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Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns

Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns

Titel: Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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geben sollte. War dies ein Gebiet, auf dem sie sich so sicher fühlte, dass sie Fremde daran teilhaben lassen konnte? Vielleicht war es Hollands Lächeln, das sie überzeugte.
    »Unsere Familie steht sich nicht sehr nahe. Das meiste müssen Sie doch schon wissen.«
    Sie blickten Rebecca an, als wäre dem ganz und gar nicht so.
    »James und ich sind nicht die besten Freunde, nein. Auch mein Vater und ich kommen nicht gut aus, wenn Sie das wissen wollen, aber das heißt noch nicht, dass ich will, dass er sich aufregt.«
    Holland nickte verständnisvoll. »Natürlich nicht.«
    Sie sprach langsam weiter, aber man spürte, dass sie Lust am Reden hatte. »James und mein Vater glauben ganz gerne, dass sie sich nahe stehen, aber in Wirklichkeit lehnen sie sich gegenseitig ab. Vor ein paar Jahren hatten sie sich ein bisschen gestritten, als James etwas aus der Bahn geraten war, aber jetzt sieht er unseren Vater als besseren Bankdirektor, der großzügig Autos verteilt und Mietkautionen hinterlegt, sodass der gute alte James alles vermasseln kann, was er in die Hände bekommt, ohne sich deswegen wirklich Sorgen machen zu müssen.«
    »Ich bin sicher, dass er sich deswegen Sorgen macht«, erklärte Thorne unschuldig.
    »O ja, Sie hatten ja schon das Vergnügen, ich vergaß. Mein Gott, ich muss mich ja ganz schön verbittert anhören …« Ihr Versuch zu lachen blieb ihr im Hals stecken.
    Thornes Stimme war vollkommen ruhig. »Und wie fühlt sich Ihr Vater?«
    »Schuldig.« Eine instinktive Antwort.
    Thorne zwang sein Gesicht dazu, nichts zu zeigen. Er wollte, dass sie weitersprach.
    »Schuldig, weil meine Mutter voll gepumpt mit Beruhigungsmitteln und er zu besoffen zum Fahren war. Schuldig vor allem deshalb, weil er sie auf die verdammten Beruhigungsmittel gesetzt hatte. Schuldig, weil er bei beiden Kindern versagt hat. Schuldig, weil nicht er, sondern sie starb. Wir tragen eine große Schuld mit uns rum, wir Bishops. Aber Jeremy ist Spitzenreiter.«
    Beruhigungsmittel. Das machte Sinn. War das, was das Midazolam mit seinen Opfern in wenigen Minuten tat, das, was die Beruhigungsmittel mit seiner Frau über einige Jahre hinweg getan hatten? War das Ganze, so prosaisch es auch klang, als Rache gedacht? Nein, nicht direkt als Rache, sondern … Thorne war sich nicht sicher.
    Fast im gleichen Augenblick, in dem er den Gedanken gehabt hatte, wusste er, dass es zu simpel und auf seltsame Weise auch zu poetisch war. Die Antwort auf diesen Fall würde nicht in alltäglichen Motiven liegen, die sich hinter einer Glückskeks-Psychologie versteckten.
    Doch langsam begann er, sich in Jeremy Bishop hineinzudenken.
    Thorne blickte zu Bishops Tochter hinüber. Sie wirkte erschöpft. Sie hatte etwas angesprochen, worüber sie schon seit einer Weile nicht mehr geredet hatte. So jedenfalls kam es Thorne vor. Sie sprach, als ob er und Holland nicht anwesend wären. Er musste sie vorsichtig daran erinnern, dass dies sehr wohl der Fall war.
    »Und was ist mit Ihnen, Rebecca? Worin besteht Ihre Schuld?«
    Sie schaute Thorne an, als wäre er wahnsinnig. War das nicht offensichtlich? »Dass ich nicht im Wagen saß.«
     
    Während Tom Thorne seine Fragen an Rebecca Bishop richtete, speiste ihr Vater hundertfünfzig Kilometer entfernt mit Anne Coburn.
    Er hatte am Abend zuvor angerufen. In der Hoffnung, dass es Thorne war, hatte Anne zum Telefon gegriffen und war mehr als nur ein bisschen verwirrt gewesen, als sie Jeremys Stimme hörte. Sie hatten sich verabredet. Ein Pasta-Restaurant in Clerkenwell, mehr oder weniger in der Mitte zwischen dem Queen Square und dem Royal London.
    Die Umarmung war vielleicht ein wenig gezwungen, doch der Wein sorgte bald für die nötige Entspannung, und das Gespräch verlief mühelos. Sie sprachen über die Arbeit. Stressig – schwer, nach Hause zu gehen und sich zu entspannen. Ermüdend – wann war es je anders gewesen? Sie war enttäuscht und verärgert über Alisons Rückschlag; er hatte Mitleid.
    Sie sprachen über die Kinder. Erwartete sie zu viel von Rachel? Drängte sie zu sehr? Er sagte ihr, sie solle es sich nicht zu schwer machen. Er hatte von Rebecca und James immer das Beste erwartet und fast mit Sicherheit zu sehr gedrängt. Er war stolz auf Rebecca, und vielleicht würde auch James sein Leben bald auf die Reihe kriegen.
    Sie sagte, er solle auf beide stolz sein.
    Dann Stille, die genau im richtigen Maße unangenehm war, als Bishop sie brach. »Hast du deswegen nicht angerufen, weil dein Freund gesagt

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