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Tom Thorne 06 - Die Geliebte des Mörders

Titel: Tom Thorne 06 - Die Geliebte des Mörders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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entfernten, braun getäfelten Holztür hin und her.
    Lardner saß, an ein abgedecktes Sofa gelehnt, auf dem Boden. Das Sofa war rechter Hand gewesen, als Thorne das Wohnzimmer betrat. Lardner trug eine Jeans und ein rostfarbenes Hemd und hatte die Beine zur Brust angezogen. Seine Hände baumelten zwischen seinen Knien. In der einen hielt er locker ein Tranchiermesser, in der anderen das Ende eines Seils, das gerade und straff hinter einer Tür unter der Treppe verschwand.
    Keller. Das musste er sein.
    Thorne stellte die Frage, obwohl er die Antwort darauf bereits eine Sekunde, nachdem er von der Küche ins Zimmer gekommen war, gewusst hatte: »Wo ist der Junge?«
    Von unten war ein Geräusch zu hören. Das Seil veränderte seine Position gegen die weiß gestrichenen Dielenbretter.
    Luke Mullen war am Leben.
    Lardner wandte den Kopf zur Tür und rief: »Komm schon, mein Sohn. Ich hab dir gesagt, das Seil muss straff bleiben. Du bleibst, wo du bist, und kommst erst, wenn ich soweit bin.«
    Maggie Mullen beugte sich in ihrem Sessel vor. Sie hatte die Hände in ihren Pulli gekrallt, zog und zerrte daran. »Um Himmels willen, Peter …«
    »Psst, du musst still sein …«, sagte Lardner. »Wir haben darüber gesprochen.« Er wirkte müde, aber entspannt. Er sah zu Thorne und verdrehte die Augen, als müsse ein anderer Mann verstehen, wie sehr dieses ständige Genörgel nervte.
    Thorne nickte und versuchte zu lächeln.
    Lardner hob die Hand mit dem Messer und rieb sich damit über den Kopf. Die dunklen Haarbüschel standen wirr nach allen Seiten, außerdem hatte er sich seit ein, zwei Tagen nicht mehr rasiert. »Dumm«, sagte Lardner. »Das ist alles so furchtbar dumm.«
    Eine Diele ächzte unter Thornes Füßen, als er sein Gewicht verlagerte. Sofort spürte er Lardners durchdringenden Blick auf sich.
    Von wegen entspannt …
    »Sie sollten sich setzen.« Lardner deutete mit einem Kopfnicken auf die niedrige Holztruhe neben dem Kamin.
    Thorne wich zurück, bis er mit den Waden die Kante der Truhe berührte. Er setzte sich und sah sich um, wie ein künftiger Mieter dies täte. Das Zimmer hatte eine Stuckdecke, geschnörkelter Zuckerguss aus Gips. Eine kleine Landschaft in einem Lackrahmen, ein Holzbarometer, neben der Haustür ein Regal mit Hardcoverausgaben ohne Schutzumschlag. Im Kamin ein von einer dicken Staubschicht überzogenes Trockenblumenarrangement in einer Steinvase.
    »Warum sind wir hier?«, fragte Thorne.
    Lardner sah ihn leicht verwirrt an. »Ich kann mich nicht erinnern, jemanden eingeladen zu haben.«
    »Sie wissen, was ich meine. Warum das alles?«
    »Eine durchaus berechtigte Frage. Denn das alles ist sinnlos. Alles. Allerdings bin ich nicht die Person, an die Sie diese Frage richten müssen.« Er zog das Seil einen halben Meter ein und wand es um sein Handgelenk. »Ich möchte wirklich nicht kindisch klingen, aber ich hab nicht damit angefangen.«
    »Mein Gott, Peter.« Die Wut in Maggie Mullens Stimme war unverkennbar. »Du kannst doch nicht mir diesen Wahnsinn in die Schuhe schieben. Ich wollte nur eine Beziehung beenden. Ich hab nichts Falsches getan.«
    Er schien sie gar nicht gehört zu haben. »Sie hat einen Fehler gemacht. Und ab dem Augenblick geriet alles außer Kontrolle. Ich konnte nicht fassen, dass sie mir so wehtun würde, wie sie es getan hat. Ich hab mir eingeredet, dass sie nicht wusste, was sie tat …«
    »Doch«, sagte sie, »das wusste ich schon.«
    »Ein Elternteil zu verlieren ist nicht einfach, das ist uns allen klar. Jeder kann sich vorstellen, wie schwer das ist.« Er sah zu Thorne, wartete auf eine Antwort. »Ja?«
    Thorne nickte.
    Lardners Tonfall war wieder umgänglicher, als plauderten sie miteinander. »Also war das, was sie tat, als ich noch nicht über den Verlust meiner Mutter hinweggekommen war, ein … Fehler. Nennen wir es mal so. Und, ja, ich war verzweifelt. Es macht mir nichts aus, das Ihnen gegenüber zuzugeben. Das bedeutet meiner Meinung nach nicht, dass ich schwach oder kein richtiger Mann oder dergleichen bin. Ich wollte sie nicht verlieren. Ich will sie noch immer nicht verlieren, ich hab keinen Ausweg gesehen und mich mit aller Kraft an sie geklammert. Und da hat sie mit der Sarah-Hanley-Sache angefangen. Alles wieder hervorgezerrt und Blödsinn geredet, und ich kam zu dem Schluss, dass etwas geschehen musste.«
    »Ich wollte einfach nur raus«, rief Maggie Mullen. » Ich war verzweifelt.«
    Thorne sah zu dem Seil. Zu dem Messer. Er hatte das Gefühl, als

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