Tom Thorne 03 - Die Blumen des Todes
ehrlich war, musste sie zugeben, dass sie in letzter Zeit angefangen hatte zu resignieren, das Handtuch zu werfen, wie es ihr Mann getan hatte.
Sie hörte, wie das Tor quietschend ins Schloss fiel. Wandte sich um, um Jack die Straße hinauflaufen zu sehen. Mit siebenundfünfzig ein alter Mann …
Carol nahm den Ordner von ihren Knien. Ihr erster alter Fall. Ein Aufkleber in der rechten oberen Ecke verkündete »AMRU«.
In der Titelzeile hieß es »Area Major Review Unit«. Sie selbst bezeichneten sich als das Team für kalt gewordene Fälle. In der Kantine nannte man sie nur die Grauen Zellen.
Sie konnten sie nennen, wie sie wollten, sie würde ihre Arbeit genauso solide erledigen wie immer …
Am Tag zuvor in Victoria, als sie sich den Ordner aus der Registratur holte, war ihr sofort aufgefallen, dass er keine drei Wochen zuvor von einem Detective Constable der Serious Crime Group entnommen worden war. Das war interessant. Sie hatte sich den Namen des Beamten notiert und sich vorgenommen, ihn anzurufen und zu fragen, wonach er gesucht hatte …
Drei Jahre war sie weg gewesen. Drei Jahre, um all die Bücher zu lesen, für die sie früher keine Zeit gefunden hatte, um zu kochen und zu gärtnern und Freundschaften wieder aufzuwärmen, die nicht ohne Grund eingeschlafen waren. Und in denen ihr leicht übel geworden war, sobald im Fernsehen in Crimewatch die Verbrecher gejagt wurden. Drei Jahre war sie weg gewesen, doch die Schmetterlinge im Bauch waren noch immer da. Sie schüttelten den Staub von ihren Flügeln und begannen zu flattern, als sie den Ordner aufschlug und zu lesen anfing.
Ein Mann, der in einem leeren Parkhaus erdrosselt worden war, vor sieben Jahren …
Eine Woche nach seinem dreiundvierzigsten Geburtstag. Die Entdeckung seines ausgebrannten Autos war noch lange nicht der Tiefpunkt, und Tom Thorne glaubte, bereits jetzt sagen zu können, dass er dieses Jahr nicht von der Sonne verwöhnt werden würde. Sieben Tage war es her, seit er von der Hochzeit zurückgebraust war, um einer Autopsie beizuwohnen. Sieben Tage, in denen die weitere Entwicklung des Falls etwa so erfreulich gewesen war wie das Häufchen auf seinem Bett.
Welchs Bewegungen seit seiner Entlassung aus dem Gefängnis und dem Auffinden seiner Leiche waren akribisch rekonstruiert worden – ohne Ergebnis.
Die im Macpherson House gefundenen Fotos waren forensisch gesehen ein Flop.
Einhundert und mehr Interviews mit jedem, der womöglich etwas gesehen haben könnte, und kein einziger Satz, bei dem der Blutdruck stieg.
Die auf dem weißen Brett aufgeführten und abgehakten Aktionen. Den einzelnen Mitarbeitern zugewiesen und von diesen pflichtschuldigst ausgeführt. Die Sexualstraftäter zu befragen, die sich selbst pflichtschuldigst rechtzeitig hatten registrieren lassen. Und die aufzuspüren, die nicht ganz so gewissenhaft waren, die es möglicherweise vergessen oder den Termin verwechselt oder sich in einen anderen Teil des Landes verzogen hatten oder untergetaucht waren. Und die einzelnen Aussagen wieder und wieder zu überprüfen, von der traumatisierten Rezeptionistin im Greenwood Hotel bis zu dem halb alkoholisierten Penner, der in den wenigen Tagen bis zu Welchs Tod neben dessen Bett genächtigt hatte …
So sahen 99 Prozent der Polizeiarbeit aus. Diese Vorgehensweise und ein Quäntchen Glück waren der beste Weg, der einzige Weg, um weiterzukommen. Und Thorne hasste natürlich jede Minute dieser öden Plackerei.
Während er auf dieses so schwer fassbare Quäntchen Glück wartete, erwies sich selbst sein einziger echter Geistesblitz als Schuss in den Ofen …
Da saß er nun in Russell Brigstockes Büro – es war Montagmorgen, und so fühlte er sich auch – und hörte sich an, wie sinnlos es war. Er hatte gedacht, der Zugriff des Mörders auf das Sex Offenders Register sei womöglich der Schlüssel zur Lösung des Falls. Detective Chief Superintendent Trevor Jesmond war nur zu glücklich, ihm diese Illusion zu rauben …
»Tatsache ist«, sagte Jesmond, »Revolverblätter hin oder her, die Informationen sind bereits allgemein bekannt. Jede Polizeidienststelle verfolgt ihre eigene Informationspolitik. Das wird von Fall zu Fall entschieden, je nach Bedarf. Informationen über als Sexualstraftäter verurteilte Personen, die in der Gemeinde wohnen, gehen an Schulen, Jugendclubs und so weiter, aber wie bei allem anderen auch können wir nicht mit Sicherheit sagen, wohin diese Informationen anschließend
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