Tom Thorne 03 - Die Blumen des Todes
rechtfertigen. Aufzustehen und ihnen genau zu erzählen, was er getan hatte und warum er es getan hatte. Er war ziemlich zuversichtlich, dass nur ein sehr mutiger Richter es wagen würde, ihn dafür lange einsperren zu lassen.
Natürlich käme aus einer bestimmten Ecke ein Aufschrei, von den fehlgeleiteten Gutmenschen. Von denen, die der Meinung waren, er solle seine Schuld gegenüber der Gesellschaft abtragen, so wie diese feinen, aufrechten Bürger es getan hatten, die er umgebracht hatte.
Dagegen hatte er nichts einzuwenden. Sollten die Idioten nur protestieren. Sollten sie nur laut hausieren gehen mit Worten wie »Perversion« und »Gerechtigkeit« und sie kombinieren, als gehörten sie ihnen, obwohl sie keinen blassen Schimmer von deren tatsächlicher Bedeutung hatten.
Perversion und Gerechtigkeit. Die Erniedrigung und die zerstörte Hoffnung. Die grausame Komödie, mit der alles begonnen hatte …
Es war natürlich nur eine Fantasie, solange die Polizei nicht in den nächsten paar Tagen an seine Tür klopfte. Danach, nach dem letzten Mord, könnte ihn nichts mehr retten, was er sagte. Mit der Entdeckung des letzten Opfers würde sich die Loyalität der Gossenjournaille rasend schnell ändern, so wie die Loyalität aller anderen.
Vergewaltiger waren eine Sache, aber das hier wäre etwas anderes, etwas ganz anderes.
Thorne befand sich gerade in der Kaffeeecke der Einsatzzentrale und fütterte den Kaffeeautomaten mit Münzen, als Karim auf ihn zutrat.
»Miss Bloom auf Leitung drei, Sir …«
Thorne fasste im ersten Augenblick verwirrt nach hinten, in seine Hosentasche, aber sein Handy lag auf dem Schreibtisch im Büro. Eve hatte es sicher zuerst darauf versucht, bevor sie, nachdem sich niemand meldete, die Büronummer wählte …
Thorne ging hinüber an einen Schreibtisch und griff nach dem Telefon. Er drückte es an die Brust, bis Karim weit genug weg war.
»Ich bin’s. Was gibt’s?«
»Nichts Ernstes. Keith lässt mich hängen, daher müssen wir das am Samstag zeitlich etwas anders machen. Ich sagte ihm, ich wolle ausgehen, und er sagte, dass er für mich zusperrt. Und jetzt kommt er vorbei und erklärt, dass er auch früher wegmüsste, es wird also etwas knapp …«
»Macht nichts. Komm vorbei, wenn es bei dir geht.«
»Ich wollte eigentlich etwas früher zu dir kommen, ein paar Sachen dort lassen, bevor wir zum Essen gehen.«
»Klingt interessant …«
»Es wird jetzt wahrscheinlich eher sieben, bis ich den Laden aufgeräumt und mich geschminkt habe.«
»Ich glaube ohnehin kaum, dass ich es früher nach Hause schaffe …«
»Tut mir Leid, deine Abläufe so durcheinander zu bringen, aber ich kann nichts dafür. In der Regel kann man sich auf Keith ziemlich verlassen. Tom …?«
Eves Stimme trat in den Hintergrund. Thorne hörte nicht mehr zu.
Deine Abläufe …
Die Gewissheit kam so schnell und schmiegte sich so sicher und fest an ihren Platz wie eine Schlinge. Wie die blaue Wäscheleine, die am Gesicht vorbei nach unten wischt und erst zu erkennen ist, wenn sie ins Fleisch schneidet. Binnen einer Sekunde war Thorne genau klar, was ihm entgangen war. Was im Schatten verborgen gelegen und sich dem Zugriff entzogen hatte. Jetzt sah er es hell und klar vor sich …
Etwas, das er gelesen hatte oder vielleicht doch nicht gelesen hatte …
Sie hatten alle Briefe Jane Foleys an Remfry gefunden, die, die sie ihm ins Gefängnis geschickt hatte, und die paar, die sie nach seiner Entlassung an seine Adresse zu Hause geschickt hatte. Nichts deutete darauf hin, dass Briefe fehlten, und warum auch?
Doch etwas hatte gefehlt.
Thorne hatte diese Briefe ein Dutzend Mal gelesen, wahrscheinlich öfter, und nirgends hatte Jane Foley ein Treffen mit Douglas Remfry erwähnt. Das Rendezvous wurde nirgends angesprochen. Weder die Zeit noch das Datum. Nicht einmal der Name des Hotels …
Wie zum Teufel war dann der Ablauf geregelt worden?
An etwas konnte Thorne sich erinnern, etwas, das Dave Holland geschrieben hatte. In seinem Bericht über jenen ersten Besuch bei Remfrys Mutter, wo er mit Andy Stone gewesen war, um Remfrys Sachen abzuholen, und dabei diese Briefe unter Remfrys Bett gefunden hatte. Mary Remfry hatte Wert darauf gelegt, wieder und wieder zu betonen, welchen Erfolg ihr Sohn bei Frauen hatte. Wie sie Dougie nachliefen, nachdem dieser entlassen wurde. Die Frauen, die ständig anriefen …
Remfry, Welch und Southern waren nicht nur in diese Hotels gegangen und hatten gedacht, dort Jane Foley
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