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Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns

Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns

Titel: Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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half auch nichts, dass sie das ganze Krankenhaus zusammen schrie, aber dieser riesige Klumpen Schleim spritzte direkt auf ihre Stirn.
    Ich hoffe, sie hält jetzt ein bisschen Abstand. Oder hält sich einfach nur an meinen Hintern. Zumindest weiß sie, was sie da erwartet! Los, wie wär’s mit einer Nagelpolitur?
    Das Blinzeln macht Fortschritte. Ein Problem ist, dass ich manchmal die Dinge durcheinander bringe, indem ich blinzle, nur weil mein Gehirn denkt, dass es höchste Zeit wird. Das ist natürlich nicht gerade hilfreich. Ich kann so schön buchstabieren, bis ich plötzlich und ohne Grund ein X oder ein J dazumache. Als würde man mitten in einem Gespräch »Scheiße« schreien.
    Es ist wie Newcastle am Samstagabend.

Zwölf
    Rachel saß in ihrem Zimmer am Schreibtisch und konnte sich nicht auf das Chemiebuch konzentrieren, das vor ihr lag. Sie wusste, dass dies damit zu tun hatte, dass sie sich auf ihn eingelassen hatte. Höhen und Tiefen. Sie war bereits in der fünften Klasse sechs Monate lang mit einem Jungen befreundet gewesen und erinnerte sich immer noch an den dumpfen Schmerz, den sie empfunden hatte, weil das Telefon nicht geklingelt hatte oder keine Nachricht für sie hinterlassen wurde. Das hier allerdings war viel schlimmer.
    Jetzt, in der sechsten Klasse, hatte sie ihren eigenen Schrank im Gemeinschaftsraum, und sie musste den Trieb unterdrücken, alle fünf Minuten hinzurennen und auf ihr Mobiltelefon zu schauen, ob er angerufen hatte. Bis zum Ende des Tages gab es immer mindestens eine Textnachricht. Sie speicherte alle und las sie regelmäßig. Eine Sprachnachricht war allerdings besser. Seine Stimme mochte sie schließlich ganz besonders.
    Sie ging zum Bett, ließ sich hineinfallen und griff zum Telefon. Noch einmal hörte sie sich die Nachricht an und genoss den Schmerz.
    Es war, als würde sie auf einem Geschwür im Mund kauen.
    Er war nicht sicher, ob er es am Abend schaffen würde. Vielleicht ja, aber er wollte sie nicht in letzter Minute enttäuschen. Es tat ihm Leid. Es war was wegen der Arbeit, wo er nicht wegkonnte. Sie sollten die Verabredung lieber streichen. Er würde morgen wieder anrufen.
    Wie immer wurde ihr die Möglichkeit angeboten, die Nachricht zu löschen. Sie speicherte sie, obwohl sie ohnehin schon gespeichert war – in ihrem Kopf. Sie lag da, nahm jeden Satz auseinander und analysierte alle Nuancen. Hatte er distanziert geklungen? War dies der Anfang, sie langsam fallen zu lassen? Er würde morgen anrufen, hatte er gesagt, nicht später an diesem Abend. Sie hatte Lust, ihn anzurufen, wusste aber, dass sie es nicht tun würde. Der Gedanke, sich wie ein Klammeraffe zu verhalten, war ihr unangenehm.
    Sie hatte starkes Verlangen nach einer Zigarette, konnte es aber nicht riskieren. Am Abend zuvor hatte sie ein paar im Garten geraucht, als ihre Mutter aus gewesen war, um mit dem Polizisten zu bumsen. Manchmal stieg sie auf den Schreibtisch und öffnete ein Fenster, um den Rauch hinauszublasen, aber ihre Mutter könnte jederzeit ins Bett gehen und es riechen. Ihre Mutter, die selber rauchte, aber sagte, ihre Tochter dürfe es nicht. Verdammt gerecht, oder?
    Sie würde morgen mit ihm reden. Alles würde in Ordnung kommen, und sie würde sich wie ein dummes kleines Mädchen fühlen.
    Aber sie war kein dummes kleines Mädchen mehr. Deshalb wollte er sie.
     
    Die Teppichfasern, die Thorne aus dem Innern von Bishops Kofferraum gekratzt hatte, befanden sich in einem kleinen Plastikbeutel. Er konnte sie nicht selbst ins Gerichtslabor bringen und hatte das Gefühl, dass es zu heikel war, Holland darum zu bitten. Doch es gab jemand anderen, den er fragen konnte.
    Als die Plastiktüte auf den Billardtisch fiel, wandte Hendricks seinen Blick keinen Millimeter ab, während er sich auf den Stoß vorbereitete und den Queue seitlich an seinem Kinn vor- und zurückgleiten ließ. Völlig unerwartet schoss er die schwarze Kugel ins Loch und stellte sich aufrecht hin. »Und noch einen Fünfer, bitte. Woher hast du die?«
    Thorne reichte ihm das Geld und legte seinen Queue auf den Tisch. »Was denkst du, woher ich sie habe?«
    »Gut, Schlaumeier, wie hast du sie gekriegt?«
    »Je weniger ich dir erzähle, desto geringer ist die Chance, dass du dein großes Manchester-Maul aufmachst.«
    »Ich habe noch nicht gesagt, dass ich es tue, und du bittest mich auch nicht besonders nett.«
    Thorne wusste, dass Hendricks es tun würde, hatte aber trotzdem ein schlechtes Gewissen, dass er ihn gefragt hatte.

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