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Tom Thorne 03 - Die Blumen des Todes

Titel: Tom Thorne 03 - Die Blumen des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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unter Dougie Remfrys Namen geschrieben, wobei noch jede Menge Platz frei blieb.
    Thorne hörte ein Schniefen, wandte sich um und entdeckte Sam Karim hinter sich.
    »Was macht der Kopf?«
    »Was?«, fragte Thorne.
    »Nach gestern Abend fühle ich mich wie aufgewärmte Scheiße …«
    »Mir geht’s prima«, erwiderte Thorne.
    Samir Karim war ein großer, geselliger Inder mit dichtem, silbergrauem Haar und einem breiten Londoner Akzent. Er pflanzte die Hälfte seines beträchtlichen Hinterteils auf die Schreibtischkante. »Auf diese Bänder ist auch geschissen …«
    »Welche Bänder?«
    »Die Videoaufnahmen aus dem Greenwood.«
    Thorne zuckte mit den Schultern. Das überraschte ihn nicht.
    »Ein paar kommen in Frage«, sagte Karim. »Man sieht sie aber nur von hinten. Die Kameras decken nur die Bar, die Rezeption und die Aufzüge ab. Man kann reinmarschieren und einfach die Treppe hochlaufen, ohne dass einen ein Schwein sieht. Man braucht nur zu wissen, wo die Kameras stecken …«
    »Und er wusste, wo sie stecken«, sagte Thorne.
    Ein, zwei Minuten starrten sie gemeinsam auf das Brett. »Das ist der Unterschied zwischen unserem Team und den anderen«, sagte Karim.
    »Was?«
    »Sie haben ein Opfer, wir haben eine Liste …«
    In Fernsehserien und Filmen gibt es diesen Moment, diese ganz bestimmte Einstellung, dieses Klischee, die den Augenblick kennzeichnen, in dem der Groschen fällt. Im echten Leben wäre das der rettende Geistesblitz, wo man den Autoschlüssel hingelegt hat oder wie dieser Ohrwurm heißt, der einen so nervt. Für den Fernsehpolizisten handelt es sich dabei gewöhnlich um eine etwas sinisterere Erkenntnis. Der Augenblick, der in einem bestimmten Fall zum Durchbruch verhilft. Wenn dem Helden diese tiefe, brillante Erkenntnis dämmert, fährt die Kamera auf sein Gesicht zu, manchmal schnell, manchmal quälend langsam. Wie auch immer, sie rückt dem Helden nahe und bleibt da, zeigt, wie Erleuchtung in den Augen aufblitzt …
    Thorne war kein Schauspieler. Da war kein entschlossenes Nicken, kein abgründiger Blick. Er stand, die Tasse Kaffee in der Hand, da, und die Kinnlade klappte ihm nach unten, als wäre er nicht ganz dicht.
    Eine Liste …
    Die Gewissheit traf ihn wie ein Kricketball. Er spürte, wie ihm aus jeder einzelnen Pore seines Körpers der Schweiß ausbrach. Es kitzelte, erst heiß, dann kalt.
    »Alles in Ordnung, Tom?«, erkundigte sich Karim.
    Kamera fährt nahe ran und hält die Einstellung …
    Thorne spürte nicht, wie ihm der heiße Kaffee übers Handgelenk spritzte, als er durch das Zimmer, den Gang hinauf und in Brigstockes Büro marschierte.
    Brigstocke blickte auf, sah den Ausdruck auf Thornes Gesicht und legte den Kugelschreiber weg.
    »Was …?«
    »Ich weiß, wie er sie findet«, sagte Thorne. »Wie er herausfindet, wo die Vergewaltiger sitzen …«
    »Wie denn?«
    »Das könnte alles sehr einfach sein. Unser Mann könnte im Gefängnisbereich arbeiten oder in den Pubs um Pentonville und Scrubs rumhängen in der Hoffnung, an Gefängniswärter ranzukommen. Aber das glaub ich nicht. Letztlich ist es nicht so schwer herauszufinden, wo man die Vergewaltiger eingesperrt hat. Da sind die Familien, die Gerichtsurteile … er könnte einfach in den Zeitungsarchiven herumstöbern, wenn er wollte …«
    »Tom …«
    Thorne trat rasch an den Schreibtisch, stellte seine Tasse darauf ab und begann, in dem kleinen Büro auf und ab zu laufen. »Es geht darum, was danach passiert. Um die Entlassungsdaten und die Adressen. Ich hatte gedacht, es könne irgendwie über die Familien laufen. Aber bei Welch gab es keine feste Heimatadresse. Seine Familie wollte nichts von ihm wissen und war bereits vor Jahren weggezogen.« Es sah hinüber zu Brigstocke, als läge es auf der Hand. Brigstocke nickte abwartend. »Entlassungsdetails können sich ändern, stimmt’s? Häftlinge kommen in andere Gefängnisse, Entlassungsdaten ändern sich, es können Tage hinzukommen. Der Mörder muss an die aktuellen Informationen herankommen …«
    »Soll ich Sie etwa anflehen?«, fragte Brigstocke. »Oder rücken Sie heute noch damit heraus? Wie findet er sie?«
    Thorne gestattete sich den Anflug eines Lächelns. »Genauso wie wir.«
    Brigstocke zwinkerte zweimal hinter seiner Brille. Sehr langsam. Die Verwirrung auf seinem Gesicht machte etwas anderem Platz, das Bedauern hätte sein können. Oder dessen Vorstufe. »Aus dem Sex Offenders Register.«
    Thorne nickte und griff nach seinem Kaffee. »Gott, wir gehören an

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