Tom Thorne 04 - Blutzeichen
auf den Beifahrersitz. Brookhouse hatte nach dem Handy gegriffen.
»Mensch, ich hab doch nur vorgetäuscht, ein Besucher zu sein«, sagte er. Seine Stimme klang ein oder zwei Oktaven höher. »Wie Sie sagten, ich hab nur ein paar Infos überbracht, nichts Wichtiges. Ich schwör’s. Ich hab von der ganzen Scheiße keine Ahnung, das ist die Wahrheit.«
Thorne starrte auf das kleine, glänzende Handy, das in einer schmalen Tasche des dunkelblauen Anoraks steckte, der ordentlich auf dem Sitz lag. Wayne Brookhouse hatte sich als Automechaniker ausgegeben und als Exfreund von Gordon Rookers Tochter. Vielleicht, schoss es Thorne plötzlich durch den Kopf, hatte er noch eine weitere Rolle übernommen.
»Jetzt können Sie rechts ranfahren«, sagte Thorne. »Egal wo …«
»Wieso?«
Thorne nahm kaum Notiz von Wayne Brookhouse’ Aufschrei, als er ihm den Kopf noch ein Stück weiter nach hinten riss. »Ich muss telefonieren.«
Chamberlain langte nach dem Telefon, ohne den Blick von der Fernsehsendung zu nehmen, mit der sie sich abzulenken versuchte.
Als sie Thornes Stimme hörte, war sie sofort voll konzentriert.
»Hallo, Tom.«
Thorne sprach schnell und ruhig. Ihr Gesichtsausdruck änderte sich, als sie die Dringlichkeit in Thornes Stimme wahrnahm. Jack sah von seinem Sessel zu ihr herüber. Die Besorgnis stand ihm ins Gesicht geschrieben. Er drückte auf die Fernbedienung und stellte den Ton leiser.
Thorne bat sie zuzuhören.
Chamberlain lächelte ihrem Mann zu und schüttelte den Kopf. Es war nichts …
Thorne drückte Brookhouse das Handy gegen das Ohr, bis dieser vor Schmerz aufstöhnte.
»Sagen Sie es noch einmal«, sagte Thorne. »Als meinten Sie es ernst.«
Brookhouse wand sich und holte tief Luft. »Ich hab sie verbrannt …«
Thorne riss das Telefon weg, noch immer hatte er die Hand in Brookhouse’ Haarschopf. Etwas in dem Schweigen am anderen Ende der Leitung, ein Entsetzen in dem leisen Ausatmen verriet ihm, dass Carol Chamberlain die Stimme erkannte.
»Carol …?«
»In knapp fünfzehn Minuten geht ein Zug«, sagte sie. »Ich kann in eineinhalb Stunden da sein …«
Ein, zwei Sekunden zweifelte Thorne, doch nicht länger. In dem Augenblick, als sein Entschluss feststand, Chamberlain anzurufen, war er sich über ihre Reaktion ziemlich sicher gewesen. »Ruf mich an, wenn du ankommst«, sagte er. Dann schlug er mit dem Handgelenk kräftig zur Seite und ließ Brookhouse’ Kopf gegen das Fenster donnern. »Ein Taxi wartet auf dich.«
Dreißigstes Kapitel
Wayne Brookhouse’ Gesicht – offen und attraktiv unter dem dicken, dunklen Haarschopf – leuchtete auf. Er wirkte entspannt und glücklich. Nur die Rötung an seinem Ohr und die Miene der beiden ihm gegenüber Sitzenden verrieten, dass hier nicht alles so war, wie es sein sollte.
»Wie lange machen wir noch so weiter?«, sagte Brookhouse.
Es war kurz vor Mitternacht. Seit Thorne ihn zur Rede gestellt hatte, waren zwei Stunden vergangen, während deren sie auf Carol Chamberlain warteten und zurück zu Thornes Wohnung fuhren. In dieser Zeit hatte Brookhouse sein Selbstvertrauen wiedergewonnen.
»Daran hab ich noch keinen Gedanken verschwendet«, sagte Thorne.
»Das merke ich …«
Chamberlain suchte Thornes Blick. Sie saßen nebeneinander auf Küchenstühlen. Brookhouse saß vor ihnen auf dem Sofa. »So etwas wie ein Zeitlimit haben wir nicht, oder?«, sagte sie.
Thorne schüttelte den Kopf. Er fixierte kurz Brookhouse, bevor er sprach. »Erzählen Sie uns doch, wie das begann zwischen Ihnen, Rooker und Zarif.«
Brookhouse hörte nicht auf zu lächeln. »Offensichtlich bezahlt man Ihnen zu wenig«, sagte er und ließ die Augen schweifen. »Die Wohnung ist mies.«
»Warum taten Sie so, als steckten Sie hinter dem Angriff auf Jessica Clarke?«
Thorne wusste, es würde nicht einfach werden. Während Brookhouse zu seiner alten Form auflief, arrangierte Thorne ein paar Puzzleteile neu. Er kämpfte sich nun zu den wirklich wichtigen Fragen vor. Dazu stellte er ein paar, auf die er die Antwort bereits kannte.
»Und sie riecht auch so«, sagte Brookhouse. »Riecht nach Curry …«
Wer immer den Plan ausgeheckt hatte – und im Augenblick setzte Thorne auf Gordon Rooker –, hatte es darauf angelegt, den Ball der Polizei zuzuspielen. Die Bullen kommen zu lassen. Und sie waren gekommen wie bornierte Streber. Brookhouse hatte die Anrufe gemacht und die Briefe geschickt, und schließlich war tatsächlich so ein Idiot losgezogen, um sich
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