Tom Thorne 03 - Die Blumen des Todes
Er führte nicht näher aus, dass es sich bei dem bewussten Scheiß um die Beschaffung eines Ersatzes für die gestohlene Stereoanlage und die etwa fünfundzwanzig CDs handelte, ohne die er wirklich nicht auskam. In Anbetracht der Tatsache, dass er seine Nächte zusammengerollt auf der Couch verbrachte, würden wohl einige seine Prioritäten merkwürdig finden. Mit der Aussicht auf eine mit Eve Bloom verbrachte Nacht, die durchaus in erreichbare Nähe gerückt schien, musste selbst er eingestehen, dass sie vollkommen bescheuert wirkten.
Sie liefen ein Stück die Mare Street hinauf und bogen dann links ab, überquerten die Eisenbahngleise und kürzten durch den London Fields Park ab. Die Nacht war nicht so schwül wie die letzten Nächte, aber es war immer noch warm. Es waren jede Menge Leute unterwegs.
»Aber du wartest nicht auf die Versicherung, oder?«, fragte Eve unvermittelt.
»Was?«
»Wegen dem Geld für das neue Bett.«
Thorne lachte. »Ein neues Bett kann ich mir noch leisten. Aber eigentlich geht’s nur um eine neue Matratze, und das sprengt die Bank nicht. Allerdings brauche ich die Versicherung, um ein neues Auto zu besorgen. Ich hab die Schnauze voll vom Busfahren …«
»Was für einen Wagen willst du dir kaufen?«
Thorne war sich nicht sicher, ob er letzte Woche mehr Zeit damit verbracht hatte, mit den Versicherungen zu telefonieren oder an seinem Küchentisch zu sitzen und über Autozeitschriften zu brüten. »Ist mir nicht so wichtig«, sagte er.
Eve lehnte sich an Thorne, um einen Jogger vorbeizulassen. »Frisieren Polizisten ihre Versicherungsangaben wie der Rest der Bevölkerung?«
»Na ja, frisieren ist etwas stark ausgedrückt. Vielleicht habe ich mich beim Modell und beim Baujahr der Stereoanlage geirrt. Okay, und beim Preis. Möglicherweise ist mir bei meiner CD-Aufstellung die eine oder andere CD-Box reingerutscht, aber scheiß drauf, ich hab bestimmt auch einiges vergessen.«
Etwa eine Minute liefen sie schweigend weiter und blieben dann am Rand des Parks stehen. Sie sahen ein paar jungen Kerlen zu, die sich dank dem von ein paar Lampen und dem Vollmond gespendeten Flutlicht ein kleines Match lieferten.
Thorne dachte an das Spiel zurück, das er vor einer Woche gesehen hatte. An den Park in der Nähe des Hotels in Slough. Das war kurz vor der letzten Autopsie gewesen.
»Heute wurde eine neue Leiche gefunden«, sagte Thorne. »Eigentlich gestern Abend und heute. Deshalb musste ich absagen.«
Eve drückte seine Hand. »War es derselbe? Der, von dem die Nachricht auf meinem Anrufbeantworter stammt?«
Sie gingen weiter, weg von dem Spiel und hinaus auf die Straße, die parallel zu der Straße verlief, in der Eve wohnte und arbeitete.
»Er bringt Männer um, die Frauen vergewaltigt haben«, erklärte Thorne. »Und die deshalb im Gefängnis saßen. Die Leiche gestern passte nicht ganz ins Schema, aber im Prinzip geht er so vor. Blöd ist nur, dass ich nicht weiß, warum er es tut, wann er es das nächste Mal tut und wie ich ihn daran hindern kann.«
»Dann lass es.«
Thorne lachte. Schaute auf den Bürgersteig. Stieg über ein Häufchen Hundescheiße. »Das entscheide nicht ich …«
»Es ist ja nicht so, als ob er nette alte Ladys umbringt, oder?«
Sie bogen in eine schmale Seitenstraße und spazierten diese langsam hinauf, wobei sie mitten auf der Straße liefen.
Hand in Hand, mit ausgestreckten Armen.
»Man liest ständig, wie überlastet die Polizei ist«, sagte Eve. »Warum setzt ihr dann die Leute nicht für Wichtigeres ein?«
»Wichtiger als Mord?«
»Ja schon, aber schau dir doch an, wen er umbringt …«
Thorne holte tief Luft. Er hätte nichts sagen sollen. Er wollte nicht schon wieder damit anfangen. »Sieh mal, was immer du davon hältst, was diese Männer getan haben, was immer wir alle davon halten, sie haben ihre Strafe dafür abgesessen. Ich habe nicht allzu viel Respekt vor unserem Justizsystem, aber mit Sicherheit …«
»Gut, dann sieh es doch einfach so, dass dieser Typ die Wiederholungsrate senkt.«
Thorne musterte sie prüfend. Sie lächelte, doch in ihren Augen lag ein harter Ausdruck. Ganz offensichtlich war sie überzeugt von dem, was sie sagte. »Ich sehe das nicht so, Eve. Die Argumentation kann ich nicht akzeptieren …«
»Als Polizist, meinst du? Oder … persönlich?«
Sie kamen aus der Seitenstraße heraus. Eves Laden lag gegenüber. Thorne wechselte abrupt das Thema.
»Hör mal, dieses Problem mit Denise, wie schlimm war das denn?
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