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Tom Thorne 06 - Die Geliebte des Mörders

Titel: Tom Thorne 06 - Die Geliebte des Mörders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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am Seil, drehte rasch den Arm und rollte das Seil zwischen Ellbogen und Faust auf, während er mit der anderen noch immer das Küchenmesser hielt. Thorne und Maggie Mullen starrten wie gebannt – voller Hoffnung und Schrecken – zu der kleinen braunen Tür.
    Das Schweigen zwischen dem Poltern und dem Scharren der Füße auf der Treppe fühlte sich an, als legten sich Hände auf Thornes Ohren, als höre seine Haut nicht auf zu schrumpfen, drücke bereits auf die Knochen. Er stellte sich vor, wie seine Muskeln und die cremigen Fettschichten zusammengepresst wurden, das Blut rauschte und nach dem einfachsten Weg nach draußen suchte, kurz davor stand, durch das bereits gedehnte und gestreckte Fleisch zu platzen. Einen merkwürdigen, entrückten Moment lang glaubte er, es sich sammeln und durch die kleine Wunde in seiner Hand bersten zu sehen. Schnell drückte er die Handfläche gegen sein Bein.
    Das Seil war jetzt hoch über dem Boden und straff gespannt.
    Der Lärm auf der Treppe wurde lauter …
    Maggie Mullen verbarg ihr Gesicht in den Händen. Drückte sie flach und fest auf den Mund, als die Kellertür aufsprang und gegen die Wand knallte. Und ihr Sohn ins Zimmer taumelte.
    Sie kreischte, als sie sah, dass sein Gesicht verschwunden war.

Achtundzwanzigstes Kapitel
    »Ja, das tut mir leid«, sagte Lardner. »Aber er war ein bisschen aufgeregt, als ich ihm gesagt habe, dass du kommst. Er war einfach zu laut.« Er richtete das Messer auf Maggie Mullen, als sie einen Schritt auf ihren Sohn zu machen wollte. Dann drehte er die Klinge und deutete damit auf seine Bastelarbeit. »Es musste schnell gehen, aber ich hab darauf geachtet, dass er atmen kann, wie man sieht …«
    Das schwarze Klebeband war ungeschickt wieder und wieder um Luke Mullens Kopf gewickelt worden und das in solcher Eile, dass der Rest samt der Rolle noch herunterhing und merkwürdig gegen die Schulter des Jungen schlug, wenn er sich bewegte; gegen das Seil, das um seinen Hals geschlungen war und von Lardner straff gespannt wurde, der neben dem Sofa stand.
    Luke stand, schwankte jedoch.
    Er war über und über mit Ziegelstaub bedeckt, die Haare, der dunkelblaue Butler’s-Hall-Blazer – der an der Tasche zerrissen und vom Schmutz gespenstisch grau war. Eine Hand hing steif nach unten, während er mit der anderen an dem Seil um seinen Hals zerrte. Thorne sah, dass seine Handrücken fast schwarz von Dreck und Blut waren.
    Der Junge drängte instinktiv zu seiner Mutter. Er stöhnte, heulte, als das Seil ihn in den Hals schnitt, weil Lardner ihn zurückzog. Das Wort hinter dem Klebeband klang beinahe gesungen. Es war unmöglich zu verstehen, aber leicht zu erraten.
    Zwei Silben. Eindeutig.
    »Mummy …«
    Maggie Mullen versuchte, den Namen ihres Sohnes auszusprechen, doch er ging in ihrem Schluchzen unter. Ihre Lippen formulierten ihn, als sie zu Thorne trat, nach seinem Ellbogen fasste und sich an seiner Lederjacke festhielt.
    Thorne verharrte regungslos. Was immer sie getan oder zu verantworten hatte, es war ihm unmöglich, nichts für diese Frau zu empfinden. Er sah, was sie sah, er beobachtete, wie sich ihr Kummer tiefer in ihr Gesicht grub.
    Luke schwankte und schrie erneut.
    In dem Spalt inmitten der dicken Klebebandmaske sah seine Nase auf eine obszöne Art rosa und fleischig aus. Die krumme Klebebandlinie endete unter seinen Augen, die wild blinzelten und weit aufgerissen waren, nachdem er aus dem Dunkel des Kellers ins Wohnzimmer gekommen war.
    Lardner zerrte den Jungen näher heran, diesmal etwas brutaler.
    Wieder deutete er mit dem Messer, zunächst auf Lukes Gesicht, dann auf die Kellertür. »Wirklich dumm«, sagte er. »Das Licht da unten funktioniert einwandfrei, nur die Glühbirne muss ausgewechselt werden. Sie ist übrigens ausgebrannt, als meine Mutter noch gelebt hat, und sie hat mich gebeten, sie für sie auszuwechseln. Ich hab es ihr versprochen, aber Sie kennen das ja, irgendwie kommt man nie dazu. Also …«Er sah etwas in Thornes Gesicht. »Sie glauben jetzt wohl, Sie hätten es mit einer Art Norman Bates zu tun, und ich würde versuchen, alles so zu bewahren, wie es war.« Er lächelte. »Aber ich hab meine Mutter nicht da oben versteckt, müssen Sie wissen.« Er stieß mit dem Fuß gegen das Abdecktuch über der Couch. »Ich verspreche Ihnen, diese Dinger haben nur einen praktischen Grund …«
    »Ich hab meinen Vater vor einem Jahr verloren«, sagte Thorne. »Fast genau vor einem Jahr.«
    Erleichterung blitzte in Lardners Augen

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