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Tom Thorne 04 - Blutzeichen

Titel: Tom Thorne 04 - Blutzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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Menge löst sich in Windeseile auf, die Menschen springen oder rennen weg, und zum ersten Mal ist der Mann zu sehen. Eine alte Frau deutet auf ihn, zieht die Frau mit dem Buggy neben ihr am Ärmel. Mädchen klammern sich aneinander, an die Blazer und Schultaschen ihrer Freundinnen, als der Mann, dessen Gesicht in der tief in die Stirn gezogenen Anorakkapuze verborgen bleibt, sich umdreht und, als wäre nichts geschehen, die Straße hinaufjoggt.
    Hendricks kam aus der Küche. »In ein paar Minuten ist das Essen fertig.«
    Thorne stand vom Sofa auf und nahm die Kassette aus dem Videorekorder. Weil er schon dabei war, schnappte er sich noch die Flasche Wein vom Kaminsims und schenkte Carol Chamberlain nach.
    »Keine Aufnahmen aus anderen Blickwinkeln?«, fragte sie.
    Thorne schüttelte den Kopf, während er einen Schluck trank. »Das sind die besten Bilder, die wir bekamen.« Neuerdings schienen Aufnahmen von Überwachungskameras in Ermittlungen zunehmend eine Rolle zu spielen. Häufig dienten die Kameras nur der Abschreckung, und das mit mäßigem Erfolg. Die Crackdealer in der Coldharbour Lane und die Heroindealer am Manor House wussten genau, wo sich die Kameras befanden, und behandelten sie mit derselben Verachtung wie Politessen. Meistens gingen sie direkt vor der Kamera fröhlich ihren Geschäften nach und wussten ganz genau, wann sie leicht den Kopf oder die Schulter drehen mussten, um die entscheidende Aufnahme zu verhindern. Und wenn der Deal gelaufen war, grinsten sie hinauf zur Linse. Gelegentlich saß Thorne vor wichtigeren Aufnahmen, Schwarzweißaufnahmen von bewaffneten Räubern oder Mördern oder, was noch beunruhigender war, von zukünftigen Opfern.
    In diesem Fall von einem potenziellen Opfer, das Glück gehabt hatte.
    »Das macht einfach keinen Sinn«, sagte Chamberlain. »Wie kam er nur auf die Idee, er könne damit durchkommen? Die Vorstellung, niemand hätte Verdacht geschöpft. Wenn dieses Mädchen nicht gesehen hätte, was er mit dem Brennspiritus machte, und es wäre ihm gelungen, sie anzuzünden …«
    »Selbst dann hätte er davonkommen können«, sagte Thorne. »Die Leute hätten sich um das Mädchen gekümmert. Du weißt genau, dass die Leute generell Angst davor haben, einzugreifen. Sie wollen nicht den Helden spielen, der sich eine Kugel oder einen Messerstich einfängt.«
    Chamberlain schaute in ihr Glas. »Warum dann eine Bushaltestelle? Warum den Modus Operandi ändern?«
    »Schulhöfe werden heutzutage weitaus stärker überwacht«, sagte Hendricks. »Er hätte lange suchen müssen, um eine Schule wie die von Jessica Clarke zu finden, wo er einfach so auf den Schulhof marschieren kann.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Um vier Uhr nachmittags am Swiss Cottage? Da wimmelte es nur so von Leuten.«
    Hendricks sah kurz in der Küche nach. »Offensichtlich wollte er einen Knaller landen.«
    »Glaubst du, es ist derselbe Kerl?« Thorne sah Chamberlain direkt an.
    »Ja, ich denke schon. Der Anorak sieht genauso aus.«
    »Das meine ich nicht. Glaubst du, es ist derselbe Typ, der vor zwanzig Jahren Jessica Clarke angezündet hat?«
    Die Antwort ließ auf sich warten. »Er wirkte nicht … alt«, sagte sie. »Ich weiß, man konnte sein Gesicht nicht sehen. Aber die Art und Weise, wie er sich bewegte.«
    »Du denkst dabei an Rooker, an jemanden wie ihn«, meinte Thorne.
    »Ja, schon.«
    »Angenommen der Typ war damals Anfang zwanzig. Dann wäre er jetzt erst Anfang vierzig.«
    »Ich hab ihn weglaufen sehen. Das passte irgendwie nicht zu meiner Vorstellung von dem Typen.«
    »Er ist weggejoggt«, widersprach Thorne. »Selbst wenn er Mitte fünfzig oder sogar sechzig ist, wäre das möglich.«
    Hendricks ging mit seinem Glas hinüber zum Tisch und schenkte sich nach. »Einfach wegjoggen ist doch absolut vernünftig in seiner Situation. Gerade wenn man keine Aufmerksamkeit auf sich ziehen oder so wirken will, als stehle man sich davon …« Der Küchenwecker rasselte los, und Hendricks stellte das Weinglas weg, um sich der Sache anzunehmen, was immer es war.
    »Wenn er es ist«, sagte Chamberlain, »steckt dann Billy Ryan hinter dem, was er jetzt treibt?«
    »Weiß der Himmel, aber falls ja, habe ich nicht die geringste Ahnung, warum.«
    Hendricks fluchte laut. Entweder war das Essen nicht gelungen, oder er hatte sich verbrannt.
    »Alles in Ordnung, Delia?«, rief Thorne.
    Was mit einer weiteren, wenn auch etwas leiseren Schimpfkanonade kommentiert wurde.
    Chamberlain lachte. »Es riecht jedenfalls

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