Tom Thorne 06 - Die Geliebte des Mörders
nicht, wann ich das letzte Mal meinem besten Freund die Hand gegeben habe?«
Sie lächelte, so leicht war sie nicht aus dem Konzept zu bringen. »So wie die Dinge liegen, würden wir Ihnen gerne jemanden zur Seite stellen, wenn Sie sich so sicherer fühlen. Einen Anwalt, wenn Sie möchten, oder Ihre Mum und Ihren Dad. Vielleicht diesen netten Schulkaplan, den Sie erwähnt haben. Wenn es Ihnen hilft. Wir könnten uns alle auf der Wache treffen, damit es seine Ordnung hat.«
»Ich muss aber zu nichts einwilligen, wenn ich nicht will, oder?«
»Aber nein. Wir unterhalten uns nur.«
»Na gut.« Er verlagerte sein Gewicht auf einen Fuß und machte Anstalten zu gehen. »Danke fürs Gespräch.«
»Aber wenn wir es so machen, sitzen wir alle nur herum und fangen an zu fragen. Uns selbst, mein ich. Wir fragen uns, warum Sie etwas gegen uns haben könnten. Warum Sie sich weigern, uns zu helfen. Was Sie vielleicht zu verbergen haben.«
Farrell begann grinsend den Kopf zu schütteln, als halte er sie für eine unbeholfene Amateurin. »Ich geh jetzt wieder zurück in die Schule«, sagte er. »Wir haben heute Nachmittag eine Doppelstunde Geschichte, und das ist mein Lieblingsfach.«
Kitson hätte ihn am liebsten grün und blau geschlagen.
»Los, ihr Wichser!«, rief Farrell hinüber zu seinen Freunden und ging. Kaum war etwas Platz zwischen ihnen und Stone, blähten die beiden anderen Jungs ihren Brustkorb auf und holten, in den Gleichschritt verfallend, Farrell schnell ein.
Stone ging hinüber zu Kitson. »Die fürchten sich wohl vor gar nichts?«, meinte er.
Sie sahen den Jungen nach, wie sie breitbeinig die Rampe hinuntermarschierten. Unten angekommen warf einer von Farrells Freunden seine leere Tüte in den Abfallkorb. Die anderen johlten, als er ihn verfehlte, und die drei liefen weiter.
»Das ist keine Kunst, wenn man in einer Gruppe ist«, sagte Kitson.
Bevor er um eine Ecke bog, drehte Farrell sich um, als habe er etwas vergessen. Nur kurz, dann war er verschwunden.
Er schlug sich mit der Hand im Rhythmus des Songs gegen den Oberschenkel.
Kidnapping hin oder her, was die Beobachtungsposten betraf, war die Security ziemlich entspannt. Thorne hatte schon an zahlreichen Überwachungsoperationen teilgenommen – normalerweise ging es dabei um Organisierte und Schwere Jungs –, wo ein steter Strom von Besuchern der Zieladresse endlose Tage in einem stinkenden Lieferwagen bedeutete, inklusive Pissen in Plastikflaschen und eine mehr oder weniger aus Keksen bestehende Diät. In diesem Fall war es dank der installierten Überwachungskameras nicht notwendig, einen Wagen in Sichtweite von Conrad Allens Wohnung zu positionieren. Die Teammitglieder hatten daher einen größeren Bewegungsspielraum, und die Bedingungen in den Fahrzeugen waren nicht ganz so spartanisch.
Porter hatte den Großteil des Vormittags, keine Minute von Allens Wohnung entfernt, in einer Einbahnstraße südlich der Bow Road, zwischen dem Friedhof von Tower Hamlets und der U-Bahn-Station, verbracht. Nach ihrem kurzen Treffen in der Fairfield Road hatte Thorne sich zu ihr nach hinten in den dreckigen Transit gesetzt, der auf den Seiten für einen Dachdeckerbetrieb aus der Gegend warb.
Das war kurz nach drei Uhr gewesen, also vor einer knappen Stunde.
An einer Seite des Lieferwagens war eine Tischplatte angebracht. Auf zwei kleinen Monitoren sah man die Schwarzweiß-Aufnahmen der Kameras am Vorder- und Hintereingang, während ein zerkratzter Metalllautsprecher die Kommunikation zwischen den einzelnen Fahrzeugen der Einheit übertrug, die in der Nachbarschaft positioniert waren. Der Boden war mit einem versifften Teppich ausgelegt, und in einer Ecke klemmte eine Plastiktüte, die überquoll mit Styroporbechern, Zeitungen, leeren Dosen und Kartons.
»Was halten wir davon?«
»Wir sind seit fünfundvierzig Minuten in der Wohnung der alten Dame.«
»Länger«, sagte Porter.
Porter und Thorne teilten sich den Raum mit zwei weiteren Beamten. In einem der zwei Faltstühle saß Kenny Parsons, in dem anderen ein fetter DS namens Heeney – ein grober, direkter Midlander, der schielte und nicht der Übereifrigste zu sein schien. Porter wirkte nicht erfreut darüber, sich mit den beiden herumschlagen zu müssen. Sie hielt sich das Funkgerät an den Mund. »Wie läuft’s, Bob?«
Eine kurze Pause.
»Ich bin mir sicher, er sagt Ihnen Bescheid«, meinte Thorne.
Porter bedeutete ihm mit einem Blick, dass er auch keine große Hilfe war.
Dann tönte es
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