Tom Thorne 03 - Die Blumen des Todes
gelangen.«
Brigstocke sah hinüber zu Thorne, zog die Augenbrauen hoch. Jesmond lief sich erst warm …
»Sicher, wir könnten es mit einem Gefängnisbeamten zu tun haben. Aber genauso könnte unser Mann der Freund eines Freundes sein, der wiederum mit einem etwas zu geschwätzigen Lehrer befreundet ist. Oder jemand, der neben einem indiskreten Sozialarbeiter wohnt, der beim Autowaschen am Sonntagvormittag gerne tratscht …«
»Wollen Sie damit sagen, wir haben eine Woche lang unsere Zeit verschwendet?«, fragte Thorne.
Der Detective Chief Superintendent zuckte mit den Schultern, als habe man sich erkundigt, ob er abgenommen oder sich einen Sonnenbrand eingefangen habe. »Fragen Sie mich das, wenn er uns ins Netz gegangen ist …«
Jesmond schien Augenblicke wie diesen zu genießen. Thorne sah hinüber zu ihm und dachte: Dir gefällt es wohl, mir auf den Tisch zu scheißen!
»Ich verstehe, worauf Sie hinauswollen, Sir«, sagte Thorne. »Aber es kann nicht schaden, zumindest auf kurze Sicht betrachtet, wenn wir weiterhin davon ausgehen, dass der Mörder mit einer der erwähnten Organisationen in direktem Kontakt steht. Dem Sozialamt, der Bewährungshilfe …«
Jesmond neigte den Kopf zur Seite und wartete darauf, überzeugt zu werden. Brigstocke versuchte, in die Bresche zu springen. »Es ist ein legitimer Ermittlungsansatz …«
Thorne schnaubte. »Unser einziger legitimer Ermittlungsansatz …«
»Dann ziehen Sie mal los und suchen uns einen weiteren«, sagte Jesmond.
Worauf Thorne nichts entgegnete. Er beobachtete, wie sein Gegenüber sich mit der Hand ein paar rotblonde Strähnen aus der Stirn strich. Wie seltsam die Gegend links und rechts von seiner Nase aussah, wo sich die geplatzten Äderchen mit Sommersprossen mischten. Betrachtete die trockenen Lippen, die sich zu einem Lächeln verzogen. Und wie immer berührte es ihn eigenartig, dass Jesmond mit geschlossenen Augen lächelte.
Thorne lächelte selbst, erinnerte sich, wie er einmal versuchte, Dave Holland Jesmonds Gesicht zu beschreiben. »Sie kennen diese Art von Gesicht«, hatte er gesagt. »Wenn man erst mal angefangen hat, darauf einzudreschen, kann man nicht mehr aufhören.«
Jesmond beugte sich über den Schreibtisch. »Aber mal im Ernst, schauen wir uns näher an, was Sie da von sich geben. Warum gehen wir zum Beispiel nicht der Möglichkeit nach, dass der Mörder in direkter Verbindung zur Polizei steht … »
»Ein Polizist ist«, sagte Thorne.
Jesmond wiederholte einfach, was er gesagt hatte, und fuhr fort. »In direkter Verbindung zur Polizei steht. Mal abgesehen von der überwältigenden Anzahl der in Frage kommenden Personen – die Art und Weise, wie die diversen Dienststellen auf das Sex Offenders Register zugreifen, variiert immens. Einige greifen über das Police National Computer System darauf zu. Andere holen Informationen aus dem Register in andere Systeme oder legen neue Datenbanken dafür an …«
Brigstocke blies die Backen auf. Thorne spürte, wie ihm die Dinge zu entgleiten drohten, wie er anfing, den Boden unter den Füßen zu verlieren.
»Einige arbeiten noch immer auf manueller Basis, mit althergebrachten Aktenordnern«, sagte Jesmond. »Und Gott im Himmel, wir alle wissen, wie sicher das ist!«
Brigstocke nickte. »Wie sicher alles ist!«
Thorne blendete sich aus. Dachte an dieses System der Busch trommeln …
»Tatsache ist, das gesamte System ist eine Katastrophe«, erklärte Jesmond. »Es gibt keine allgemein gültige Politik, wie mit den Informationen über Sexualstraftäter zu verfahren ist. Weder was den Austausch mit anderen Behörden angeht noch untereinander. Mancherorts wird es als beste Strategie erachtet, den Polizisten vor Ort sämtliche Informationen zukommen zu lassen, woanders wiederum zieht man es vor, einen speziell beauftragten Beamten über die Register-Updates auf dem Laufenden zu halten …«
Thorne roch es, da war noch ein Häufchen in seinem Bett …
So wie sich das hier darstellte, konnte der Mörder seine Vergewaltiger so gut wie überall gefunden haben. Im Internet oder in einem Papierkorb. Es lag auf der Hand: Selbst wenn sie zehn- oder hundertmal so viele Beamte daran sitzen hätten, um ihrem Mann auf die Schliche zu kommen, wäre der von ihm eingeschlagene Weg von vornherein aussichtslos.
»Dabei geht’s nicht nur um uns«, warf Brigstocke ein. »Die Gerichte müssten uns eigentlich benachrichtigen, sobald sich die Notwendigkeit ergibt, jemanden ins Register aufzunehmen.
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