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Tom Thorne 02 - Die Tränen des Mörders

Titel: Tom Thorne 02 - Die Tränen des Mörders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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Londoner war die Themse nur etwas, was man gelegentlich überqueren musste. Perks’ Augen ruhten auf ihm, als lese er seine Gedanken. »Doch die wenigen Leute, denen das nicht scheißegal war, unternahmen was dagegen. Inzwischen leben wieder fast hundert verschiedene Fischarten darin – Lachs, Lachsforellen, Quallen. Oben bei Dartford haben sie Seepferde gefunden. Dieser Fluss wurde tatsächlich ins Leben zurückgeholt. Schön, dass so was möglich ist, nicht wahr?«
    Thorne nickte. Ja, das war schön.
    Lächelnd zeigte Perks aufs Wasser. Thorne sah hinunter zum Ufer und sah, was ihn so freute. Seine Geschichte vom Leben nach dem Tod wurde anschaulich illustriert von einem Reiher, der sich weiß gegen das dunkle Wasser abhob, regungslos im seichten Wasser nach seinem Mittagessen Ausschau hielt.
    Thorne holte Luft und erklärte: »Stuart Nicklin hat mindestens vier Menschen umgebracht. Er … hat Martin Palmer dazu angestiftet, weitere zwei Menschen umzubringen. Es tut mir Leid, wenn es Ihnen schwer fällt, sich das anzuhören. Ich kann nur so viel sagen, ich will ihn kriegen, genau so, wie Sie den Mann kriegen wollten, der Karen McMahon entführte. Nicklin, oder wie immer er sich jetzt nennt, wer immer er jetzt ist … er ist ein Mann, dem es Spaß macht zu töten.« Er wartete eine Sekunde, bevor er die größte Bombe platzen ließ. »Nach all dem wird es Sie kaum noch überraschen zu hören, dass ich nicht glaube, dass er Ihnen die Wahrheit über Karen erzählt hat.«
    Thorne hielt inne und wartete. Es war unmöglich abzuschätzen, wie Perks reagieren würde. Meistens provozierte die Erklärung, man habe falsch gehandelt oder sich – bestenfalls – in die Irre führen lassen, eine abwehrende Reaktion. Thorne hatte Lickwoods Wut nicht vergessen: eine vorhersehbare Reaktion auf den Vorwurf der Inkompetenz. Hier lag der Fall ganz anders, dennoch wäre eine ähnliche Reaktion verständlich.
    Perks wandte sich zu ihm um und sah ihm in die Augen. Thorne hatte sich geirrt, als er eine wütende Reaktion befürchtet hatte. Vic Perks’ Tonfall war sanft, geradezu tröstend. Er tat nichts anderes als die Worte auszusprechen, die ihm Tag für Tag durch den Kopf gingen: einfache und freimütige Worte, die er vor vielen Jahren gehört hatte und nun ohne Schwierigkeiten und ohne zu zögern wiederholte. Als er Perks reden hörte, wurde Thorne klar, dass er sich in einem weiteren Punkt geirrt hatte. Die Leidenschaft fehlte keineswegs.
    »›Sie stieg in ein blaues Auto, Sir. Cavalier, heißen die, glaub ich. Blau, die Stoßstange vorne war rostig und am Rückfenster war ein Aufkleber. Im Autokennzeichen kamen eine Sechs und eine Drei vor. Irgendwie hatte sie so einen merkwürdigen Gesichtsausdruck. Ich weiß noch, dass ich mich fragte, was sie sich denkt, aber Angst schien sie keine zu haben. Gerade als ihr Kopf hinter der Tür verschwand, winkte sie mir zu. Ganz kurz nur. Ich bin mir nicht ganz sicher. Entweder sie winkte mir zu, oder sie schob sich eine Strähne hinter die Ohren. Das tat sie ständig. Ich konnte es nicht richtig sehen, weil mir die Sonne in die Augen schien ‹ … «
    Perks brach ab, kniff selbst die Augen zusammen. Er versuchte, sich an etwas zu erinnern, oder vielleicht versuchte er auch nur, das Gesicht des Jungen neu zu erschaffen, der als Erster diese Worte gesagt hatte. Thorne war sich nicht sicher.
    »Er war vierzehn, Thorne. Ein paar Wochen älter, als sie gewesen war, das ist alles. Karen war gerade vierzehn geworden. Am 17. Juli 1985.« Er blinzelte zweimal, langsam. »Karen wäre jetzt einunddreißig.« Thorne nickte. Eine Rechnung, die Perks offensichtlich im Schlaf aufsagen konnte. »Er war noch ein Kind. Ich hatte keinen Anlass, ihm nicht zu glauben.«
    »Ich weiß.«
    »Herrgott, das Auto wurde gesehen. Es gab genug verdammte Idioten, die das Auto sahen, die glaubten, Karen gesehen zu haben …«
    Thorne stand kurz davor, dem alten Mann die Hand auf den Arm zu legen, als Perks sich abwandte und den Kopf schüttelte. Er lehnte sich an die Mauer und sah hinunter zum Ufer.
    Die Ebbe hatte beinahe ihren Höhepunkt erreicht. Thorne schaute hinunter auf das angeschwemmte Kroppzeug, das im Schlick festsaß und nun von dem zurückweichenden Wasser den Blicken preisgegeben wurde. Autoreifen, Dutzende davon, zerbrochene Kisten und natürlich die allgegenwärtigen Einkaufswagen. Wie zum Teufel kam das alles hierher? Er konnte sich nicht vorstellen, dass jemand seinen Wochenendeinkauf in den Kofferraum

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