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Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns

Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns

Titel: Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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unterdrücken, überredete er seine Knie, noch weitere fünfzehn beinahe unerträgliche Zentimeter zurückzulegen, die ihn vom Telefon trennten.

 
    Teil zwei
    Das Spiel

 
    Seit ein paar Tagen habe ich nicht mehr mit Anne gesprochen. Nicht wirklich gesprochen, meine ich. Aber ich muss die Sache klarstellen. Vielleicht hört es sich so an, als würden wir die ganze Zeit nur rumalbern, tratschen und Witze reißen. Nein, so ist es nicht. Im Grunde genommen kotzt sie sich aus, und ich blinzle hin und wieder. Na ja, das darf man nicht falsch verstehen: Ich blinzle zwar wie eine Wahnsinnige, aber ich glaube nicht, dass es schon für eine Talkshow reicht.
    Wahrscheinlich verbringt sie jede freie Minute damit, es sich von ihrem gezähmten Bullen und seinem treuen Schlagstock besorgen zu lassen. Es gibt so viele Witze, die ich erzählen könnte, zum Beispiel, warum Polizisten keinen Kleiderhaken für ihre Helme brauchen. Aber dazu bin ich viel zu anständig. Mein Kopf ist voller abgedroschener Witze, aber was habe ich hier sonst auch zu tun! Ich habe verdammt viel Zeit.
    Ich kann mich noch nicht einmal selbst umbringen. Ein Witz!
    Ich hoffe, sie hat ihren Glauben an mich nicht verloren. Anne, meine ich. Ich bin nicht gerade ein Anlass dafür, dass Ärzte über medizinische Wunder reden. Das weiß ich. Es gibt Tage, an denen spüre ich so ein Kribbeln, und ich denke, sobald es aufhört, kann ich aufstehen, mich anziehen und Tim anrufen gehen.
    Und dann gibt es da noch die anderen Tage.
    Früher habe ich oft im Bett gelegen und angestrengt versucht, an eine neue Farbe zu denken. Eine, die es nicht gibt. Oder an einen völlig neuen Ton, von dem man noch nie zuvor gehört hat. Ich denke, ich habe einmal in einem bescheuerten Frauenmagazin etwas über innere Ruhe und den ganzen Quatsch gelesen. Das ist echt verrückt. Nach einer Weile wird einem schwindlig, und dann fühlt man sich ein bisschen high. So fühle ich mich jetzt ziemlich oft. Oder ich habe eine Ewigkeit an die Decke gestarrt und versucht, mich davon zu überzeugen, dass es der Boden ist. Wenn man sich ganz fest konzentriert, schafft man es, und man muss sich seitlich am Bett festhalten, damit man nicht rausfällt. Das ist wie hier drin, nur dass ich es hier die ganze Zeit habe. Und ich kann mich nicht an dem dämlichen Bett festhalten!
    Ich falle …

Sieben
    Später würde Thorne die leichte Körperverletzung als den harmlosesten Fall einstufen, der sich während der Ermittlungen in der Sonderkommission Backhand ereignet hatte und bei der er das Opfer war. Sein Leben wurde nicht durch den Druck eines geübten Fingers ausgelöscht oder durch die feinfühlige, aber gefährliche Berührung einer Hand an seinem Hals in die Warteschleife versetzt. Er hatte nicht schluchzen müssen, wenn das Tuch hochgehoben und das ausdruckslose Gesicht einer Freundin, Ehefrau oder Tochter enthüllt wurde.
    Er sah, wie sie beerdigt wurden, aber sie waren nicht mit ihm verwandt.
    Dennoch erlitt er … Verluste. Er konnte nur zuschauen, wie einer nach dem anderen dahinschwand. Dieser Prozess, die Phase, in der ihm die Menschen um ihn herum abhanden kamen, war eine lange, schmerzvolle Reise für alle Beteiligten, doch es kam der Moment, in dem Thorne die Augen öffnete und David Holland neben seinem Bett erblickte, der das For Hirn Magazine las. Das Erste, was sein Gehirn seinem Mund befahl, war zu fluchen, doch er brachte nur einen Würgelaut und ein halbherziges Schmatzen heraus. Er schloss seine Augen in der Absicht, es in einer Minute erneut zu versuchen.
    Holland war in seine Zeitschrift vertieft. Die Frau, um die es ging, eine Quiz-Show-Moderatorin, sah toll aus. Holland war beeindruckt von Aussagen wie »Der Hauptgrund für meine Brustimplantate war, dass ich größere Titten wollte«. Er fragte sich, wie Sophie mit größeren Titten aussehen würde. Innerlich zuckte er zusammen bei dem Gedanken an die Schimpftirade, die sich über ihn ergießen würde, sollte er das Thema jemals ansprechen.
    Als er ein Geräusch hörte, blickte er über den Rand der Zeitschrift. Das Stehaufmännchen war wach und versuchte, etwas zu sagen.
    »Möchten Sie etwas Wasser, oder …?« Holland griff zum Krug auf dem Nachttisch, doch Thorne schloss bereits wieder die Augen.
    Holland legte das Magazin zur Seite und holte aus einer Plastiktüte neben seinem Stuhl einen CD-Walkman heraus. Er legte ihn, weil er keinen anderen Platz fand, auf die Kante von Thornes Bett.
    »Den habe ich Ihnen von zu Hause

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