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Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns

Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns

Titel: Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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gestoßen, während er seine Dienstmarke aus der Innentasche seiner Lederjacke gefischt und ihm vors Gesicht gehalten hatte. »Rate mal, was mein Job ist.«
    Jetzt, wieder zu Hause, öffnete er die erste Dose Billigbier und fragte sich, was hätte passieren können, wenn er nicht zufällig mit seiner Dienstmarke in der Tasche dort gewesen wäre und seine angestauten Aggressionen hätte loswerden müssen.
    Wenn einer von den beiden ein Messer dabeigehabt hätte.
    Dies waren die typischen Morde. Gewöhnliche Morde, einfach, banal und verständlich. Gründe, warum Menschen starben, waren Wut, Frustration oder einfach Platzmangel. Sie starben wegen einer dummen Bemerkung oder wegen ein bisschen Kleingeld.
    Ehefrauen und Ehemänner töteten mit Hämmern, Messern und Fäusten; Drogenhändler umklammerten ihre Waffe so selbstverständlich wie andere einen Kamm.
    Thorne verstand sie, diese Todesfälle. Jeder einzelne von ihnen war auf seine eigene seltsame Weise nachvollziehbar.
    Aber nicht sein Fall. Nicht Töten als Nebeneffekt. Leichen als Nebenprodukt eines verdammten Wahnsinns.
    Er leerte sein Bier, zog sich die Jacke über und stand eine Dreiviertelstunde später auf einer Straße in Battersea, wo er in einem erleuchteten Fenster im zweiten Stock die Umrisse einer Gestalt beobachtete.
    Fast eine Stunde stand er dort, verschmolz bei jeder eingebildeten oder wirklichen Bewegung des Vorhangs wieder mit den Schatten. Dann trat er rasch in die anonyme Dunkelheit, als Jeremy Bishop die Vorhänge aufriss und auf die Straße hinunterblickte.
    Bishop starrte angestrengt zu Thorne hinunter, oder vielmehr zu der Stelle, wo Thorne war. Wahrscheinlich sah er nur die Umrisse, mehr nicht. Thorne spürte einen eisigen Schauer, als sich Bishops Gesichtsausdruck plötzlich veränderte.
    Bei der Entfernung war er sich nicht sicher.
    Er könnte eine Grimasse gewesen sein.
    Aber auch ein Lächeln.

 
    Ich weiß, dass ich einmal Witze über das Gesundheitssystem gemacht habe. Ich habe mich wahnsinnig aufgeregt über die Schultafel, die sie mir vor die Nase gestellt haben, und an das teure Zeug gedacht, das man in Amerika hat.
    Aber jetzt?
    Anne erzählt mir schon eine ganze Weile, dass sie und der Beschäftigungstherapeut ein paar Geräte zusammenbasteln wollen, damit ich lesen und fernsehen kann. Offenbar reißt man deswegen Witze über mich, und das umso mehr, seit ich wieder an dieser verdammten Beatmungsmaschine hänge. Wenn eine Maschine die Atmung übernimmt, kann das Leben sooo langweilig sein! Aber ich wusste nicht, dass sie das mit dem »Zusammenbasteln« wörtlich meinen.
    Sie haben einen drehbaren Gelenkarm in die Decke geschraubt und den Fernseher drangehängt, sodass ich jetzt nach oben zum Bildschirm schaue. Prima. In jedem x-beliebigen Kuhdorf in Amerika würde ich die Lautstärke ändern oder, was noch wichtiger ist, den Sender mit einem Augenblinzeln wechseln können. Hier, im guten alten London mit dem guten alten staatlichen Gesundheitswesen, scheinen diese kleinen Dinge übersehen zu werden. Also muss ich warten, bis eine Krankenschwester aufkreuzt, und dann zeige ich ihr mit meinem Blinzeln, dass sie weiterschalten soll. Genau das tut sie – und wackelt wieder von dannen. Lässt mich mit einer Verkaufs- oder einer schwachsinnigen Kochsendung allein, bis sie zwanzig Minuten später wieder ihren Kopf um die Ecke schiebt und ich mir die Augen aus dem Kopf blinzle, damit sie mir das Fußballprogramm einschaltet.
    Ich will ja nicht undankbar klingen, aber eigentlich ist das der Himmel im Vergleich zu meiner Lesevorrichtung.
    Grundlage ist ein Notenständer, glaube ich, obwohl auch ein Stück eines Kleiderbügels mit verwurstelt wurde. Gut, ich übertreibe, aber nicht sehr. Ich werde aufgerichtet, und dieses Metallding wird über meinen Titten befestigt. Mit kleinen Klammern wird das Buch oder die Zeitschrift meiner Wahl festgehalten. Theoretisch ganz gut. Ich bin kaum in der Lage, große Ansprüche zu stellen, was die Bücher angeht. Ich zermartere mir das Gehirn, damit mir Bücher mit wirklich kurzen Titeln einfallen, die ich gerne lesen würde. Das Gleiche mit Zeitschriften, obwohl ich mit OK und Hallo ! mehr oder weniger gut versorgt bin. Die nehmen meine Augenlider nicht zu sehr in Anspruch. Das Problem ist aber das Gleiche wie beim Fernseher. Ich bin zwar nicht gerade das Superhirn von Großbritannien, aber selbst ich kann eine x-beliebige Seite in zwanzig Minuten beziehungsweise in der Zeit lesen, bis die Schwester

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