Tom Thorne 03 - Die Blumen des Todes
leidenschaftlichen Liebesspiels, zu dem mein Mandant sich frei bekennt, übereinander herfielen? Ließen sich die blauen Flecken nicht als das Ergebnis exzessiver Leidenschaft erklären? Könnte sich die Frau nicht nur deshalb geduscht haben, weil sie den Geruch meines Klienten abwaschen wollte, sondern auch, um die Wahrheit vor ihrem Ehemann zu verbergen, die Wahrheit über diese sexuelle Affäre mit meinem Mandanten?
Ich habe Sie gebeten, sich die Worte eines Polizeibeamten ins Gedächtnis zu rufen, dessen Aussage dazu gedacht war, den Mann zu verurteilen, den ich hier heute vertrete. Stattdessen hat er – unabsichtlich, da bin ich sicher – genau das Gegenteil getan. Ich habe Sie gebeten, seine Aussage zu bedenken, und wie ich sehe, tun Sie das. An Ihren Gesichtern, meine Damen und Herren Geschworenen, kann ich ablesen, dass diese Aussage Sie zweifeln lässt. Und das zu Recht. Wenn Sie jedoch am Wahrheitsgehalt der Behauptungen dieser Frau zweifeln, was Sie unweigerlich müssen, dann werden Sie nicht lange brauchen, um das Für und Wider Ihrer Entscheidung abzuwägen.
Das Gesetz selbst ist eindeutig, was begründete Zweifel anbelangt. Und ich gehe davon aus, dass Sie, da Sie nicht anders können als zweifeln, die richtige Entscheidung treffen werden. Die gerechte Entscheidung. Sie werden den Anweisungen des Richters folgen und meinen Mandanten freisprechen … «
Fünftes Kapitel
Ein weiterer heißer, schwüler Abend. Ein Gewitter lag in der Luft. Durch die offenen Fenster drangen von draußen Gesprächsfetzen der Passanten herein.
Thorne hatte in T-Shirt und Shorts gegessen und dem Lärm von einer Party gegenüber gelauscht. Er wusste nicht, was ihn mehr nervte – der Gesprächslärm und der Krach von der übersteuerten Anlage oder dass sich Leute, die er nicht kannte, offensichtlich köstlich amüsierten.
Elvis leckte seinen Teller sauber, und Thorne öffnete eine Dose Bier, blendete die Musik und das laute Gelächter aus und las ein paar Stunden. Ein Sommerabend ertränkt in Mord.
Die Berichte basierten auf der Suche nach ähnlichen Fällen in CRIMINT – der Criminal-Intelligence-Datenbank –, Fälle, deren Parameter Überschneidungen mit dem Remfry-Mord aufwiesen …
Holland und Stone waren gründlich vorgegangen. Hauptsächlich ging es um die Eingrenzung der Suche, bis die Fälle übrig blieben, die möglicherweise signifikant waren. Schlüsselwörter wurden eingegeben, Übereinstimmungen wurden in Beziehung gesetzt zu den Ergebnissen anderer Suchläufe. Vergewaltigung/Mord lieferte wenige Fälle, in denen das Opfer männlich war, dennoch wurden die Ergebnisse mit den Fällen verglichen, die die Datenbank bei der Eingabe anderer, spezifischerer Stichwörter ausspuckte.
Analverkehr. Strangulation. Ligaturen. Wäscheleine.
Und die Ergebnisse rollten herein …
Eine Reihe ungelöster Mordfälle aus den letzten fünf Jahren. Acht Jungen, die brutal missbraucht und erwürgt und deren Leichen in Wäldern, Kiesgruben und Naherholungsgebieten entsorgt worden waren. Ein Pädophilenring, der zu gut organisiert war oder zu gute Verbindungen besaß. Nicht zu fassen war.
Ein Mann, der zu Hause überfallen und mit einer Wäscheleine gefesselt worden war, bevor man sein Haus ausräumte und ihn schließlich totschlug. Darren Ellis fiel ihm ein, das alte Ehepaar, das er gefesselt und ausgeraubt hatte …
Ein Katalog übler Sexualverbrechen und -morde, von denen viele noch immer nicht gelöst waren. In dem die düsteren Details zu kaum mehr als Einträgen in einem außergewöhnlich verstörenden Archiv verkamen. Eine Informationsquelle, die in der Hoffnung benutzt wurde, ein Horrorszenario aus der Vergangenheit könne ein gegenwärtiges erhellen.
Hier traf das nicht zu.
Obwohl Holland tatsächlich zwei kalt gewordene Mordfälle ausgegraben hatte: ein junger Mann um die dreißig, der 2002 in einem Kofferraum gefunden worden war, vergewaltigt und erdrosselt mit einem nicht genauer bezeichneten Gegenstand. Ein Mann in den Sechzigern, der 1996 in einem Parkhaus überfallen und mit einer Wäscheleine erdrosselt wurde.
Thorne war mit Holland einer Meinung, sowohl was dessen ursprüngliche Einschätzung anging als auch sein abschließendes Urteil. Beide Akten waren eine eingehendere Betrachtung wert. Und beide hielten ihr nicht stand.
Nachdem er den Bericht in seine Aktentasche zurückgesteckt hatte, trat Thorne ans offene Fenster. Etwa zehn Minuten schaute er hinüber zu dem Haus, in dem die Party
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