Tom Thorne 06 - Die Geliebte des Mörders
in der Kidnap Unit bekommt.«
Thorne ging mit dem Telefon ins Wohnzimmer. »Sie meinen, Sie wollten wissen, ob ich gleich am ersten Tag Mist baue.«
»Aber nein doch, ich weiß, dass Sie keinen Mist gebaut haben. Ich habe bereits mit dem DCI gesprochen.«
»Und?«
»Nur Lobeshymnen. Sie scheinen DI Porter ja sehr beeindruckt zu haben. Wie fanden Sie sie?«
Thorne ließ sich in den Sessel fallen, wo er nicht lange allein blieb. Seine wie immer völlig verwirrte Katze sprang ihm auf den Schoß und begann, ihre Krallen in ihn zu graben. Thorne hob Elvis hoch, bis sie aufgab, und setzte sie wieder auf den Boden. »Sie scheint ganz in Ordnung zu sein«, sagte er. »Auf alle Fälle weiß sie, was sie macht.« Er hatte keine Ahnung, warum er nicht sagen wollte, was er wirklich dachte. Vor allem, wenn sie anscheinend so nett über ihn gesprochen hatte. Tatsache war, Louise Porter hatte ihn tief beeindruckt. In jeder Hinsicht.
»Aufregend genug für Sie?«
»Ich hocke nicht hinter einem Schreibtisch«, sagte Thorne. »Aber ich sitze auch nicht hier und warte darauf, dass sich mein Puls wieder normalisiert.« Er hörte im Hintergrund eines von Brigstockes Kindern und wie am anderen Ende der Leitung sich eine Hand über die Sprechmuschel legte und Brigstockes gedämpfte Stimme dem Kind sagte, er komme in ein paar Minuten.
»Tut mir leid …«
»Ich bin mir nicht einmal sicher, ob wir es mit einer Entführung zu tun haben«, sagte Thorne. »Die Sache mit dieser Frau ist verdammt komisch. Und falls jemand den Jungen festhält, warum nimmt er dann nicht Kontakt auf? Das macht alles keinen Sinn.«
»Was hält Porter davon?«
»Sie findet das auch merkwürdig. Wir haben über Motive gesprochen, verstehen Sie? Warum jemand eine Geisel nimmt. Es gibt immer einen Grund. Seien es Drogen, Geld oder eine bestimmte politische Überzeugung. Die Geiselnehmer wollen immer etwas.«
»Sie glauben, der Junge ist einfach von zu Hause abgehauen?«
»Das weiß Gott. Allerdings fürchte ich, dass wir vielleicht eine Menge Zeit und Mühe verschwenden.«
Es läutete an der Tür, doch bevor Thorne auf den Beinen war, war Hendricks schon in der Wohnung und unterwegs. Thorne langte in seine Lederjacke, um seine Börse herauszuholen, doch Hendricks winkte ab.
»Ich liege also nicht falsch mit meiner Vermutung, dass Sie nicht allzu versessen darauf sind, aus dieser vorübergehenden Versetzung einen permanenten Transfer zu machen?«
»Das klingt jetzt vielleicht seltsam, und mir ist auch durchaus klar, dass es da diesen vermissten Jungen gibt – aus welchen Gründen auch immer er verschwunden ist. Aber es fällt mir einfach schwer … mich deshalb aufzuregen. Es hat was von Routine. Ergibt das für Sie einen Sinn?«
»Sie sind glücklicher, wenn Sie eine Leiche haben, oder?«, sagte Brigstocke. »Sie brauchen einen Mörder, den Sie jagen können.«
Thorne dachte darüber nach, was Holland vormittags im Auto zu ihm gesagt hatte. »Klingt ja, als ob Sie darauf warteten.« Ob die beiden recht hatten? Gab es vielleicht einen Teil von ihm, der sich nur als makaber bezeichnen ließ? »Ich finde einfach, wir sollten das tun, was wir können«, sagte er. Bereits als er es sagte, war ihm klar, wie trotzig und aggressiv er sich anhörte.
Brigstocke schniefte. »An dieser Stelle gäbe es einiges anzumerken über Leute, denen die Toten wichtiger sind als die Lebenden, aber ich weiß nicht, ob ich mir das antun soll.«
»Ich glaube, Sie täten uns beiden einen Gefallen, wenn Sie es bleiben ließen«, sagte Thorne.
Brigstocke erwiderte nichts darauf, summte nur, als denke er darüber nach.
Die Wohnungstür wurde zugeknallt, und Hendricks kam mit den Pizzakartons zurück in die Küche. Der Pizzageruch zog Thorne magisch an. »Ich muss jetzt aufhören. Ich wollte gerade essen.«
»Ich weiß. Ich hab die Türklingel gehört. Curry oder Pizza?«
Thorne lachte. »Sie können’s nicht lassen.«
Eine Minute später holte er zwei Dosen Bier aus dem Kühlschrank. Er war froh, dass das Telefongespräch mit Brigstocke in gutem Einvernehmen endete. Es hätte genauso gut anders laufen können. In letzter Zeit standen so viele Gespräche, die er führte, gefährlich auf der Kippe. Holland, Hendricks, um nur ein paar zu nennen, hatten mehr als einmal davon gesprochen, man müsse ihn »wie ein rohes Ei behandeln«. Wenn Thorne dann widersprach und ihnen die Meinung sagte, sie sollten nicht so empfindlich sein, sahen sie ihn nur an, als meinten sie genau
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