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Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns

Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns

Titel: Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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geschlagen wurde.
    »Ich denke, es ist nichts Wichtiges, Tom, aber …«
    Als Thorne ein paar Minuten später wieder ins Schlafzimmer kam, wusste Anne sofort, dass etwas vorgefallen war. Er versuchte, ungezwungen zu klingen, und fragte, ob sie Tee wolle.
    Sie stand auf und begann sich anzuziehen.
    Was genau passiert war, war unwichtig. Sie wusste, dass der Gedanke an Mord und Verdächtigungen ins Zimmer zurückgekehrt war, und sie musste gehen. Unbeholfen und verlegen schlichen sie umeinander herum, und nur eine halbe Sekunde verharrten sie, als sich ihre Blicke im langen Garderobenspiegel begegneten. Thorne bemerkte etwas wie einen Vorwurf und hasste sich selbst für seinen Wunsch, dass sie gehen sollte, damit er Dave Holland anrufen konnte.
    Sie sah die Erregung in ihm, als stünde er unter Hochspannung.
    Sie sah das Gesicht von Jeremy Bishop und die dunkle Traurigkeit, die sich um seine Augen gelegt hatte, als er ihr zuflüsterte:
    »Menschen haben ihre Geheimnisse, Anne.«
     
    Sie saßen weiter hinten im Raum, dort, wo es ziemlich dunkel war. Er hatte sie zu diesem Tisch statt zu den freien Plätzen nahe der Bühne geführt. Es war vermutlich eine gute Idee, weil sie unsichtbar bleiben wollten und sie noch minderjährig war.
    Rachel blickte sich um. Sie war nicht die Einzige.
    Beim Einlass hatte sie überhaupt keine Probleme gehabt. Der Club war nur schwach beleuchtet, und die Frau an der Tür hatte kaum von ihrer Kasse aufgeblickt, als die beiden eingetreten waren. Rachel hatte viel Zeit für ihr Make-up verwendet. Sie hatte sich sogar ins Licht des Barbereichs gestellt, um die Getränke zu holen, und sich in dem großen Spiegel an der Wand betrachtet. Sie sah leicht wie achtzehn aus. Vielleicht sogar wie zwanzig.
    Dieser kleine Comedy-Club unterhalb eines Pubs in Crouch End war, wie er ihr gesagt hatte, eines seiner Lieblingslokale. Das Publikum war bunt gemischt. Niemand kümmerte sich darum, wie der andere aussah oder wie alt man war. Es war nichts wirklich Großartiges, aber man sah einige von den Interpreten, die sonst im West End auftraten, ohne dass man sich die Mühe des weiten Weges machen musste.
    Rachel hatte auf Anhieb gefallen, was er ihr darüber erzählt hatte, und ihn gefragt, ob er mit ihr dorthin gehen würde. Er hatte ihr von einem anderen Abend im gleichen Club erzählt, als in einer Art Probier-Show nur Amateure aufgetreten waren. Zu diesen Veranstaltungen ging er, so oft er konnte, wenn er nicht arbeitete. Etwa ein Dutzend traten voller Hoffnung auf und bestritten jeweils ein paar Minuten. Keiner von ihnen war gut, und für die meisten hatte es eher therapeutischen Charakter, doch es war fesselnd, sie zu beobachten. Wie bei einem Autounfall. Sie kämpfen zu sehen, zu sehen, wie sie »starben«, sei ein wunderbares Erlebnis, versicherte er ihr.
    Der Komödiant auf der winzigen Bühne war ein feixender Schotte mit rotem Haar und in grellem Anzug. Er schrie herum, fluchte zu viel und redete sehr anschaulich über Sex. Rachel saß mit rotem Kopf in der Dunkelheit und spähte zu dem Mann neben sich hinüber, sodass sie lachen konnte, wenn er lachte. Sie wollte nicht zu jung oder dumm oder naiv wirken.
    Er hatte seinen Spaß, wie sie bemerkte. Er war ein bisschen angespannt gewesen, als er sie vor dem Green Man aufgegabelt hatte, doch nun wirkte er locker. Sie beobachtete ihn viel intensiver als diejenigen, die auf der Bühne standen. Er blickte versunken auf den Komiker oder sah sich das Publikum an. Er war ein guter Beobachter, kritisch und unbarmherzig. Das gefiel ihr an ihm. Wie er jeden Moment vollständig auskostete, alles in sich aufnahm und genoss! Ihr gefiel seine Intensität, seine Kompromisslosigkeit.
    Der Komiker machte Witze über seine Eltern, und Rachel dachte über ihre Mutter nach. Anne war in merkwürdiger Stimmung gewesen, als sie nach Hause gekommen war – direkt aus der Wohnung des Polizisten, wie Rachel vermutete. Ganz eindeutig war er es gewesen, der am Vormittag angerufen hatte. Wahrscheinlich hatten es die beiden den ganzen Tag über miteinander getrieben.
    Sie dachte ziemlich häufig darüber nach, wie Thorne ihre Mutter bumste.
    Sie dachte ziemlich häufig ans Bumsen.
    Es war so etwas wie schlechte Stimmung aufgekommen, als sie gesagt hatte, sie werde am Abend ausgehen, doch ihre Mutter war kaum in der Position gewesen, etwas dagegen einzuwenden, nachdem sie am Vormittag alle Pläne über den Haufen geworfen hatte.
    Um sie herum applaudierte das Publikum, sodass auch

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