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Tom Thorne 02 - Die Tränen des Mörders

Titel: Tom Thorne 02 - Die Tränen des Mörders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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stimmte haargenau – wir haben nie was rausgegeben, doch die Beschreibung war perfekt. Haare, Kleidung, Auto. Das klang echt.« Perks sagte noch etwas, aber das ging im Schrei einer über ihre Köpfe hinwegfliegenden Möwe unter, der sich mit dem Lärm eines Helikopters vermischte. Thorne blickte auf und sah einen klobigen, tomatenroten Hubschrauber auf den City Airport herabstoßen.
    Perks ging voraus, und Thorne folgte ihm, ohne den Hubschrauber aus den Augen zu lassen. Unfähig, diese plötzliche, morbide Vorstellung zu erklären, wollte er dennoch keinen Augenblick versäumen, falls er in Flammen aufgehen und in den Fluss stürzen sollte.
    »Also deshalb haben Sie nie am Tatort selbst gesucht?«, fragte Thorne.
    »Wir haben überall gesucht …«
    »Entschuldigen Sie, ich meinte … nach einer Leiche gesucht, an der Stelle, wo sie verschwand. Im Park, am Bahngelände …«
    »Dass sie gesehen worden war, war sicher ein Grund. Es machte einfach keinen Sinn, dass wer immer sie sich geschnappt hatte, sie getötet und die Leiche dorthin zurückgebracht hatte. Nicht dass diese Tiere sich normal verhielten …«
    Perks’ Miene war unbewegt, und trotz des Ekels, der in seiner Stimme mitschwang, hatte Thorne das Gefühl, als fehle da etwas in den Augen. Etwas, das Thorne jeden Morgen in seinem Badezimmerspiegel aufflackern und lebendig werden sah. An einem guten Tag nannte er es Leidenschaft. An einem schlechten Panik.
    »Dann war da auch noch die Aussage des Burschen«, erklärte Perks. »Des Jungen, der sah, wie sie aufgegriffen wurde. Wir hatten einen Augenzeugen, der Karen in dieses Auto steigen sah.«
    »Stuart Nicklin.«
    Perks kniff die Augen zusammen. »Ja. Nicklin.«
    Die nächsten paar Minuten liefen sie schweigend weiter. Auf der anderen Seite des Flusses waren Industrieanlagen zu sehen. Einige davon florierend, andere seit langem tot. Alle miteinander potthässlich. Ein stillgelegtes Kraftwerk, eine Getreidemühle, der Schrottplatz, wo die Marchioness verschrottet und eingeschmolzen wurde, Kaianlagen, in denen sich Kies- und Schotterberge auftürmten und vor sich hin rostende Kräne in den Himmel ragten.
    Der Himmel, das Ufer, das Wasser, die Gebäude. Schwarz, grau und braun …
    »Erzählen Sie mir von Nicklin.«
    »Das war ein seltsamer Kerl …«
    Thorne nickte. Bei Gott …
    »Man kann nicht sagen, wie sehr sich so was später auswirkt. Er war wirklich außer sich. Gesehen zu haben, wie sie in dieses Auto stieg. Er wusste, dass das falsch war, verstehen Sie? Wenn Sie mich fragen, war ihm klar, er hätte etwas dagegen unternehmen müssen. Das sagte er zwar nie, aber … es war ihm klar. Gesehen zu haben, wie sie einfach so mitgenommen wurde, erschütterte ihn. Sie standen sich nahe, nicht wie ein Liebespaar, aber nahe. Die besten Freunde. Übrigens war da noch ein Dritter im Bunde, Martin Palmer. Sie waren alle drei zusammen gewesen an diesem Tag, doch dann gab es einen Streit oder ein Missverständnis, und Palmer war nach Hause gegangen.«
    »Haben Sie eine Ahnung, was genau vorgefallen war?«
    Perks kniff die Augen zusammen, sein Verstand arbeitete auf Hochtouren. »Nein …«
    »Sie wussten, dass Nicklin zuvor von der Schule geflogen war? Er und Palmer?« Perks’ Blick – die Verwirrung, der verzweifelte Wunsch, es zu erfahren – löste plötzlich Schuldgefühle bei Thorne aus. Er zog es unnötig in die Länge. Verarschte vollkommen grundlos einen anständigen ehemaligen Kollegen. Er hätte einfach vorher im Pub sagen sollen, was er zu sagen hatte, was er von Perks wollte – was er bestätigt haben wollte.
    Thorne berührte Perks am Arm. »Ich wollte mit Ihnen über Stuart Nicklin reden. Auch über Palmer, aber eigentlich … geht es um Nicklin. Ich wollte sichergehen, ob seine Aussage der einzige Grund war, warum Sie nicht näher am Wohnort nach Karen suchten; wie sehr das, was er Ihnen damals erzählte, dazu beitrug, dass …«
    Sie konnten nicht mehr weiterlaufen. Sie waren an Saunders Ness angelangt, dem Ende des Uferwegs. Eine Landzunge, die sich durch den riesigen Bogen gebildet hatte, den der Fluss um die Isle Of Dogs und hinaus ins Brackwasser beschrieb.
    Perks lehnte sich an das Geländer und schaute über den Fluss. »Vor ein paar Jahren war die Themse so gut wie tot. Wussten Sie das? Da drin gab’s nichts mehr außer Scheiße.« Thorne war nicht überrascht. Alles Mögliche wurde in dem Fluss entsorgt, was den meisten Menschen nicht bekannt oder egal war. Für den durchschnittlichen

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