Tom Thorne 04 - Blutzeichen
Schrottkisten. Ist nicht gut auf die Polizei zu sprechen, aber an sich ein anständiger Kerl.«
Ein Schwarzer, um die vierzig. Sehr groß und sehr gut angezogen. Ein kurzärmliges weißes Hemd und eine dunkle Krawatte. »Simons, oder Simmonds, oder was in der Richtung. Einer von diesen nervigen Gefängnisbesuchern. Wenn Sie mich fragen, sind die nur auf den Kitzel aus. Aber der hier ist nicht übel. Immer noch besser, als sich mit einem dieser Monster hier drin zu unterhalten.«
Und schließlich der letzte Besucher. Ein breitschultriger Mann, etwas kleiner als der Schnitt. Graue Schläfen. Saß so gut wie regungslos, den Blick fixiert auf Gordon Rookers gesenkten Kopf.
Lachend wandte sich Stone von Tom Thornes Konterfei ab und sah zu Holland. »Mann, der sieht ja echt übel aus.«
Dann weißes Rauschen.
Holland steckte sein Notizbuch weg. Stone lehnte sich in seinem Stuhl zurück und wandte sich an Rooker. »Fünf Besucher in sechs Monaten. Sieht ganz so aus, als hätte man Sie vergessen, mein Freund.«
Rooker stand auf. »Genau das hoffe ich …«
Er drehte sich um und ging durch die Tür. Der Gefängnisaufseher stand auf und folgte ihm ruhig. Dabei säuberte er sich die Fingernägel mit einer laminierten ID-Marke.
»Ziemlich ruhig geworden hier«, sagte Kitson.
Sie hatte Recht. Thorne war klar, dass sie damit nicht nur die Tatsache meinte, dass viele aus dem Team früher in die Mittagspause und hinüber ins Oak gegangen waren. »Ich glaube, dass es noch sehr viel ruhiger wird, was die Sache am Swiss Cottage angeht«, sagte er. »Es sei denn, bezüglich Billy Ryan wird endlich eine Entscheidung gefällt …«
Seit sie ihre Meinung über Gordon Rooker geändert hatten, war das gemeinsame Projekt mehr oder weniger in zwei Hälften gespalten. Verständlicherweise lag der Schwerpunkt darauf, den Mann zu ergreifen, der versucht hatte, das Mädchen am Swiss Cottage anzuzünden. Doch die Ermittlungen hatten in den alles entscheidenden vierundzwanzig Stunden nichts ergeben. Trotz der genauen Kenntnis des Zeitpunkts und des öffentlichen Tatorts war nicht eine hilfreiche Beschreibung hereingekommen. Das Gesicht des Mannes war unter der Kapuze seines Anoraks verborgen geblieben, und die Zeugenaussagen hinsichtlich der Größe und Figur des Täters waren sehr unterschiedlich ausgefallen. Die Schlechtwetterkleidung und die gebeugte Haltung hatten nichts anderes erwarten lassen.
Das Mädchen selbst besuchte bereits wieder die Schule, während die Mutter abkassierte, indem sie sich in jeder Talkshow, die sie haben wollte, über das glückliche Davonkommen ihrer Tochter und die schockierende Unfähigkeit der Polizei ausließ. Ihre Tochter war, soweit man das sagen konnte, nach absolutem Zufallsprinzip ausgewählt worden. Es war nicht so, dass die Spuren im Sande verliefen, es gab einfach keine Spuren.
Und dann war da noch Billy Ryan, ob er nun mit dem Vorfall am Swiss Cottage etwas zu tun hatte oder nicht. Während hinter Gefängnismauern gegen ihn intrigiert wurde, bestand noch immer Unsicherheit, wie sie draußen gegen ihn vorgehen sollten.
Nick Tughan wollte sachte vorgehen. Der Streit mit den Zarif-Brüdern war nach wie vor akut, und Tughan glaubte nicht, dass es etwas brächte, Ryan direkt wegen Rooker oder Jessica Clarke anzugehen. Thorne war größtenteils außen vor, als sich die Dinge Mitte vergangener Woche zuspitzten.
»Wir arbeiten mit Rooker zusammen«, hatte Tughan gesagt. »Wir sammeln die Beweise gegen Ryan, doch während das passiert, läuft da am Rande noch dieser Bandenkrieg.
Mein hauptsächliches Interesse besteht darin, weitere Morde zu verhindern.«
»Kommen Sie, Nick. Hier geht’s doch nicht drum, unschuldige Leben zu retten«, meinte Brigstocke.
Tughan reagierte verärgert. »War Hanya Izzigil nicht unschuldig? Und Marcus Moloney?«
Brigstocke sah auf seine Füße, dann seitwärts zu Thorne. Nicht gerade ein guter Anfang …
»Wir wissen nicht, was Ryan als Nächstes vorhat.« Tughan war ans Fenster getreten und sah auf die North Circular hinaus. »Er versuchte Rooker unschädlich zu machen und hat es verpatzt. Früher oder später muss er auf den Mord an Moloney reagieren. Die Sache liegt beinahe zwei Wochen zurück …« Er wandte sich um und hob die Hand, bevor Thorne Gelegenheit hatte, etwas zu sagen. »Selbst wenn er Moloney umbringen ließ, es sähe doch verdammt komisch aus, wenn er nicht zurückschlägt, oder?«
»Warum setzen wir ihn dann nicht wegen Moloney unter Druck?«,
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