Tom Thorne 02 - Die Tränen des Mörders
Kollegen haben Sie bereits vor den Kopf gestoßen, und jetzt geben Sie sich alle Mühe, uns Übrigen auch noch einen vor den Latz zu knallen.«
Thorne trug den Stapel Unterlagen zum Fenster und tat so, als lese er sie. Er war sich nicht sicher, was Norman hier suchte und warum er so übel drauf war, aber er wünschte sich wirklich, er möge gehen. Zudem erschien es ihm keine schlechte Idee, wenn er, so er denn ginge, dies mit einer heilen Nase und einem vollständigen Satz Zähne im Mund täte.
Er legte den Stapel auf dem Fensterbrett ab, wandte sich zu ihm um und gab sich Mühe, müde und nicht wütend auszusehen. »Was ist Ihr Problem, Norman?«
»Ich habe kein Problem. Ich wollte nur, dass Ihnen klar ist, für welchen Stress Sie gesorgt haben. Wir haben uns den Arsch aufgerissen, mit der Presse geturtelt, uns an die Journalisten rangeschmissen …«
»Muss ja entsetzlich gewesen sein. Sich ständig einen auf Spesen hinter die Binde zu kippen …«
Norman gab den Verwirrten. »Entschuldigung, haben Sie vergessen, wessen Idee das war? Eine Idee, die, nur um das festzuhalten, die meisten von uns für mehr oder weniger schwachsinnig hielten.« Thorne zuckte mit den Achseln. Er hatte es nicht vergessen. »Ja, diesmal hatten Leute wie ich die Drecksarbeit zu erledigen. Sie wollten, dass in der Presse falsche Storys lanciert werden, Sie wollten eine Lüge durchprügeln, was wir taten. Brillant taten. Und jetzt ist die Kacke am Dampfen, weil Sie falsch lagen, und wir können die Scheiße wegräumen.«
»Lassen Sie mich das richtig stellen«, entgegnete Tom, der allmählich Nerven zu zeigen begann. »Sie zerreißen sich das Maul, weil Sie, und darauf läuft es hinaus, Ihren Job zu erledigen haben.«
»Ich bin nicht …«
Thorne rückte ihm näher auf die Pelle. »Warum halten Sie nicht einfach die Klappe und gehen an Ihre Arbeit?«
Norman machte keine Anstalten, klein beizugeben. Er hob einen Finger und tippte Thorne gegen die Brust. »Genau das werde ich tun, und danken Sie lieber Gott auf den Knien, dass jemand hier seine Arbeit ordentlich macht. Vielleicht, aber nur vielleicht, werde ich das mit der Presse wieder hinbiegen können. Vielleicht gelingt es mir, diesen Karren wieder aus dem Dreck zu ziehen, in dem er steckt. Samt dem ramponierten Ruf der Abteilung.« Er wandte sich um und schlenderte zur Tür, wo er, kaum angelangt, stehen blieb. »Mit diesem Karren meine ich diese Ermittlung, Sie nicht inbegriffen. Sie stecken bereits so tief drin, dass Sie da unmöglich wieder rauskommen …«
Lachend trat Thorne zu dem Stuhl hinter dem Schreibtisch. »Hören Sie mal, Norman, ich hab zu tun, und wenn Sie nur hier rumstehen wollen, um mir zu erzählen, was die Spatzen von den Dächern pfeifen …«
Norman öffnete die Tür. »Bis später, Thorne …«
Während er dieses und jenes auf seinem Schreibtisch zurechtrückte und die Stifte aufreihte, erklärte Thorne mit ruhiger Stimme: »Übrigens, nur damit Sie es wissen, falls Sie noch einmal so mit dem Finger auf mich deuten, gibt’s Knöchelsülze. Kapiert?«
Norman wirbelte herum. Thorne sah, wie ihm das Blut in die Wangen stieg, und freute sich insgeheim, dass etwas von der Dreistigkeit aus den Augenwinkeln verschwunden war. Ein paar Sekunden lang sahen sie einander an, keiner zuckte auch nur mit der Wimper.
»Es gibt eine theoretische Entsprechung der Beamten- und Angestelltenränge. Wussten Sie das, Thorne?« Wusste er, schwieg jedoch. »Eigentlich geht’s dabei mehr um die Etikette, die allerdings von den meisten beachtet wird. Ein Pressebeauftragter in meinem Team entspricht einem Detective Inspector, wie Sie einer sind. Ich bin Abteilungsleiter, und das entspricht, wenn ich mich nicht irre – was ich nicht tue –, einem Detective Chief Inspector, dem Rang Ihres unmittelbaren Vorgesetzten. Hören Sie mir zu, Thorne?«
Thorne blickte auf, sein Schreibtisch nun nett und aufgeräumt, seine Augen nett und tot.
»Wie Sie bereits sagten, ein theoretisches Problem. Und jetzt verziehen Sie sich.«
Norman tat, worum er gebeten worden war, und wurde sogleich von einem weitaus freundlicheren Gesicht ersetzt. Holland lehnte in der Tür und sah Norman nach, wie er sich durch die Einsatzzentrale entfernte.
»Heitern Sie mich auf«, sagte Thorne. »Sagen Sie mir, er wurde ein Opfer des Tischs der Verdammnis, ein riesiges Loch klafft in seinem Bein. Noch besser, eins seiner Eier hängt an der Ecke.«
»Tut mir Leid, Pech gehabt. Außerdem haben Sie die Ecke mit
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