Die Tür knallte zu, und die Frau auf der Bühne beugte sich zu ihrem Mikrofon vor und schirmte die Augen mit der Hand ab, um durch das Licht hindurch dorthin zu schauen, wo Rachel saß.
    »Kleiner Ehekrach, Herzchen?«
    Ein paar Leute im Publikum lachten. Rachel fing an zu weinen.
     
    Holland hörte sich die Zusammenfassung der Sportnachrichten in Radio 5 Live zum dritten Mal in ebenso vielen Stunden an, als Scheinwerferlichter über seinen Rückspiegel huschten. Als er sich umdrehte, sah er, dass Jeremy Bishop vor seinem Haus vorfuhr.
    Thorne hatte etwa um sechs Uhr angerufen, worüber Sophie nicht sonderlich erfreut gewesen war. Sie hatte sofort gewusst, dass es Thorne war. Sie hatte sofort alles gewusst. Sie wäre ohnehin schon stocksauer gewesen, dass er noch einmal wegmusste, aber Thorne war ihrer Meinung nach gleichbedeutend damit, dass seine Aussichten für die Zukunft bei der Polizei nicht rosig sein würden. Eine Zukunft, vor der er um jeden Preis wegrennen sollte. Eine Zukunft ohne Beförderung, ohne Stabilität, ohne Sicherheit.
    Und als Folge davon auch ohne sie.
    Er konnte nicht mit ihr darüber streiten. Alles, was sie sagte, machte Sinn. Aber es waren Worte aus dem Grab. Die Worte seines Vaters. Sophie sprach die Gefühle eines Mannes aus, den er geliebt, aber nie bewundert hatte.
    Es war schwer, Tom Thorne nicht zu bewundern.
    Er konnte mit Sophie nicht streiten, und deshalb verließ er schweigend das Haus und führte den Streit mit ihr in Gedanken fort, während er nach Battersea fuhr und im Wagen wartete. In Wahrheit stritt er auch mit sich selbst.
    Selbstverständlich klammerte sich Thorne an Strohhalme. Jeremy Bishop, der, wie Holland wusste, zur fraglichen Zeit im Royal London Hospital gearbeitet hatte, hatte in Maggie Byrnes Schlafzimmer einen Ring verloren, als er sie umgebracht hatte. Genau. Nüchtern betrachtet entsprach dies den Wahnvorstellungen eines Mannes, von dem viele Kollegen dachten, er sei bereits jenseits von Gut und Böse. Aber in Thornes Stimme hatte etwas mitgeklungen. Ja, vielleicht Verzweiflung, aber es war mehr. Eine Erregung, eine Begeisterung, eine Leidenschaft, die Holland beinahe

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